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Infodienst Krankenhäuser - ver.di: Gesundheits- und Sozialwesen

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Flexi-Tarif ist Praxis<br />

WSI-Untersuchung zeigt<br />

beachtliche Vielfalt im<br />

Tarifgeschäft<br />

Die Regierungserklärung des<br />

B<strong>und</strong>eskanzlers bildete <strong>di</strong>e Spitze<br />

der seit Wochen andauernden Kritik<br />

am Flächentarif<strong>ver</strong>trag. Zwar<br />

wolle er <strong>di</strong>esen nicht abschaffen,<br />

sagte Gerhard Schröder. Doch leider<br />

seien <strong>di</strong>e Tarif<strong>ver</strong>träge häufig<br />

»nicht flexibel genug«. Er erwarte<br />

deshalb, dass sich <strong>di</strong>e Tarifparteien<br />

auf betriebliche Bündnisse einigten,<br />

wie das in vielen Branchen<br />

bereits der Fall sei. Geschehe <strong>di</strong>es<br />

nicht, werde der Gesetzgeber handeln.<br />

In einem hat der Kanzler Recht:<br />

Betriebliche »Bündnisse für Arbeit«<br />

sind wahrlich nichts Neues.<br />

Drei Tage vor der Kanzlerrede<br />

hatte der Deutsche Gewerkschaftsb<strong>und</strong><br />

(DGB) Vorwürfe der<br />

Opposition <strong>und</strong> der Wirtschaft<br />

zurückgewiesen, <strong>di</strong>e derzeitigen<br />

Flächentarif<strong>ver</strong>träge seien zu starr<br />

– <strong>und</strong> <strong>ver</strong>wies auf einen seit<br />

15 Jahren andauernden Trend zur<br />

Verbetrieblichung der Tarifpolitik.<br />

Als »Gespenster<strong>di</strong>skussion«<br />

hatte DGB-Vorstand Heinz Putzhammer<br />

<strong>di</strong>e Mär vom »unflexiblen<br />

Tarif<strong>ver</strong>trag« bezeichnet. Der sei<br />

viel flexibler als sein Ruf: Es gebe<br />

eine Vielzahl von Flächentarif<strong>ver</strong>trägen,<br />

<strong>di</strong>e »Bündnisse für Arbeit«<br />

auf betrieblicher Ebene erlaubten.<br />

Damit seien Belegschaften <strong>und</strong><br />

Unternehmen in der Lage, auf<br />

wirtschaftliche Schwierigkeiten zu<br />

reagieren. Wer trotzdem das Tarif<strong>ver</strong>tragsgesetz<br />

oder das Betriebs<strong>ver</strong>fassungsgesetz<br />

ändern wolle,<br />

der habe »entweder keine Ahnung,<br />

oder es geht ihm um <strong>di</strong>e<br />

faktische Abschaffung der Tarifautonomie«,<br />

sagte Putzhammer.<br />

Einer Untersuchung des Wirtschafts-<br />

<strong>und</strong> Sozialwissenschaftlichen<br />

Instituts (WSI) der Hans-<br />

Böckler-Stiftung zufolge nutzen<br />

bereits heute 35 Prozent der Betriebe<br />

<strong>und</strong> 22 Prozent der öffentlichen<br />

Dienststellen tarifliche Öffnungsklauseln.<br />

Diese beziehen<br />

sich auf <strong>di</strong>e Bereiche Arbeitszeit,<br />

Lohn, Gehalt <strong>und</strong> auf weitere Vergütungen<br />

wie etwa Urlaubszeit. In<br />

knapp 30 Prozent der Betriebe<br />

<strong>und</strong> knapp einem Viertel der<br />

Dienststellen gibt es zudem Vereinbarungen<br />

zur Arbeitsplatz- <strong>und</strong><br />

Standortsicherung. »Was als Ausnahmefall<br />

begonnen hat, ist zum<br />

Standar<strong>di</strong>nstrument betrieblicher<br />

Regulierung geworden«, sagt WSI-<br />

Tarifexperte Reinhard Bispinck. Die<br />

zunehmende »Verbetrieblichung<br />

der Tarifpolitik« werde von den<br />

befragten Betriebs- <strong>und</strong> Personalräten<br />

»eher skeptisch« beurteilt.<br />

80 Prozent der befragten Betriebsräte<br />

<strong>und</strong> 68 Prozent der Personal-<br />

Von je 100 Betrieben* nutzen …<br />

<strong>ver</strong>setzte Arbeitszeiten<br />

Samstagsarbeit<br />

Überst<strong>und</strong>en<br />

Arbeitszeitkonten<br />

Schichtarbeit<br />

Sonntagsarbeit<br />

Kombination Vollzeit/Teilzeit<br />

Gleitzeit<br />

Bereitschafts<strong>di</strong>enste<br />

freie Tage**<br />

räte beurteilten den Trend zur<br />

Dezentralisierung <strong>und</strong> Verbetrieblichung<br />

der Tarifpolitik von »zwiespältig«<br />

bis »generell problematisch«.<br />

Unterstützt werden <strong>di</strong>e Gewerkschaften<br />

in ihrem Kampf um den<br />

Erhalt der Tarifautonomie sogar<br />

aus un<strong>ver</strong>muteter Ecke: »Das so<br />

genannte Tarifkartell exisitiert nur<br />

in der Phantasie der Modernisierungspropheten«,<br />

hatte Arbeitgeberführer<br />

Dieter H<strong>und</strong>t noch im<br />

April 2000 in der Konrad-Adenauer-Stiftung<br />

<strong>ver</strong>kündet. H<strong>und</strong>t:<br />

»Die Forderung nach Abschaffung<br />

des Tarifvorbehalts hätte nicht <strong>di</strong>e<br />

Modernisierung der Arbeitsbe<strong>di</strong>ngungen<br />

zur Folge, sondern le<strong>di</strong>glich<br />

den ›Häuserkampf‹ in den Betrieben.«<br />

■<br />

<strong>ver</strong>.<strong>di</strong>-news 06/2003, 29. März<br />

www.<strong>ver</strong><strong>di</strong>-news.de<br />

<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> <strong>Krankenhäuser</strong> Nr. 20 ■ April 2003 29<br />

50<br />

45<br />

34<br />

26<br />

22<br />

18<br />

16<br />

14<br />

* nur Betriebe, <strong>di</strong>e bestimmte Arbeitszeitformen<br />

zur Entkoppelung von Arbeits<strong>und</strong><br />

Betriebszeiten nutzen<br />

7<br />

5<br />

** aus tariflicher Arbeitszeit<strong>ver</strong>kürzung<br />

Mehrfachnennungen, Stand 2001<br />

Quelle: <strong>ver</strong>.<strong>di</strong>-news<br />

Tarifpolitik

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