Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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176 Ferdinand A. Hermens<br />
die Neofaschisten <strong>für</strong> die Republik ausgesprochen hatten. Es braucht nicht wiederholt<br />
zu werden, daß solcher Radikalismus bei Mehrheitswahl tödlich ist, während<br />
die reine Verhältniswahl ihn so erleichtert, daß sie ihn praktisch erzwingt. —<br />
Was die seit dem 7. Juni 1953 entstandene Lage als Ganzes angeht, so fehlt es<br />
nicht an sensationellen Schlußfolgerungen zugeneigten Beobachtern, die einen baldigen<br />
Sieg des italienischen Kommunismus erwarten. Es sei jedoch zunächst wiederholt,<br />
daß in Italien im allgemeinen einem Anwachsen der kommunistischen Stimmen<br />
eine Konzentration der anti-kommunistischen Wähler auf die Christlichen<br />
Demokraten folgt; jedenfalls ist das bisher der Fall gewesen. Auf der anderen<br />
Seite kann man sich nicht leicht vorstellen, daß es den italienischen Kommunisten<br />
gelingen würde, die Polizei und die Armee ihres Landes in ihren Dienst zu stellen,<br />
so stark die Durchdringung beider durch kommunistische Elemente auch sein mag.<br />
Ferner sind alle anderen sozialen Kräfte in Rechnung zu stellen, die sich einer<br />
kommunistischen Machtübernahme widersetzen würden, wie die katholische<br />
Kirche, die nichtkommunistischen Gewerkschaften, mittlere und große Unternehmer,<br />
der Großteil der Bauern usw. Eine Diktatur der Rechten wäre daher wahrscheinlicher<br />
als eine Diktatur der Linken.<br />
Das ist den Kommunisten nicht unbekannt, und es fragt sich, ob sie im Augenblick<br />
— die Verhältnisse können sich natürlich ändern — ernsthaft auf eine Machtübernahme<br />
hinarbeiten. Die Partei ist unter der Führung Togliattis immer wesentlich<br />
vorsichtiger gewesen als die kommunistischen Parteien anderer Länder,<br />
insbesondere Frankreichs. Sie hat ja auch dann bereits manches erreicht, wenn die<br />
Dinge so bleiben, wie sie heute sind. Die Unterwanderung der italienischen Armee<br />
gehe, so behauptet man, schon jetzt weit genug, um den Einsatz italienischer<br />
Truppen außerhalb des Landes unmöglich zu machen. Ob dies zutrifft, steht hier<br />
nicht zur Erörterung. Daß solche Vermutungen auftauchen, gehört indessen zu<br />
den Symptomen einer Problemlage, um deren Aufhellung es dem Verfasser ging.