Heft 2/2002
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GATWU - Forum, Nr. 2/<strong>2002</strong> Seite 38<br />
Es solle nun "mehr Geld für Bildung"<br />
bereitgestellt werden. Erinnert Sie das<br />
nicht an folgende Parolen: "Mehr<br />
Geld gegen Rechts"; "Mehr Geld für<br />
Aufbau Ost"; "Mehr Geld gegen Kriminalität<br />
und Armut"; "Mehr Geld für<br />
Jugend- und Sozialarbeit"; "Mehr<br />
Geld für Arbeitsplätze"; Geld, Geld,<br />
Geld ... .<br />
Immer wieder wird suggeriert, Geld<br />
wäre die Lösung des Problems. Die<br />
Folge ist, dass die Gesellschaft aus der<br />
ganzheitlichen Verfassung einer "kulturhistorischenSchicksalsgemeinschaft"<br />
in viele Marktsegmente zersplittert<br />
wird. Zurück zum Problem:<br />
Die vielbeklagte "mangelnde Bildung"<br />
in unserem Land hat nichts mit<br />
"Geldknappheit" zu tun. Und wenn<br />
davon auszugehen ist, dass Schulen<br />
und Hochschulen zu wenig Geld haben,<br />
dann sicher nicht wegen Geldknappheit,<br />
sondern es wäre ein Verteilungsproblem.<br />
Trotzdem sehe ich die<br />
unausgewogene Verteilung der finanziellen<br />
Ressourcen nicht als Hauptursache<br />
"mangelnder Bildung". Entscheidend<br />
ist die Tatsache, dass Bildung<br />
immer schon ein kulturelles Element<br />
einer gesellschaftlichen Wertestruktur<br />
ist. Bildung heißt zunächst<br />
nicht "Wissen fressen", sondern die<br />
Neugier und Lust auf Erkenntnis und<br />
Verstehen. Und diese wird kulturell<br />
getragen und vermittelt. Wo Kultur<br />
dem Markt überlassen wird, überlässt<br />
man der Sau die Perlen. Der Markt<br />
kann nicht an denkenden und selbstbewussten<br />
Menschen interessiert sein,<br />
weil er sonst nicht funktionieren würde,<br />
da er auf Ersatzbefriedigung ausgerichtet<br />
ist. Und mit "Ungebildeten"<br />
lässt sich nun mal mehr Profit ma-<br />
chen, sie funktionieren besser im System<br />
der Entfremdung. Eine kleine<br />
Bildungselite dagegen lässt sich gut<br />
kontrollieren für die Machenschaften<br />
des Profits. Also muss das Bildungsproblem<br />
konsequent als "Geldproblem"<br />
behandelt werden, um von den<br />
strukturellen Problemen eines Entfremdungsmechanismus<br />
abzulenken.<br />
Fazit: Es mangelt nicht an Geld für<br />
Bildung; es mangelt an einer Kultur<br />
der Bildung und Aufklärung. Und die<br />
Voraussetzung für eine echte Wissenskultur<br />
und Charakterbildung wäre<br />
eben zuallererst die Erkenntnis, dass<br />
nicht Geld das Heilmittel der<br />
Menschheit ist, als wäre es ein Subjekt,<br />
ein Gott. Es sollte Tauschmittel<br />
sein und nicht Werte-, Religions- oder<br />
Kulturersatz.<br />
Habricht in: PädForum, Nr. 3/<strong>2002</strong>. S. 172.<br />
"Wir müssen die Lernbegeisterung<br />
fördern"<br />
Warum die Grenzen zwischen beruflicher<br />
und allgemeiner Bildung abgebaut<br />
werden müssen<br />
Der folgende Text ist eine Zusammenstellung<br />
von Auszügen aus der<br />
Grundsatzrede von Klaus Zwickel<br />
gehalten hat.<br />
Die Themen Bildung und Qualifizierung<br />
sind politische Ausnahmethemen.<br />
Ausnahmethemen deshalb, weil<br />
sich alle Seiten über den hohen Stellenwert<br />
von Bildung einig sind. Alle<br />
wollen sie und alle fordern sie. Kurz:<br />
Bildung und Qualifizierung sind "in".<br />
Qualifizierung und Bildung sind aber<br />
schon lange "in", sie sind keine neuen<br />
Themen für die Gewerkschaften. Der