FACHVERBAND PHILOSOPHIE Mitteilungen
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- zum hermeneutischen Philosophieren als fragen und verstehen von jemandem<br />
(z.B. Schleiermacher, Gadamer)<br />
- zum analytischen Philosophieren als Begriffe und Behauptungen klären<br />
(z.B. Wittgenstein, Frege)<br />
- zum dialektischem Philosophieren als jemandem widersprechen und miteinander<br />
streiten (z.B. Marx, Hegel)<br />
- und schließlich zum spekulativen Philosophieren als sinnieren und phantasieren<br />
(z.B. Bloch, Sloterdijk).<br />
Die Behauptung, dass sich Philosophie letztlich aus der Umgangssprache heraus<br />
entwickelt, ist generell keineswegs neu. So behauptet etwa - im Rahmen des von Johannes<br />
Rohbeck durchgeführten Methoden-Projekts - auch der Dresdner Philosophieprofessor<br />
Thomas Rentsch: „Alle genuin philosophischen Methoden entspringen<br />
[...] konkreten alltäglichen Sprach- und Handlungszusammenhängen und sind deren<br />
Hochstilisierungen: Dem Verstehen und Fragen entspringt die Hermeneutik, dem Beschreiben<br />
die Phänomenologie, dem Streiten und Widersprechen die Dialektik, dem<br />
Nachfragen, Klären und Erläutern das Analysieren der Sprachanalyse" (vgl. Rentsch<br />
2002, S. 26f). Zu ergänzen wäre aber noch das spekulative Philosophieren, das aus<br />
dem Hang zum Phantasieren oder zum weit ausholenden Verstehen der Welt und des<br />
Lebens entsteht.<br />
Die beispielsweise in der sokratischen Methodenpraxis und in der aristotelischen Methodenreflexion<br />
(Nikomachische Ethik VII 1) vorfindbaren fünf elementaren Methoden<br />
des Philosophierens lassen sich quer zur Unterscheidung mündlich/schriftlich folgendermaßen<br />
als Fünf-Finger-Modell lesen, mit dessen Hilfe sich philosophische Probleme<br />
(auch in Texten) „händeln" oder bearbeiten lassen (vgl. Martens 2003a). Dabei<br />
lassen sie sich allerdings im prinzipiell unabschließbaren Prozess des Weiterdenkens<br />
in kein streng lineares Schema mit einem festen Anfang und Ende pressen, wenn sich<br />
auch unterrichtspraktisch die angegebene Reihenfolge von Phasen in den meisten<br />
Fällen empfiehlt. Die Methoden können helfen, einer der Philosophie oft unterstellten<br />
Trennung des konkreten vom abstrakten Denken vorzubeugen und den Blick auf die<br />
Phänomenfülle des Konkreten zu lenken, um so den „Zusammenwuchs" (lateinisch:<br />
„concretio") der impliziten Deutungsmuster, Begriffe und Argumente, kontroversen<br />
Sichtweisen sowie Spekulationen abstrahierend herauszuarbeiten und zu klären. Dabei<br />
lassen sich die verschiedenen Methoden ebenso wenig wie die verhandelten Probleme<br />
selbst nicht voneinander isolieren, sondern sind lediglich Akzente oder, in einem<br />
Bild gesprochen, Finger der gesamten Methoden-Hand. So ist die Phänomenwahrnehmung<br />
einer Situation oder eines Gegenstands immer schon durch bestimmte Deutungsmuster<br />
von etwas als etwas vorgeprägt; das Verstehen ferner basiert auf<br />
bestimmen Begriffen und Argumenten, die im Hin- und Herüberlegen geprüft und von<br />
Anfang bis Ende von Einfällen und Intuitionen durchzogen werden. Isoliert angewendet<br />
dagegen führen die einzelnen Methoden sowohl in der Unterrichtspraxis als auch<br />
im universitären Lehrbetrieb leicht zu den bekannten philosophischen Krankheiten des<br />
Wahrnehmungsbreis, der Texthuberei, der Haarspalterei, des Gelabers und des Herumspinnens.<br />
Philosophische Methodenkompetenz ist - wie die üblichen Kulturtechniken des Lesens,<br />
Schreibens und Rechnens - eine Kulturtechnik und kann schrittweise gelernt,<br />
eingeübt und überprüft werden. Während das weit verbreitete Zwei-Klassen-Modell<br />
„Der normale Erwachsene denkt über die Raum-Zeit-Problematik kaum. Das hat er<br />
<strong>FACHVERBAND</strong> <strong>PHILOSOPHIE</strong> E.V.