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(Hrsg.) Geheime Trefforte des MfS in Erfurt - Stasi in Erfurt

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TOPOGRAPHIE KW ERFURT 36<br />

sönlichen Bekanntschaften – private wie dienstliche – e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle. Zur<br />

Begründung <strong>des</strong> „Bekanntwerdens <strong>des</strong> IMK“ musste jeweils e<strong>in</strong> Anwerbe-Bericht<br />

geschrieben werden. Häufig s<strong>in</strong>d dort solche Wendungen wie „der IMK ist mir persönlich<br />

seit vielen Jahren bekannt“ enthalten. Damit sollte deutlich gemacht werden,<br />

dass der werbende <strong>MfS</strong>-Offizier auch persönlich für den Fall der Enttarnung<br />

der KW oder für den Fall der sich später herausstellenden Ungeeignetheit zur Rechenschaft<br />

gezogen werden konnte.<br />

Bei den KW, die <strong>in</strong> Räumen von Betrieben und öffentlichen E<strong>in</strong>richtungen e<strong>in</strong>gerichtet<br />

wurden, war <strong>in</strong> der Regel der zuständige Betriebsdirektor, der häufig als<br />

GMS geführt wurde oder zu dem das <strong>MfS</strong> offizielle Kontakte pflegte, der direkte<br />

Ansprechpartner. Das zeigt den hohen Stellenwert, den das <strong>MfS</strong> den KW beimaß.<br />

7 Warum wurden die KW überhaupt <strong>in</strong> privaten Wohnungen e<strong>in</strong>gerichtet?<br />

Schätzungsweise die Hälfte aller während der 1980er Jahre <strong>in</strong> <strong>Erfurt</strong> genutzten KW<br />

waren <strong>in</strong> Privatwohnungen e<strong>in</strong>gerichtet. Das barg e<strong>in</strong> enormes Sicherheitsrisiko<br />

wegen e<strong>in</strong>er möglichen Enttarnung durch Hausmitbewohner, spontane Besuche<br />

durch Verwandte oder Freunde und erforderte umfangreiche organisatorische Planungen<br />

zur Nutzung. Häufig verließ der Wohnungs<strong>in</strong>haber die Wohnung nicht regelmäßig<br />

wegen <strong>des</strong> fortgeschrittenen Alters. Die Wohnung konnte <strong>des</strong>halb mitunter<br />

nur <strong>in</strong> bestimmten Zeiträumen genutzt werden. Aus diesen Gründen ist auf den<br />

ersten Blick überhaupt nicht zu verstehen, warum sich das <strong>MfS</strong> auf KW <strong>in</strong> Privatwohnungen<br />

e<strong>in</strong>gelassen hat. Aus me<strong>in</strong>er Sicht und nach der Sichtung zahlreicher<br />

KW-Akten stellt sich diese Frage als Schlüsselfrage heraus, der im Nachfolgenden<br />

– abweichend von dem sonst nüchternen Duktus e<strong>in</strong>er Bestandserfassung aller KW <strong>in</strong><br />

<strong>Erfurt</strong> – nachgegangen werden soll. Diese Frage wird <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em der <strong>MfS</strong>-Dokumente zur<br />

E<strong>in</strong>richtung von KW behandelt, und <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em der dokumentierten Berichte wird diese<br />

Frage auch nur ansatzweise aufgegriffen. Vielleicht setzt diese Frage e<strong>in</strong> Maß der Selbstreflexion<br />

<strong>des</strong> <strong>MfS</strong>-Apparates voraus, das zu ke<strong>in</strong>em Zeitpunkt gegeben war. 18<br />

Warum wurden die KW überhaupt <strong>in</strong> privaten Wohnungen e<strong>in</strong>gerichtet? Folgenden<br />

Gründe könnten <strong>in</strong> Betracht gezogen werden:<br />

Wohnraum, der vom <strong>MfS</strong> ausschließlich genutzt wird, entzieht der Bevölkerung<br />

weiterh<strong>in</strong> den ohneh<strong>in</strong> knappen Wohnraum. Demzufolge könnte, so ließe sich vermuten,<br />

die Nutzung von KW <strong>in</strong> Privatwohnungen als volkswirtschaftlich s<strong>in</strong>nvoll<br />

erachtet werden. Es gibt ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise darauf, dass das <strong>MfS</strong> sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Arbeit<br />

durch gesamt-volkswirtschaftliche Überlegungen leiten ließ. Diesen spekulativen<br />

Grund schätzen wir daher als sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>.<br />

18 Vgl. hierzu Holger Richter: Operative Psychologie.

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