Gibt es eine Ostseeidentität?Die Identität einer Region beschreibt die Wesensgleichheit zwischen Mensch und Raum. DieExpertenmeinungen über die Identität des Ostseeraums, bzw. über das vorhandene Potenzialzur Identifikation des und mit dem Ostseeraum, tendieren zu gleichen Annahmen – wennman unter Ostseeidentität eine innere Wesensgleichheit des Raums verstehe, so sei diesenicht existent.Für Armin von Ungern-Sternberg, Mitglied der Baltischen Historischen Kommission, ist derOstseeraum weit von einer Ostseeidentität entfernt. Er spricht eher von einer „Renationalisierung“des Ostseeraums und begründet diese Tendenz mit dem Selbstfindungsprozess, indem sich die ehemaligen Ostblockstaaten seit dem Fall des Eisernen Vorhangs befinden.Auch mit dem Beitritt Polens und der baltischen Staaten in die EU, so Ungern-Sternberg, seidieser Prozess noch nicht abgeschlossen, sodass es schwierig zu bewerten wäre, sichgleichzeitig mit der Großregion zu identifizieren, wenn die nationale Identität noch nicht ausgereiftist. „Im Augenblick, würde ich sagen, ist die Identität der Ostsee ein Konstrukt, waseine große historische Berechtigung hat, es gibt in diesem Raum sehr enge Beziehungen,aber es gibt noch kein gemeinsames Zusammengehörigkeitsgefühl (PALLOKAT 2004).“ Dasantwortete Ungern-Sternberg in einem Interview auf die Frage, ob es aus seiner Sicht eineOstseeidentität gäbe. Er begründet seine Verneinung durch die ihm bekannte Ostseeliteratur,in der kein typisches Ostseebild und kein Gemeinschaftsgefühl erkennbar seien. Das oftals „Tor zur Welt“ betitelte Meer dient für ihn nicht als verbindendes Element, da ein „Tor“ imeigentlichen Sinne doch nur etwas sei, das man passiere und sich nicht mit ihm identifiziere(PALLOKAT 2004).Für Kari Nooroviita, dem Vorsitzenden des Hafens Helsinki, sind die guten Beziehungen unddie Ähnlichkeiten zwischen Finnland und Estland unbestreitbar. Die beiden Hauptstädte liegennur 80 km voneinander entfernt, aber sie sind sich nicht nur geographisch, sondern auchwirtschaftlich sehr nah. Ihre Sprachen sind verwandt und verbindend wirkt zusätzlich diegeographische Lage zu Russland, die, laut Nooroviita, von beiden Anrainern als schwierigeingeschätzt wird. In einer Bevölkerungsumfrage des Forschungsinstituts EVA war dieMehrheit der Finnen und Esten den Besuchern aus dem jeweils anderen Land positiv gegenübereingestellt. Insbesondere die Esten sehen die Finnen als gute Geschäftspartner.Die Hauptstädte der Nationen pflegen gute Beziehungen u.a. in den Sektoren Tourismus,Bildung und in der Wissenschaft. Nooroviita bewertet diese gute Beziehung zwischen Finnlandund Estland allerdings auch schon am innigsten, verglichen mit den anderen Anrainern,die geographisch eher durch die Ostsee getrennt werden, als dass diese einen verbindendenCharakter ausstrahle (PALLOKAT 2004).Eva Ramanovska von der polnischen Initiative Borussia schätzt insbesondere RusslandsPosition im Ostseeraum als schwierig ein, wenn man eine gemeinsame Ostseeidentität suche.Es gäbe dort kaum nicht-staatliche vertrauenswürdige Kooperationspartner, und völligandere Ansichten, wenn es um den Umweltschutz geht. So gäbe es in Kaliningrad beispielsweisekeine einzige Organisation, die sich der Umweltproblematik annimmt(PALLOKAT 2004).78
