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(Hrsg.) Geheime Trefforte des MfS in Erfurt - Stasi in Erfurt

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ORTE DES VERRATES 101<br />

Aufgrund <strong>des</strong> begrenzten Forschungsumfanges s<strong>in</strong>d noch ke<strong>in</strong>e Aussagen darüber<br />

möglich, wie viele IM nun tatsächlich <strong>in</strong> den KWs getroffen wurden. Ebenso konnte<br />

nicht eruiert werden, ob die <strong>Stasi</strong>-Offiziere tatsächlich nur ca. 25 % aller IM <strong>in</strong><br />

konspirativen Wohnungen trafen, wie e<strong>in</strong>e behörden<strong>in</strong>terne Kritik monierte. 236<br />

Vermutlich wurden die Treffen zwischen den hauptamtlichen und <strong>in</strong>offiziellen Mitarbeitern<br />

regional unterschiedlich gehandhabt und waren sowohl vom beruflichen<br />

Engagement der <strong>MfS</strong>-Offiziere abhängig als auch davon, wie wichtig sie die „Planerfüllung“<br />

nahmen. Auch werden besagte Treffen der Anonymität wegen <strong>in</strong> Großstädten<br />

generell leichter zuorganisieren gewesen se<strong>in</strong> als <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z, was jedoch<br />

ebenfalls e<strong>in</strong>er genaueren Verifizierung bedürfte.<br />

H<strong>in</strong>weise darauf, dass der soziale Status e<strong>in</strong>es Informanten bei se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>bestellung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e konspirative Wohnung berücksichtigt wurde, fanden sich nicht. Meist wurde<br />

im Vorfeld der Anmietung e<strong>in</strong>er geheimen Wohnung vermerkt, dass die Wohnung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em „sauberen“ und „ordentlichen“ Zustand oder „modern“ e<strong>in</strong>gerichtet sei<br />

und e<strong>in</strong>en guten Gesamte<strong>in</strong>druck h<strong>in</strong>terlasse. 237 Fast alle KW-Akten enthalten diese<br />

Stereotypen, die zunächst ke<strong>in</strong>erlei Aussagekraft zu haben sche<strong>in</strong>en. Und doch war<br />

das <strong>MfS</strong> gerade an der „Wohnzimmeratmosphäre“ <strong>in</strong>teressiert, um sich so zivil, so<br />

„normal“ wie möglich zu geben. Nicht zuletzt wurden <strong>des</strong>halb diese geheimen Orte<br />

weiterh<strong>in</strong> als „Wohnungen“ bezeichnet.<br />

Auffällig ist auch, dass <strong>MfS</strong>-Mitarbeiter ihre wichtigen Informanten nicht <strong>in</strong> „gewöhnlichen“<br />

konspirativen Räumen trafen. So gab es für Führungs-IM und HIM<br />

spezielle konspirative Wohnungen oder Büros, wie im Falle „Erich Reders“, „Peter<br />

Kühns“ oder „Conrads“. 238 Auch die Informanten der andersdenkenden Szene<br />

wie „Schubert“ und „Andre Wagner“ wurden <strong>in</strong> die unbewohnte KW „Werder“<br />

bestellt. Ärzte, Krankenschwestern, Schauspieler und e<strong>in</strong> Teil der Informant<strong>in</strong>nen<br />

dagegen wurden meist <strong>in</strong> bewohnte konspirative Räume bestellt, auch IM, die <strong>in</strong><br />

Führungspositionen der Mikroelektronik tätig waren. Es sche<strong>in</strong>t, als wollten die<br />

hauptamtlichen Mitarbeiter dieser Klientel so ihren „Rückhalt <strong>in</strong> der Bevölkerung“<br />

sowie ihre weit ausgreifende Macht demonstrieren.<br />

Die <strong>in</strong> den Richtl<strong>in</strong>ien festgelegten „objektiven“ Kriterien bei der Suche nach e<strong>in</strong>er<br />

KW waren <strong>in</strong> allen e<strong>in</strong>gesehenen Akten formal aufgeführt. Deshalb gleichen die<br />

236<br />

Müller-Enbergs, a.a.O., S. 136.<br />

237<br />

BStU, <strong>MfS</strong>, KD <strong>Erfurt</strong>, AIM 394/89, Blatt 9; KD <strong>Erfurt</strong> EF 510, Blatt 254; KD <strong>Erfurt</strong>, NA<br />

456, Blatt 309.<br />

238<br />

FIM „Erich Reder“ wurde <strong>in</strong> der KW „Hygiene“ getroffen, die gleichzeitig se<strong>in</strong> Arbeitsbüro<br />

darstellte (BStU, <strong>MfS</strong> <strong>Erfurt</strong> AIM 1448/88). HFIM „Peter Kühn“ wurde <strong>in</strong> der KW „Passage“<br />

getroffen (BStU, <strong>MfS</strong> <strong>Erfurt</strong> NA 508 sowie NA 502, Bd. 2). „Conrad“ organisierte<br />

für das <strong>MfS</strong> die KW „Bebel“ und deren Renovierung. Und auch er wurde fortan dort getroffen<br />

(BStU, <strong>MfS</strong>, BV <strong>Erfurt</strong>, Abt. XX, NA 313, Bd.1 und NA 17).

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