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(Hrsg.) Geheime Trefforte des MfS in Erfurt - Stasi in Erfurt

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ORTE DES VERRATES 92<br />

auf die Beherrschten untere<strong>in</strong>ander. 201 Im Falle <strong>des</strong> Vertrauensverhältnisses zwischen<br />

<strong>Stasi</strong>-Offizier und Informant s<strong>in</strong>d solche Unterscheidungen nur sehr mühsam<br />

konsequent durchzuhalten, denn der <strong>Stasi</strong>-Offizier vertrat zwar die Interessen der<br />

Parteiherrschaft, gab sich aber <strong>in</strong> den Gesprächen mit den Informanten oftmals als<br />

„Se<strong>in</strong>esgleichen“ aus, um die vertrauensvolle Basis zu den IM aufzubauen.<br />

Und so, wie bereits auf die unterschiedlichen Motivlagen verwiesen wurde, die jemanden<br />

zur Zusammenarbeit mit dem <strong>MfS</strong> veranlassen konnten, so vielfältig gestalteten<br />

sich auch die Vertrauensverhältnisse zwischen <strong>MfS</strong> und IM: Für die Informanten,<br />

die unmittelbar über die Andersdenkenden berichteten, gilt, wie gezeigt<br />

wurde, fast une<strong>in</strong>geschränkt, dass sich ihre Zusammenarbeit mit dem <strong>MfS</strong> aus dem<br />

Umstand ergab, dass, wenn sie nicht schon straffällig waren, ihnen e<strong>in</strong>e Vorstrafe<br />

drohte, die mit e<strong>in</strong>er Zusammenarbeit angeblich abgewendet wurde. Auf das damit<br />

entstehende Abhängigkeitsverhältnis und die Erpressbarkeit wurde schon verwiesen.<br />

So drohte Hauptmann Ludwig, „Mart<strong>in</strong>as“ Eltern und ihre Arbeitsstelle über<br />

die Prager Reise zu unterrichten. 202 „Mart<strong>in</strong>a“ fürchtete Nachteile und bat davon<br />

Abstand zu nehmen. Herr Ludwig gab sich kompromissbereit. Um ihre Zuverlässigkeit<br />

und Schweigsamkeit zu testen, schickte er ihr „Schubert“, der von der geplanten<br />

Ausreise von „Mart<strong>in</strong>as“ Freund wusste. „Mart<strong>in</strong>a“ erzählte „Schubert“,<br />

mit dem sie e<strong>in</strong>e Affäre hatte, nichts von ihrer Bekanntschaft mit Herrn Ludwig.<br />

Dieser vermochte, <strong>in</strong>direkt von „Schubert“ unterstützt, <strong>in</strong> der Folgezeit, ihre Zweifel<br />

auszuräumen und die 24 Jährige unterzeichnete ab dem 12. Juli 1984 ihre Berichte<br />

mit „Mart<strong>in</strong>a“. 203 Bereits kurze Zeit später erfolgte ihre Registrierung als<br />

IMB, weil sie als Mitglied <strong>des</strong> Hauskreises Plicht (OV „Milieu“) unmittelbaren<br />

Kontakt zu e<strong>in</strong>er fe<strong>in</strong>dlich-negativen Gruppierung hatte. 204 In den Jahren zwischen<br />

1984 und 1988 trafen sich Herr Ludwig und „Mart<strong>in</strong>a“ sehr regelmäßig, meist 14tägig.<br />

Die Treffen dauerten zwischen 90 M<strong>in</strong>uten und zweie<strong>in</strong>halb Stunden. Ganz<br />

konnten ihre Skrupel h<strong>in</strong>sichtlich der geheimen Zusammenarbeit mit dem <strong>MfS</strong> nicht<br />

ausgeräumt werden. Im März 1985 erkrankte „Mart<strong>in</strong>a“ und führte dies auf die<br />

seelische Belastung ihrer <strong>MfS</strong>-Tätigkeit zurück. Trotzdem überzeugte sie <strong>MfS</strong>-<br />

Offizier Ludwig <strong>in</strong> den folgenden Jahren immer wieder von der Notwendigkeit ihrer<br />

Berichte, denn erst mit der bevorstehenden Geburt ihres K<strong>in</strong><strong>des</strong> 1989 begrenzte sie<br />

auf eigenen Wunsch die Zusammenarbeit mit dem <strong>MfS</strong>. 205<br />

Zusätzlich wurde das Verhältnis zwischen <strong>MfS</strong> und den Informanten durch f<strong>in</strong>anzielle<br />

und materielle Stimulantia bee<strong>in</strong>flusst. So erhielt „Schubert“, wie schon er-<br />

201 Ebd., S. 337.<br />

202 Siehe oben.<br />

203 BStU, <strong>MfS</strong>, KD <strong>Erfurt</strong>, EF 636, Blatt 150.<br />

204 BStU, <strong>MfS</strong>, KD <strong>Erfurt</strong>, EF 636, Blatt 167. Vgl. auch Michelmann, a.a.O., S. 35.<br />

205 BStU, <strong>MfS</strong>, KD <strong>Erfurt</strong>, EF 636, Band II.

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