01.12.2012 Aufrufe

FACHVERBAND PHILOSOPHIE Mitteilungen

FACHVERBAND PHILOSOPHIE Mitteilungen

FACHVERBAND PHILOSOPHIE Mitteilungen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

16<br />

- zum hermeneutischen Philosophieren als fragen und verstehen von jemandem<br />

(z.B. Schleiermacher, Gadamer)<br />

- zum analytischen Philosophieren als Begriffe und Behauptungen klären<br />

(z.B. Wittgenstein, Frege)<br />

- zum dialektischem Philosophieren als jemandem widersprechen und miteinander<br />

streiten (z.B. Marx, Hegel)<br />

- und schließlich zum spekulativen Philosophieren als sinnieren und phantasieren<br />

(z.B. Bloch, Sloterdijk).<br />

Die Behauptung, dass sich Philosophie letztlich aus der Umgangssprache heraus<br />

entwickelt, ist generell keineswegs neu. So behauptet etwa - im Rahmen des von Johannes<br />

Rohbeck durchgeführten Methoden-Projekts - auch der Dresdner Philosophieprofessor<br />

Thomas Rentsch: „Alle genuin philosophischen Methoden entspringen<br />

[...] konkreten alltäglichen Sprach- und Handlungszusammenhängen und sind deren<br />

Hochstilisierungen: Dem Verstehen und Fragen entspringt die Hermeneutik, dem Beschreiben<br />

die Phänomenologie, dem Streiten und Widersprechen die Dialektik, dem<br />

Nachfragen, Klären und Erläutern das Analysieren der Sprachanalyse" (vgl. Rentsch<br />

2002, S. 26f). Zu ergänzen wäre aber noch das spekulative Philosophieren, das aus<br />

dem Hang zum Phantasieren oder zum weit ausholenden Verstehen der Welt und des<br />

Lebens entsteht.<br />

Die beispielsweise in der sokratischen Methodenpraxis und in der aristotelischen Methodenreflexion<br />

(Nikomachische Ethik VII 1) vorfindbaren fünf elementaren Methoden<br />

des Philosophierens lassen sich quer zur Unterscheidung mündlich/schriftlich folgendermaßen<br />

als Fünf-Finger-Modell lesen, mit dessen Hilfe sich philosophische Probleme<br />

(auch in Texten) „händeln" oder bearbeiten lassen (vgl. Martens 2003a). Dabei<br />

lassen sie sich allerdings im prinzipiell unabschließbaren Prozess des Weiterdenkens<br />

in kein streng lineares Schema mit einem festen Anfang und Ende pressen, wenn sich<br />

auch unterrichtspraktisch die angegebene Reihenfolge von Phasen in den meisten<br />

Fällen empfiehlt. Die Methoden können helfen, einer der Philosophie oft unterstellten<br />

Trennung des konkreten vom abstrakten Denken vorzubeugen und den Blick auf die<br />

Phänomenfülle des Konkreten zu lenken, um so den „Zusammenwuchs" (lateinisch:<br />

„concretio") der impliziten Deutungsmuster, Begriffe und Argumente, kontroversen<br />

Sichtweisen sowie Spekulationen abstrahierend herauszuarbeiten und zu klären. Dabei<br />

lassen sich die verschiedenen Methoden ebenso wenig wie die verhandelten Probleme<br />

selbst nicht voneinander isolieren, sondern sind lediglich Akzente oder, in einem<br />

Bild gesprochen, Finger der gesamten Methoden-Hand. So ist die Phänomenwahrnehmung<br />

einer Situation oder eines Gegenstands immer schon durch bestimmte Deutungsmuster<br />

von etwas als etwas vorgeprägt; das Verstehen ferner basiert auf<br />

bestimmen Begriffen und Argumenten, die im Hin- und Herüberlegen geprüft und von<br />

Anfang bis Ende von Einfällen und Intuitionen durchzogen werden. Isoliert angewendet<br />

dagegen führen die einzelnen Methoden sowohl in der Unterrichtspraxis als auch<br />

im universitären Lehrbetrieb leicht zu den bekannten philosophischen Krankheiten des<br />

Wahrnehmungsbreis, der Texthuberei, der Haarspalterei, des Gelabers und des Herumspinnens.<br />

Philosophische Methodenkompetenz ist - wie die üblichen Kulturtechniken des Lesens,<br />

Schreibens und Rechnens - eine Kulturtechnik und kann schrittweise gelernt,<br />

eingeübt und überprüft werden. Während das weit verbreitete Zwei-Klassen-Modell<br />

„Der normale Erwachsene denkt über die Raum-Zeit-Problematik kaum. Das hat er<br />

<strong>FACHVERBAND</strong> <strong>PHILOSOPHIE</strong> E.V.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!