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(Hrsg.) Geheime Trefforte des MfS in Erfurt - Stasi in Erfurt

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ORTE DES VERRATES 71<br />

lichen Konstellationen „Theo Ste<strong>in</strong>berg“, „Jens Weigand“ und „Anger“ auf. Diese<br />

Informanten waren meist Angestellte der gastronomischen E<strong>in</strong>richtungen.<br />

Auffällig war die Jugendlichkeit der Informanten. So war „Jojo“ zum Zeitpunkt<br />

se<strong>in</strong>er Werbung gerade 17 Jahre, und „E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>“ und „Thomas Kistler“ knapp volljährig.<br />

Ebenfalls auffällig war, dass die Mehrheit dieser IM vorbestraft war. Die<br />

Staatsicherheit selbst betrachtete die Bereitschaft der Jugendlichen zur Zusammenarbeit<br />

mit ihrem Organ als e<strong>in</strong>e Art der Wiedergutmachung und signalisierte dieses<br />

Verständnis auch den Betroffenen, so dass das Abhängigkeitsverhältnis für die jungen<br />

Leute doch sehr spürbar war. 91<br />

Und noch e<strong>in</strong> letzter Punkt muss erwähnt werden: Fast alle Informanten, die über<br />

die Offene Arbeit der Evangelischen Kirche <strong>in</strong> <strong>Erfurt</strong> kle<strong>in</strong>ere, aber größere Spitzeldienste<br />

übernommen hatten, waren unmittelbar vor ihrer Anwerbung als Inoffizielle<br />

Mitarbeiter <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Weise straffällig geworden und damit erpressbar.<br />

Unter ihnen „Bernd“, der angeblich e<strong>in</strong>er „negativen Gruppierung“ angehörte und<br />

sich „bessern“ wollte. 92 „Theo Ste<strong>in</strong>berg“ war wegen illegalem Waffenbesitz zu<br />

acht Monaten auf Bewährung verurteilt und wollte „se<strong>in</strong>e Schuld“ praktisch „wiedergutmachen“,<br />

<strong>in</strong> dem er <strong>in</strong> Cafés und Bars „schnüffelte“. 93 „Schubert“ hatte, wie<br />

schon erwähnt, von e<strong>in</strong>em illegalen Antiquitätenverkauf nach Westberl<strong>in</strong> gewusst. 94<br />

„Mart<strong>in</strong>a“ wurde zur Zusammenarbeit aufgefordert, nachdem ihr damaliger<br />

Freund e<strong>in</strong>en Ausreiseantrag gestellt und die Prager Botschaft der Bun<strong>des</strong>republik<br />

kontaktiert hatte. Da die junge Frau dies wusste, drohte ihr angeblich e<strong>in</strong> Ermittlungsverfahren.<br />

Von der Drohung ließ sie sich so e<strong>in</strong>schüchtern, dass sie zu glauben<br />

schien, mit e<strong>in</strong>er Zusammenarbeit die Angelegenheit bere<strong>in</strong>igen zu können, zumal<br />

sie Schwierigkeiten durch ihrer Eltern und ihre Arbeitsstelle befürchtete. 95<br />

2.3 Informanten <strong>in</strong> Führungspositionen<br />

Natürlich bedurfte es nicht nur der Informanten, die unmittelbar von der Basis berichteten.<br />

Diese waren zwar wichtig. Doch ihre Vielzahl ist auch e<strong>in</strong> Beleg dafür,<br />

dass die <strong>Stasi</strong>-Offiziere ihnen überwiegend nicht recht traute, denn mit dem Bericht<br />

<strong>des</strong> E<strong>in</strong>en wurde oft der so genannte Wahrheitsgehalt <strong>des</strong> Berichts <strong>des</strong> Anderen abgeglichen.<br />

E<strong>in</strong>e solch geheime Kontrolle war unter den Informanten, die <strong>in</strong> Führungspositionen<br />

tätig waren, nur schwer möglich. Nicht auszuschließen ist, dass die<br />

Kontrolle hier <strong>in</strong>direkt über die SED-Funktionäre erfolgte.<br />

91 Vgl. Maaz, a.a.O. Kerz-Rühl<strong>in</strong>g/Plänkers, a.a.O.<br />

92 BStU, <strong>MfS</strong>, KD <strong>Erfurt</strong>, AIM 1009/87, Blatt 63.<br />

93 BStU, <strong>MfS</strong>, KD <strong>Erfurt</strong>, AIM 1371/89, Blatt 12.<br />

94 BStU, <strong>MfS</strong>, KD <strong>Erfurt</strong>, EF 620, Blatt 134.<br />

95 BStU, <strong>MfS</strong>, KD <strong>Erfurt</strong>, EF 363, Blatt 120.

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