(Hrsg.) Geheime Trefforte des MfS in Erfurt - Stasi in Erfurt
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ORTE DES VERRATES 102<br />
Beschreibungen e<strong>in</strong>ander. Die Dehnbarkeit der Kriterien ließ die jeweilige Bewertung<br />
der konspirativen Räume durch die <strong>MfS</strong>-Offiziere meist positiv ausfallen, war<br />
die Auswahl von geeignetem Wohnraum doch allgeme<strong>in</strong> nicht groß. Nicht ausgeschlossen<br />
werden soll allerd<strong>in</strong>gs, dass Negativbewertungen von avisierten geheimen<br />
Räumen wohl auch stasi-<strong>in</strong>tern nicht archiviert wurden.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Frage war, ob konspirative Wohnungen angemietet wurden, um <strong>in</strong> den<br />
1980er Jahren speziell gegen die Andersdenkenden der Stadt <strong>Erfurt</strong> zu ermitteln.<br />
Dies traf vor allem auf so genannte Beobachtungsstützpunkte zu, von denen aus bestimmte<br />
Wohnungen observiert wurden, wie etwa die der beiden Leiter<strong>in</strong>nen der<br />
Frauengruppe oder das Johannes-Lang-Haus <strong>in</strong> der Allerheiligenstraße. 239 In der<br />
KW „Werder“ wurden die Informanten der Offenen Arbeit getroffen. Begründet<br />
wurde die Werbung jedoch mit dem Argument der geheimen Treffen und der Qualität<br />
der Treffdurchführungen und nicht mit dem Verweis auf die „Opposition“.<br />
Letztlich muss festgehalten werden, dass im Idealfall sowohl die Lage der Wohnung<br />
als auch die Bereitschaft der Mieter die Schaffung e<strong>in</strong>er konspirativen Wohnung<br />
begünstigten.<br />
Damit s<strong>in</strong>d auch Aussagen über das Verhältnis zwischen dem <strong>MfS</strong> und Wohnungs<strong>in</strong>habern<br />
möglich, die meist Parteimitglieder waren. Ihnen wurde die Notwendigkeit<br />
geheimer Wohnungen mit den „immer raff<strong>in</strong>ierter werdenden“ Methoden <strong>des</strong> Gegners<br />
erklärt, ohne dass Letzteres noch e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> den Gesprächsprotokollen aufgeführt<br />
wurde. Aussagen über das Verhältnis während der Nutzung fanden sich kaum,<br />
was auf e<strong>in</strong>en meist reibungslosen Ablauf der Treffen dort schließen lässt und auf<br />
e<strong>in</strong> unspektakuläres Verhältnis zu den Hauptmietern. Deren Wünsche, nicht zu viele<br />
Informanten <strong>in</strong> der Wohnung zu treffen, wurden meist respektiert. 240 Traten Probleme<br />
auf, wurden diese dokumentiert. Als die Tochter der Wohnungs<strong>in</strong>haber<strong>in</strong> der<br />
KW „City“ e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d erwartete, lehnte die Familie weitere geheime Treffen <strong>in</strong> ihrer<br />
Wohnung ab. E<strong>in</strong>e andere Wohnungs<strong>in</strong>haber<strong>in</strong> erwies sich als zu „schwatzhaft“,<br />
weshalb die Wohnung nur kurze Zeit genutzt wurde.<br />
Den gesamten Zeitraum der Wohnungsnutzung <strong>in</strong> <strong>Erfurt</strong> mit dem der Magdeburger<br />
konspirativen Wohnungen <strong>in</strong> den 1950er und 1960er Jahren zu vergleichen, ist nur<br />
begrenzt möglich. Denn im Falle <strong>Erfurt</strong>s standen KW im Mittelpunkt, die vornehmlich<br />
<strong>in</strong> den 1980er Jahren geworben wurden, um Zusammenhänge ihrer Anwerbung<br />
und der Etablierung der andersdenkenden Szene zu prüfen. Für ältere KW wie die<br />
KW „Zentrale“ und deren Vorgänger die KW „Wolfgang Lorenz“ trifft die lange<br />
Nutzungsdauer – also von acht bis zehn Jahren – durchaus zu, jedoch handelte es<br />
sich hierbei um e<strong>in</strong> unbewohntes Appartement <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Arbeiterhotel. Die anderen<br />
239 BStU, <strong>MfS</strong>, BV <strong>Erfurt</strong> AOP 1038/87, Bd.1, Blatt 27.<br />
240 BStU, <strong>MfS</strong>, BV <strong>Erfurt</strong>, Abt. XX, NA 456, Blatt 54.