Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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192 Dokumentation<br />
wegigen Gedanken". Weit wichtiger aber als Goerdelers enttäuschende Vorschläge<br />
mußte die Tatsache erscheinen, daß Goerdeler damals als Repräsentant bestimmter<br />
nicht unbedeutender Wirtschaftskreise angesehen werden durfte. Dem großen Erfolg<br />
Hitlers auf der einen Seite stand also ein immer noch nicht preisgegebenes<br />
Mißtrauen auf der anderen gegenüber. Kein Wunder, daß Hitler in seiner Denkschrift<br />
so heftig reagierte!<br />
IV.<br />
Die Entstehungsgeschichte des zweiten Vierjahresplanes ist noch nicht geschrieben.<br />
Der ehemalige General Thomas hat in seinen ungedruckten „Grundlagen <strong>für</strong><br />
eine Geschichte der deutschen Wehr- und Rüstungswirtschaft" darauf aufmerksam<br />
gemacht, daß zuerst im Juli 1935 die „Grundsätze über die Arbeitsteilung zwischen<br />
Wehrwirtschaftsorganisation und der Organisation des Generalbevollmächtigten<br />
<strong>für</strong> die Wirtschaft" aufgestellt wurden. Hitler hat, als er Speer während des Krieges<br />
eine Abschrift seiner Denkschrift überreichte, bemerkt, der „Unverstand des Reichswirtschaftsministeriums<br />
(lies: Schacht) und der Widerstand der deutschen Wirtschaft<br />
gegen alle großzügigen Pläne" hätten ihn zu diesem Expose veranlaßt 16 .<br />
Thomas schreibt, man habe „gerade in den großen Industriekonzernen die Feststellung<br />
machen" können, „daß bis 1933 eine Mitarbeit dieser Konzerne an den<br />
Aufrüstungsaufgaben sehr unwillig erfolgte, teilweise sogar noch abgelehnt wurde".<br />
So wurde denn, wie Thomas hervorhebt, „der Wirtschaft zunächst klargemacht,<br />
daß die Wehrwirtschaft keine Rückkehr zur Kriegswirtschaft oder ein Hinsteuern<br />
auf eine Planwirtschaft bedeutet, sondern, daß die Wehrwirtschaft eine Umstellung<br />
des wirtschaftlichen Denkens und Handelns auf den Gedanken der Landesverteidigung<br />
fordert. . ." 17 . Nach den Erfahrungen aber, die man bisher mit dem Nationalsozialismus<br />
gemacht hatte, durfte angenommen werden, daß Hitler entschlossen<br />
war, auch weiterzugehen, wenn es nötig erschien. Der instinktive Verdacht war<br />
daher weder unverständlich noch unberechtigt.<br />
Ob man „der Wirtschaft" jene Gedankengänge wirklich hat „klarmachen" können,<br />
ob sie angesichts der gerade in der ersten Zeit nach der „Machtergreifung"<br />
verbreiteten und propagierten Autarkie-Ideologie und der maß- und sinnlosen Angriffe<br />
auf die Unternehmer nicht vielmehr weiterhin erhebliche Vorbehalte auch<br />
gegen die nationalsozialistische Form der Wehrwirtschafts-Auffassung machte, sei<br />
dahingestellt. Da es aber 1933/35 genug Arbeiter, Maschinen und Rohstoffe gab,<br />
„Hefen (Thomas zufolge) die Beschaffungsprogramme der Wehrmachtsteile im Großen<br />
planmäßig an". Im Jahre 1955 aber setzten das Durcheinander und die ständige<br />
Steigerung der Aufträge ein und bereiteten manche Schwierigkeiten: „Die mili-<br />
16 Ritter hat vielleicht in Hitlers Ausführungen allzu geradlinig eine klare Wendung in<br />
erster Linie gegen Goerdeler sehen wollen. Mir scheinen sie sich doch stärker gegen Schacht<br />
zu richten, von dem Hitler stets sehr viel mehr gehalten und der ihn daher auch sehr viel<br />
tiefer enttäuscht hatte.<br />
17 Nürnberg Dok. PS 2353 (Teilabdruck: IMT XXX, S. 259 ff.).