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(Hrsg.) Geheime Trefforte des MfS in Erfurt - Stasi in Erfurt

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ERINNERUNGSORTE 110<br />

thoden der <strong>Stasi</strong> aus der Perspektive <strong>des</strong> Postkommunismus. Heute, im wiedervere<strong>in</strong>igten<br />

Deutschland, wo ganz offensichtlich e<strong>in</strong>e Neustrukturierung nationaler Identität<br />

im Gange ist, könnte e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>ebnen der Er<strong>in</strong>nerung den „Willen zur Er<strong>in</strong>nerung“<br />

sogar ganz verh<strong>in</strong>dern. 5<br />

Der Philosoph Peter Osborne, Leiter der Konferenz „Spheres of Action: Art and<br />

Politics“, die vor kurzem <strong>in</strong> der Tate Brita<strong>in</strong> stattfand, ist der Ansicht, dass der<br />

Niedergang politischer Kulturen <strong>in</strong> den 1970er und 1980er Jahren die politischen<br />

und gesellschaftlichen Debatten aus ihren gewohnten Lebensräumen vertrieben hat<br />

und sie nun <strong>in</strong> der „Kunstwelt“ Zuflucht suchen lässt. Das Modell der Nachkriegsdemokratie<br />

<strong>in</strong> den Schriften von Habermas, die Politik der Transparenz, der Terror<br />

als Macht, die die Normalität bedroht – all das hat die moderne und postmoderne<br />

Kunst erheblich bee<strong>in</strong>flusst und spielt daher e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle bei der Kontextualisierung<br />

von Kunst und Kultur. Heute ist die „Kunstwelt“ e<strong>in</strong> wichtiges Podium,<br />

auf dem <strong>in</strong>tellektuelle Debatten zu den politischen und gesellschaftlichen Fragen<br />

unserer Zeit geführt werden und die Kunst ist lebendige Vermittler<strong>in</strong> zwischen<br />

Geschichte und Er<strong>in</strong>nerung. 6<br />

Stadt als Dokumentation und Kunst<br />

E<strong>in</strong>e Stadt ist e<strong>in</strong>e hochkomplexe architektonische und soziale Struktur, e<strong>in</strong> Netzwerk<br />

und e<strong>in</strong> Sammelbecken: Sie offenbart ihre Geschichte <strong>in</strong> all ihren öffentlichen<br />

und privaten Räumen und verbirgt sie zugleich. Die konspirativen Wohnungen f<strong>in</strong>den<br />

sich <strong>in</strong> jedem Teil, jedem Viertel der Stadt <strong>Erfurt</strong>. Sie bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> den utopischen<br />

Wohnsiedlungen der Vororte, die im Norden <strong>in</strong> den Stadtteilen Moskauer<br />

Platz, Berl<strong>in</strong>er Platz, Roter Berg und Rieth, im Süden <strong>in</strong> Herrenberg, Wiesenhügel<br />

und Melchendorf zusammentreffen, aber auch <strong>in</strong> mittelalterlichen Gebäuden wie<br />

dem Stan<strong>des</strong>amt <strong>in</strong> der Altstadt, der Bibliothek und vielen weiteren Orten. Sie tauchen<br />

<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kaufszentren auf, <strong>in</strong> den bürgerlichen Villen aus dem 19. und dem 20.<br />

Jahrhundert und <strong>in</strong> den Siebzigerjahre-Wohnblocks am Juri-Gagar<strong>in</strong>-R<strong>in</strong>g. In jedem<br />

Viertel vorhanden und zugleich dar<strong>in</strong> verborgen, ersche<strong>in</strong>en die konspirativen<br />

Wohnungen <strong>in</strong> vielen Gestalten, als Überreste und Spuren, Bündel der Intensität<br />

<strong>in</strong>mitten <strong>des</strong> Stadtgefüges. Welche Formen der Beziehung können zwischen ihnen<br />

und der städtischen Umgebung ausgemacht werden, <strong>in</strong> der sie sich befanden?<br />

5<br />

James A. McAdams: Judg<strong>in</strong>g the Past <strong>in</strong> Unified Germany. Cambridge 2001, S. 1.<br />

6 Nach Peter Osbornes Eröffnungsvortrag zur Konferenz „Spheres of Action: Art and Politics“ am<br />

10. Dezember 2005 <strong>in</strong> der Tate Brita<strong>in</strong>. Peter Osborne leitet das Centre for Modern European Philosophy<br />

an der Middlesex University. Boris Groys ist Professor an der Staatlichen Hochschule für<br />

Gestaltung <strong>in</strong> Karlsruhe, Peter Sloterdijk ist Professor für Philosophie und Rektor der Staatlichen<br />

Hochschule für Gestaltung <strong>in</strong> Karlsruhe und Peter Weibel ist Vorstand <strong>des</strong> Zentrums für Kunst<br />

und Medientechnologie, ebenfalls <strong>in</strong> Karlsruhe.

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