(Hrsg.) Geheime Trefforte des MfS in Erfurt - Stasi in Erfurt
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ORTE DES VERRATES 52<br />
Jeannette van Laak<br />
ORTE DES VERRATS<br />
Zur Nutzung konspirativer Wohnungen bei der Überwachung<br />
Andersdenkender durch das <strong>MfS</strong> <strong>Erfurt</strong> <strong>in</strong> den 1980er Jahren<br />
E<strong>in</strong>leitung<br />
Annäherungen<br />
Als ich Mitte der 1990er Jahre unter anderem auch die Protagonisten me<strong>in</strong>es Examensthemas<br />
traf, wies mich Joachim He<strong>in</strong>rich, der ehemalige Leiter der Interessengeme<strong>in</strong>schaft<br />
„Umweltschutz/Umweltgestaltung“ 1 , im Treppenhaus auf e<strong>in</strong>e Tür<br />
h<strong>in</strong> mit der Bemerkung, dies sei mal e<strong>in</strong>e konspirative Wohnung gewesen. Ich stutzte,<br />
denn es wirkte frappierend, dass sich ausgerechnet <strong>in</strong> der unmittelbaren Nähe<br />
se<strong>in</strong>es neuen Büros e<strong>in</strong>e Wohnung befand, die während der DDR-Zeit als geheimer<br />
Treffpunkt von <strong>MfS</strong>-Offizieren und Inoffiziellen Mitarbeitern genutzt worden war.<br />
Joachim He<strong>in</strong>rich begann <strong>in</strong> den folgenden Jahren, alle bislang bekannten geheimen<br />
<strong>MfS</strong>-Wohnungen, <strong>in</strong> denen die <strong>Stasi</strong>-Offiziere <strong>in</strong> den 1980er Jahren ihre IMs getroffen<br />
hatten, zu erfassen, wobei er herausfand, dass die mir gezeigte Wohnung<br />
nicht dazu gehört hatte.<br />
Konspirative Wohnungen wurden vom M<strong>in</strong>isterium für Staatssicherheit benötigt.<br />
Alle waren geheim und fast alles an ihnen – geheim gegenüber der Öffentlichkeit,<br />
als auch geheim gegenüber der Bevölkerung: Diese sollte nicht wissen, warum sich<br />
Offiziere <strong>des</strong> <strong>MfS</strong> dort mit ihren Informanten 2 trafen, zum Beispiel um Informatio-<br />
1<br />
Jeannette Michelmann: Verdacht Untergrundtätigkeit (Kurztitel; ausführliche Literaturangaben<br />
im Literaturverzeichnis, S. 119ff).<br />
2 An dieser Stelle sei erwähnt, dass im Folgenden eher mit dem Begriff der „Informanten“<br />
gearbeitet wird, als mit dem <strong>des</strong> „Inoffiziellen Mitarbeiters“. Bis 1968 wurden die Bürger,<br />
die sich – aus welchen Gründen auch immer – zu e<strong>in</strong>er Zusammenarbeit mit dem <strong>MfS</strong> verpflichteten,<br />
als „<strong>Geheime</strong> Informatoren“ registriert und behörden<strong>in</strong>tern so betrachtet. Damit<br />
war auch für die <strong>Stasi</strong>-Offiziere das e<strong>in</strong>deutige Unterstellungsverhältnis ausgedrückt. Der<br />
Term<strong>in</strong>us technicus <strong>des</strong> IM wurde erst mit der Richtl<strong>in</strong>ie 1/68 e<strong>in</strong>geführt, der denjenigen,<br />
die der <strong>Stasi</strong> Informationen aus ihrer Nachbarschaft, aus ihren Freun<strong>des</strong>kreisen oder den Betrieben<br />
lieferten, e<strong>in</strong> Gleichberechtigtse<strong>in</strong> zwischen hauptamtlichen und <strong>in</strong>offiziellen Mitarbeitern<br />
suggerieren sollte, das so natürlich von Seiten der Staatssicherheit gar nicht gegeben<br />
war. Zumal die <strong>Stasi</strong>-Offiziere ja <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Informationen wollten, die sie auf offiziellem<br />
Wege nicht erhalten hätten (vgl. Ingrid Kerz-Rühl<strong>in</strong>g/Thomas Plänkers: Verräter oder<br />
Verführte, S. 20). Außerdem führten diejenigen, die der Staatssicherheit zuarbeiteten, ja<br />
ke<strong>in</strong> Doppelleben, wie man es Spitzeln geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> unterstellt, vgl. Hans-Joachim Maaz: Das<br />
verhängnisvolle Zusammenspiel, S. 250.