(Hrsg.) Geheime Trefforte des MfS in Erfurt - Stasi in Erfurt
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ERINNERUNGSORTE 108<br />
Me<strong>in</strong> Beitrag soll e<strong>in</strong>en kurzen, kontextbasierten Überblick über den gegenwärtigen<br />
Stand <strong>des</strong> Kunstprojekts geben und e<strong>in</strong>ige Begründungen dafür liefern, warum<br />
e<strong>in</strong> solcher Überblick notwendig ist. Für die bildenden Künstler, die an diesem<br />
Projekt beteiligt s<strong>in</strong>d, liegt das Ziel vor allem dar<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e Perspektive auf e<strong>in</strong>e von<br />
der <strong>Stasi</strong> überwachte Stadt zu f<strong>in</strong>den und diese (neu) zu bestimmen. Nach aktuellen<br />
Schätzungen gibt es <strong>in</strong> <strong>Erfurt</strong> 199 Straßen, <strong>in</strong> denen von 1980 bis 1989 mehrere<br />
hundert geheime Treffpunkte aktiv waren. Schon vor 2004 war es e<strong>in</strong> ebenso ernüchternder<br />
wie fasz<strong>in</strong>ierender Gedanke, dass es möglich se<strong>in</strong> könnte, e<strong>in</strong>e Stadt<br />
anhand der Standorte ihrer konspirativen Wohnungen zu erkunden. Die Akten zu<br />
den konspirativen Wohnungen s<strong>in</strong>d zum „Forschungsgegenstand“ geworden und<br />
ihre visuelle Umsetzung eröffnet die Perspektive <strong>in</strong> die Gegenwart. Der Versuch zu<br />
begreifen, wie allgegenwärtig die geheimen <strong>Trefforte</strong> waren, wie sie aussahen, wozu<br />
sie dienten und <strong>in</strong>wieweit ihre unsichtbaren Spuren die Geschichte der Stadt bis<br />
heute prägen – diese Aufgabe <strong>in</strong>spiriert die bildenden Künstler, die an diesem Projekt<br />
mitarbeiten. E<strong>in</strong>e solche Form der Zusammenarbeit bietet nicht nur den Künstlern<br />
die Chance, unmittelbar mit Archivmaterial zu arbeiten, mit dem die breite Öffentlichkeit<br />
nicht konfrontiert ist, sondern birgt für die Künstler wie auch für die<br />
Wissenschaftler die Möglichkeit, Methoden und Wege der Veröffentlichung zu<br />
erproben, die ihnen sonst nicht zur Verfügung stehen.<br />
Kunst um der Kunst willen?<br />
Wissenschaft, Politik, gesellschaftliche Debatten, Er<strong>in</strong>nerung, Kunst, Archivierung:<br />
Das alles spielt e<strong>in</strong>e wichtige Rolle <strong>in</strong> den Werken zeitgenössischer Künstler.<br />
In Deutschland ist man durchaus vertraut mit der Problematik, dass Künstler mit<br />
Er<strong>in</strong>nerung und Geschichte arbeiten, obwohl das bearbeitete Thema hochbrisant ist<br />
und se<strong>in</strong>e historische Dimension weiterh<strong>in</strong> zur Diskussion steht. Seit den 1980er<br />
Jahren nutzen viele Künstler entschlossene Strategien der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit<br />
Gedenken und Gedächtnis, Positionierung und Bedeutung im Umgang mit der Er<strong>in</strong>nerung<br />
an den Nationalsozialismus und den Holocaust. Von besonderem Interesse<br />
s<strong>in</strong>d dabei die Gegen-Denkmäler – e<strong>in</strong> Begriff <strong>des</strong> Künstlerpaars Jochen Gerz<br />
und Esther Shalev-Gerz – aus den Mittachtzigern sowie die Werke von Hans Haacke<br />
und Horst Hoheisel, die hier stellvertretend genannt werden sollen. Das Konzept<br />
<strong>des</strong> Gegen-Denkmals übernimmt <strong>in</strong> den Werken von Jochen Gerz und Esther<br />
Shalev-Gerz die Rolle der Intervention. Ihre Kunst im öffentlichen Raum stellt sowohl<br />
<strong>in</strong> Deutschland als auch im Ausland e<strong>in</strong>e Herausforderung an das traditionelle<br />
Mahnmal dar, das Gerz zufolge die Er<strong>in</strong>nerung eher unterdrückt, als dass es sie