Die Geschichte der Ostseekultur ist bislang noch nicht geschrieben, es gibt eine solche Kulturauch nicht, genauso wenig wie es eine homogene Ostseeidentität gibt. (…) Identität einesKulturraumes wie der Ostsee kann nur bedeuten, die unterschiedlichen regionalen Eigenheitenzu akzeptieren, einen Dialog unter ihnen zu erlauben, Einflüsse von außen festzuhalten(HENNINGSEN 2002, S. 29).Bernd Henningsen, Direktor des Nordeuropa-Instituts an der Humboldt-Universität zu Berlin,negiert ebenfalls die Annahme, dass man überhaupt von einer Wesensgleichheit oder voneiner gemeinsamen Ostseeidentität sprechen könne und sieht auch in Zukunft keinen einheitlichenOstseeraum, sondern eine Identität, die sich aus der Akzeptanz des heterogenenRaums entwickelt. Besonders in den 1990er Jahren entstanden, wie bereits erläutert, vieleKooperationen, die sich zu einem immer dichteren Netzwerk über den Raum verwoben. DieseEntwicklung hat die gemeinsame politische und außerpolitische Zusammenarbeit in derGroßregion auch schnell unübersichtlich erscheinen lassen (BRAND & SCHRÖTER 2001, S.7). Genau diese Vielfalt sieht Bernd Henningsen allerdings auch als Charakteristikum derOstseeregion, ja sogar als Alleinstellungsmerkmal. Für ihn sind es genau diese zahlreichenBemühungen zu kooperieren, gemeinsam die Bildung und Forschung voranzubringen, dieInfrastruktur im Raum auszubauen und Sicherheits- und Umweltfragen gemeinsam zu beantworten,die beweisen, dass die Ostseeidentität in der Heterogenität des Raums zu findensei, und man sie eigentlich nur noch gemeinsam herauskristallisieren und kommunizierenmüsse. Diese Identität wäre allerdings durch den Kalten Krieg verschleiert worden und müssesich nach und nach erst wieder entwickeln (HENNINGSEN 2002, S. 19). Damit setzt erauf die Vielfalt des Ostseeraums und sieht die Identität der Region nicht in deren einheitlichenRaummerkmalen. Eine gemeinsame Identität entsteht „nicht von oben (...), sondern alsSumme der Ergebnisse einer Vielzahl von kleinen und kleinsten Kontakten und Netzwerken“(STEINFELD 1996, S. 27). Die Suche nach der Ostseeidentität ist seit Beginn der Ostseekooperationein Fokus der Zusammenarbeit. Im Mittelpunkt stand bisher allerdings, so Leena-Kaarina Williams, nicht der kohärente Raum, sondern der „Facettenreichtum“ der Region,nicht nur bezogen auf die mannigfaltigen Netzwerke (WILLIAMS 2007, S. 118).Die Vielfalt der potenziellen „region-builder“ im Ostseeraum führt allerdings auch zu einemProblem der konkreten Abgrenzung der Region, denn die Grenzen werden je nach Forschungsinteressegezogen. „Niemand könne bei dieser Vielzahl an Netzwerken und Organisationendie Demarkation der Ostseeregion bestimmen“ (ebenda). Dadurch kann die Zugehörigkeiteiniger Länder oder Teilgebiete zur Region von außen, aber auch von innen, nurerschwert wahrgenommen werden, da sich die Unsicherheiten dieser Gebiete über ihre Beziehungzur Ostseeregion in einer schwächeren Identifikation der regionalen Akteure mitdem Ostseeraum äußern.Diese ausgewählten Expertenmeinungen sollen verdeutlichen, dass man in der Literatur bishernoch nicht von einer homogenen Ostseeidentität gesprochen hat, sondern, dass dasidentitätsstiftende Potenzial in der Vielfältigkeit des Großraums verankert ist.Das Meer sei kein Identitätsstifter, da es die Anrainer einander nicht näher bringe, RusslandsKooperationsbereitschaft sei fragwürdig und Gemeinsamkeiten rar gesät. Die Experten sprechenvon einem heterogenen Raum, in dem, politisch betrachtet, die Transformationsstaaten79
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