FACHVERBAND PHILOSOPHIE Mitteilungen
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Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus diesen Erfahrungen von Lehrenden und<br />
Kindern mit dem „Philosophieren mit Kindern" als Unterrichtsfach in Mecklenburg-<br />
Vorpommern für das Philosophieren in der Grundschule insgesamt ziehen?<br />
1. Die Akzeptanz des Philosophierens bei Lehrenden und Kindern resultiert erheblich<br />
aus der aktuellen Schul- und Unterrichtssituation. Beide Seiten wünschen sich eine<br />
stärkere inhaltlich-methodische Orientierung an den Fragen und Denkwegen<br />
der Kinder, als das in der Grundschule gegenwärtig der Fall ist.<br />
2. Lehrerinnen, die sich mit Möglichkeiten des Philosophierens im Rahmen einer<br />
Ausbildung grundsätzlich auseinandersetzen und es in ihren Unterrichtsalltag integrieren,<br />
fühlen sich herausgefordert, das eigene allgemeine Rollen- und Unterrichtsverständnis<br />
kritisch zu reflektieren.<br />
3. Eine vergleichsweise kurze berufsbegleitende Ausbildung, wie sie z. B. in Mecklenburg-Vorpommern<br />
in Ansätzen realisiert wird, kann nur Aspekte des Philosophierens<br />
mit Kindern thematisieren. Sie ist keine Garantie für erfolgreiches Philosophieren<br />
mit Kindern, aber immerhin eine Grundlage. Unklar ist bislang (zumindest<br />
mir), in welchem Verhältnis und welcher Bezogenheit aufeinander dabei<br />
Fachphilosophie und Fachdidaktik stehen sollten.<br />
4. Das Konzept des Philosophierens mit Kindern ebenso wie die anderen Konzepte<br />
können nur erfolgreich sein, wenn allgemeindidaktische Überlegungen, z. B. reformorientierte<br />
didaktische Modelle für Unterricht und Unterrichtsplanung, mit reflektiert<br />
werden.<br />
Die Vorstellung, das Philosophieren finde ausschließlich im Frontalunterricht statt,<br />
erscheint mir in diesem Zusammenhang ganz abwegig.<br />
5. Die Etablierung des Philosophierens als Fach bietet sowohl Möglichkeiten als<br />
auch Gefahren. Die Gefahren resultieren aus traditionellen Unterrichtsverständnissen<br />
von Lehrerinnen und Kindern, die sich nicht einfach abstreifen lassen, und<br />
allgemeinen Rahmenbedingungen von Schule (45-Minutentakt, Bewertungs- und<br />
Zensierungszwänge).<br />
6. Eine wissenschaftliche Begleitung und Erforschung der zahlreichen offenen Fragen<br />
ist dringend erforderlich, wird aber von den zuständigen Behörden nicht in<br />
ausreichendem Maße unterstützt. Deshalb ist eine institutionelle Anbindung an<br />
bestehende Verbände dringend erforderlich.<br />
7. Das Philosophieren mit Kindern kann wie Ethik, Lebenskunde und Religion einen<br />
wichtigen Beitrag zur Schulreform in der Grundschule leisten. Das ist in den Neuen<br />
Ländern in besonderem Maße der Fall, da die Fächer dort neu eingeführt wurden.<br />
Zusammenarbeit und der Erfahrungsaustausch aller Beteiligten auf unterschiedlichen<br />
Ebenen ist dringend erforderlich.<br />
Ich möchte zum Schluss meiner Ausführungen auf Herbart zurückkommen. Die Denkbewegung<br />
des Philosophierens wird von ihm nicht nur dem Zu-Erziehenden abverlangt,<br />
sondern gleichermaßen dem Erzieher. In der erfolgreichen philosophischen<br />
Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand wird der Erzieher zum echten Lernpartner<br />
des Schülers. Er verlässt die Rolle des Belehrenden, des Überlegenen, die eine<br />
lange Tradition ihm zuerkannt zu haben scheint. Er betritt neue Pfade - eine Notwendigkeit<br />
angesichts der aktuellen Schul- und Unterrichtspraxis, die nur einen Schluss<br />
zulässt: Kinder und Erzieher brauchen das Philosophieren mit Kindern als Fach und<br />
als Unterrichtsprinzip in allen Fächern.<br />
<strong>FACHVERBAND</strong> <strong>PHILOSOPHIE</strong> E.V.