(Hrsg.) Geheime Trefforte des MfS in Erfurt - Stasi in Erfurt
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ORTE DES VERRATES 69<br />
und <strong>in</strong> die OPK „Konvergenz“ abgelegt. 83 Für die Observierung <strong>des</strong> OV „Kleeblatt“<br />
heiratete sie Kai Lüdecke, der dadurch diszipl<strong>in</strong>iert wurde. Da Kai Lüdecke<br />
sich 1984 <strong>in</strong> der IG „Umweltschutz/Umweltgestaltung“ engagiert hatte, fanden sich<br />
ihre Berichte auch <strong>in</strong> den Operativen Vorgängen „Gewässer“ und „Maske“. Ferner<br />
war sie Mitglied der „Frauen für den Frieden“, wie die OPK „Konvergenz“ zeigt,<br />
und anderer Basisgruppen, die sich ab 1987 trafen.<br />
Nachdem e<strong>in</strong> erster Werbungsversuch bei Angelika J. im Jahre 1982 scheiterte,<br />
versuchte es Hauptmann Ludwig im November 1985 noch e<strong>in</strong>mal. 84 Als die Fotograf<strong>in</strong><br />
hörte, dass sich angeblich sowohl die Volkspolizei als auch BRD-Bürger für<br />
sie <strong>in</strong>teressierten, erklärte sie sich bereit, bei der Klärung dieser Fragen, die sie zu<br />
verunsichern schienen, behilflich zu se<strong>in</strong>. Nur drei Tage später formulierte Herr<br />
Ludwig den Werbungsvorschlag und unterstrich die Bereitschaft Angelika J.s mit<br />
dem Verweis auf ihre „politische Überzeugung“. Sie wurde vor allem <strong>des</strong>halb geworben,<br />
weil sich ihr Atelier <strong>in</strong> direkter Nähe zum „Marktkaffee“ befand. Dieses<br />
galt für die Mitarbeiter der <strong>Stasi</strong> als „Konzentrationspunkt fe<strong>in</strong>dlich-negativer Personenkreise“.<br />
Mit „Jaquel<strong>in</strong>e“ hofften die <strong>Stasi</strong>-Offiziere auf zuverlässige Informationen<br />
über Andersdenkende und Ausreisewillige. Vor allem über Letztgenannte<br />
berichtete die Informant<strong>in</strong> sehr ausführlich.<br />
Diese fünf <strong>in</strong>offiziellen Mitarbeiter bewegten sich über e<strong>in</strong>en verhältnismäßig langen<br />
Zeitraum zwischen der <strong>Erfurt</strong>er Szene und dem <strong>MfS</strong>. Sie waren vermutlich <strong>in</strong><br />
allen oben aufgeführten andersdenkenden Kreisen bekannt und verkehrten dort <strong>in</strong><br />
der e<strong>in</strong>en oder anderen Weise. Trotz ihrer regelmäßigen Berichterstattung genügten<br />
den <strong>Stasi</strong>-Mitarbeitern ihre Informationen nicht. Deshalb sandten sie zahlreiche andere<br />
geheime Informanten <strong>in</strong> die Gruppen der Andersdenkenden.<br />
2.2 Das „Heer“ der Informanten<br />
E<strong>in</strong>e Vielzahl zusätzlicher Informanten wurde <strong>in</strong> die Arbeitskreise und Gesprächsgruppen<br />
der Offenen Arbeit mit ihren verschiedenen Kirchgeme<strong>in</strong>den geschickt.<br />
Und viele von denen, es sei vorweggenommen, bewegten sich nicht nur hier, sondern<br />
frequentierten h<strong>in</strong> und wieder auch andere Kreise der Szene. Innerhalb der<br />
Theater konnten „Hans-Hendrik Fischer“, „Kar<strong>in</strong>“ und „Bäcker“ zur Berichterstattung<br />
überzeugt werden. Über die privaten Frauenkreise, die sich <strong>in</strong> alternativen<br />
Lebensformen probierten, spitzelten <strong>in</strong> nicht unbeträchtlichem Maße „Mart<strong>in</strong>a“<br />
und „Barbara Thomas“. Die Bausoldaten, die bei der Offenen Arbeit e<strong>in</strong>en An-<br />
83 BStU, <strong>MfS</strong>, BV <strong>Erfurt</strong>, Abt. XX/4, AIM 1818/89 C, Teil I, Blatt 93.<br />
84 Schon im April 1982 hatten Mitarbeiter der KD <strong>Erfurt</strong> e<strong>in</strong> Anforderungsprofil für e<strong>in</strong>e IM-<br />
Kandidat<strong>in</strong> angefertigt, die über angeblich oppositionelle Kreise <strong>in</strong> <strong>Erfurt</strong> <strong>in</strong>formieren sollte.<br />
Vgl. BStU, <strong>MfS</strong>, KD <strong>Erfurt</strong>, EF 624, Blatt 28.