Infodienst Krankenhäuser - ver.di: Gesundheits- und Sozialwesen
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dem nötigen Diskurs <strong>und</strong> Konsens<br />
bilden.<br />
Rücksichten auf politische Tageslagen<br />
<strong>und</strong> Koalitionsbefindlichkeiten,<br />
wie immer sie im Farbenspektrum<br />
der politischen Parteien <strong>ver</strong>ortet<br />
sind, haben wir nicht zu nehmen.<br />
Das ist nicht unsere Sache.<br />
Wir haben vielmehr zu prüfen,<br />
ob das was wir tun unseren Mitgliedern<br />
nützt. Maßstab sind Arbeitsentgelte<br />
<strong>und</strong> Arbeitsbe<strong>di</strong>ngungen<br />
sowie <strong>di</strong>e betriebliche<br />
Beschäftigungsentwicklung. Das<br />
ist <strong>di</strong>e eine Seite unserer Legitimationsbasis.<br />
Die zweite Seite ist <strong>di</strong>e Mitgestaltung<br />
an den Entwicklungsbe<strong>di</strong>ngungen<br />
der Branche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesen.<br />
Wenn <strong>ver</strong>.<strong>di</strong> weiterhin<br />
durchsetzungsstark Mitglieder <strong>ver</strong>treten<br />
will, müssen wir auf <strong>di</strong>e<br />
Rahmenbe<strong>di</strong>ngungen unseres Handelns<br />
Einfluss nehmen. Kaum ein<br />
Bereich ist so abhängig von politischen<br />
<strong>und</strong> wirtschaftlichen Entscheidungen<br />
wie das <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesen.<br />
Deshalb ist politischer<br />
Einfluss auf allen Ebenen wichtig.<br />
Wir brauchen innovative Konzepte<br />
in der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong><strong>ver</strong>sorgung.<br />
Sie müssen sozial akzeptabel<br />
sein, zu unserer Tariflandschaft<br />
passen, einer positiven Beschäftigungsentwicklung<br />
<strong>di</strong>enen, Kostenbewusstsein<br />
fördern <strong>und</strong> <strong>di</strong>e<br />
Versorgung der Patienten <strong>und</strong><br />
Patientinnen qualitativ <strong>ver</strong>bessern.<br />
All das gehört zusammen.<br />
Die Gesamtoperation – <strong>di</strong>e<br />
Strukturen des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesens<br />
zu <strong>ver</strong>ändern – steht unter einem<br />
enormen Druck, der an <strong>di</strong>e Wurzeln<br />
des Sozialstaates geht. Im<br />
Februar wurden von Seiten des<br />
Ministeriums für Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />
Soziales <strong>di</strong>e ersten Eckpunkte<br />
einer Reform auf den Tisch gelegt.<br />
Wir erwarten den Gesetzentwurf<br />
bereits Anfang Mai. In der Debatte<br />
sind bereits jetzt Aussagen zur<br />
Qualität der me<strong>di</strong>zinischen Versorgung,<br />
zur Steuerung des Systems,<br />
zur Reform des Sicherstellungsauftrags,<br />
zu Patientenrechten <strong>und</strong> zur<br />
Arzneimittel<strong>ver</strong>sorgung.<br />
Doch auch <strong>di</strong>e abenteuerlichen<br />
Finanzierungsvorschläge der<br />
Rürup-Kommission sollen noch in<br />
den Gesetzentwurf eingearbeitet<br />
werden.<br />
Auch wir wollen, dass nicht alles<br />
beim alten bleibt. <strong>ver</strong>.<strong>di</strong> will eine<br />
Strukturreform des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesens<br />
entlang der Kriterien von<br />
Qualität <strong>und</strong> Effizienz. Wir haben<br />
unsere Vorschläge mit der Berliner<br />
Erklärung des Gewerkschaftsrates<br />
präsentiert. <strong>ver</strong>.<strong>di</strong> will Reformen,<br />
<strong>di</strong>e in der Lage sind, <strong>di</strong>e Solidarität<br />
im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesen zu stärken<br />
<strong>und</strong> weiter zu entwickeln. Die paritätische<br />
Finanzierung muss erhalten<br />
<strong>und</strong> dynamisch angepasst werden.<br />
Was mit uns keinesfalls geht ist<br />
<strong>di</strong>e Abschaffung der paritätischen<br />
<strong>und</strong> solidarischen Finanzierung<br />
<strong>und</strong> <strong>di</strong>e Ausgliederung zentraler<br />
Bestandteile der sozialen Sicherung<br />
der Menschen aus dem Leistungskatalog<br />
der GKV. Wir sagen<br />
ein klares Nein zur Ausgliederung<br />
von Krankengeld oder Unfällen<br />
aus dem Leistungskatalog der GKV.<br />
Beides muss <strong>und</strong> kann im Sozial-<br />
staat paritätisch finanziert werden.<br />
Wir brauchen in der Tat eine<br />
mutige Reform. Die darf sich aber<br />
nicht gegen <strong>di</strong>e Schwachen – <strong>di</strong>e<br />
Patienten, Versicherte, Arbeitnehmer<br />
– richten. Mut ist vielmehr bei<br />
der Auseinandersetzung mit den<br />
mächtigen Lobby-Gruppen im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesen<br />
gefragt. Eine Reform<br />
muss schließlich gegen Pharmaindustrie,<br />
Standes<strong>ver</strong>tretungen<br />
<strong>und</strong> Arbeitgeber<strong>ver</strong>bände durchgesetzt<br />
werden. Eine solche Reform<br />
wird von <strong>ver</strong>.<strong>di</strong> unterstützt.<br />
Mit unseren Aktivitäten im Rahmen<br />
der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>kampagne<br />
wollen wir ein deutliches Zeichen<br />
für unser solidarisches <strong>und</strong> paritätisch<br />
finanziertes <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesen<br />
setzen. Wir werben für eine<br />
Strukturreform zur Sicherung der<br />
Finanzierung, der Verbesserung<br />
der Leistungen im Rahmen der<br />
Prävention <strong>und</strong> dem Ausbau einer<br />
integrierten <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong><strong>ver</strong>sorgung.<br />
Wir machen klar, dass dafür<br />
qualifizierte Arbeitsplätze bei Kassen<br />
<strong>und</strong> Leistungserbringern erhalten<br />
<strong>und</strong> geschaffen werden müssen.<br />
Mit unseren Forderungen ist<br />
<strong>di</strong>es realisierbar ohne Einschnitte<br />
bei Leistungen <strong>und</strong> Zuzahlungen<br />
<strong>und</strong> ohne Beitragssatzsteigerungen.<br />
■<br />
Beate Eggert<br />
Eckpunkte des Entwurfs für ein <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>systemmodernisierungsgesetz<br />
des BMGS<br />
1. Qualität wird <strong>ver</strong>bessert durch ein nationales Zentrum für<br />
Qualität in der Me<strong>di</strong>zin <strong>und</strong> <strong>ver</strong>pflichtende Fortbildung<br />
2. Es soll einen gemeinsamen Sicherstellungsauftrag von<br />
Krankenkassen <strong>und</strong> Kassenärztlichen Vereinigungen<br />
geben. Bei Fachärzten sollen Einzel<strong>ver</strong>träge Kollektiv<strong>ver</strong>träge<br />
zunächst ergänzen, später ersetzen. Die <strong>Krankenhäuser</strong><br />
werden für ambulante spezialärztliche Leistungen<br />
generell geöffnet - in unter<strong>ver</strong>sorgten Gebieten für<br />
alle Leistungen. Die Einrichtung von Polikliniken, Gruppenpraxen<br />
<strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zentren wird ermöglicht.<br />
3. Bei der Arzneimittel<strong>ver</strong>sorgung werden Versandapotheken<br />
<strong>und</strong> der Besitz mehrerer Apotheken ermöglicht. Die<br />
Preisgestaltung wird liberalisiert. Bei der Zulassung soll<br />
auch <strong>di</strong>e Kosten/Nutzen-Relation berücksichtigt werden<br />
(4. Hürde).<br />
4. Fusionen von Krankenkassen (derzeit fast 400) werden erleichtert<br />
<strong>und</strong> Kassenärztliche Vereinigungen werden reformiert.<br />
Das Einstimmigkeitsprinzip in den B<strong>und</strong>esausschüssen,<br />
das bisher Veränderungen blockierte wird ersetzt.<br />
Vorstandsgehälter werden <strong>ver</strong>öffentlicht.<br />
5. Die ärztliche Vergütung wird <strong>ver</strong>ändert. Fachärzte erhalten<br />
Fallpauschalen. Bei Hausärzten sind Kopfpauschalen<br />
vorgesehen.<br />
6. Versicherte sollen einen Bonus erhalten, wenn sie an<br />
Präventionsprogrammen teilnehmen <strong>und</strong> den Hausarzt als<br />
Lotsen nutzen.<br />
7. Das System soll insgesamt transparenter werden durch für<br />
Patienten <strong>ver</strong>ständliche Leitlinien, Transparenz von Entscheidungsprozessen<br />
in Instituten <strong>und</strong> Gremien, Einführung<br />
einer Patientenquittung <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>karte.<br />
8. Patientenrechte sollen durch Beteiligung an Entscheidungen<br />
<strong>und</strong> <strong>ver</strong>besserter Beratung gestärkt werden.<br />
<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> <strong>Krankenhäuser</strong> Nr. 20 ■ April 2003 7<br />
<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>politik