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FACHVERBAND PHILOSOPHIE Mitteilungen

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Fähigkeit zum Staunen, Fragen und Weiterfragen verfügen, die man ihnen gar nicht<br />

zugetraut hat. Die anderen fordern, dass sich die Schule den wirklich wichtigen Dingen<br />

zuzuwenden habe, dass Kinder erst einmal über die Basisfähigkeiten Lesen, Sehreiben,<br />

Rechnen verfügen müssen, bevor man sich dem Luxus des Philosophierens zuwenden<br />

könne.<br />

Fakt ist, Kinder haben Fragen, die auch ein philosophisches Interesse deutlich machen.<br />

Dieses Interesse erwächst häufig aus Alltagssituationen, für die ein Sich-<br />

Wundern, ein Unsicher-Sein, ein Nicht-Verstehen und Gründe-Wissen-Wollen charakteristisch<br />

ist. Solche Fragen können sein: Warum machen Menschen Feuerwerke?<br />

Warum machen manche Menschen Krieg? Gibt es Wunder?<br />

Nicht immer erschließt sich dem Betrachter das Frageinteresse der Kinder sofort und<br />

mitunter fällt es dem Kind gar nicht leicht Rückfragen zu beantworten.<br />

Wie entsteht ein Hund? Zu dieser Frage erklärt Lisa: „Ich weiß schon, wie ein Hund<br />

entsteht, wir haben selbst Hunde zu Hause. Aber mich wundert das trotzdem, dass ein<br />

Hund wie ein Hund aussieht, dass der nicht z. B. Flügel hat. Wer hat sich denn das<br />

ausgedacht, dass Hunde so aussehen?<br />

Hinter einer scheinbar banalen Frage wurde ein grundsätzliches ontologisches Interesse<br />

deutlich, das danach fragt, warum die Dinge so und nicht anders sind, ein Interesse,<br />

das sich in alle Bereiche der Philosophie erstrecken kann. Die Vertreter der unterschiedlichen<br />

kinderphilosophischen Konzepte eint die Überzeugung, dass die Auseinandersetzungen<br />

mit grundsätzlichen Fragen der Kinder für die Herausbildung tragfähiger<br />

Orientierungen von großer Bedeutung sind. In diesem Sinne kann Philosophieren<br />

mit Kindern der Versuch sein, „durch Denken Unsicherheit zu reduzieren"<br />

(Schmidt 1999, S. 80). Wie das im Kontext der Kinderphilosophie geschehen kann,<br />

dazu gibt es differenzierte Standpunkte. In den letzten dreißig Jahren haben sich international<br />

zwei Strömungen entwickelt: Philosophie für Kinder und Philosophieren mit<br />

Kindern. Grundgedanke der Philosophie für Kinder, wie sie z. B. Matthew Lipman vertritt,<br />

ist, dass sich die logisch-argumentative Denkfähigkeit von Kindern durch die Auseinandersetzung<br />

mit Geschichten gezielt fördern lässt. Philosophieren ist in diesem<br />

Zusammenhang durch drei Merkmale gekennzeichnet: das Klären von Begriffen, das<br />

Anwenden bestimmter Denkfertigkeiten („reasoning skills") und das Reflektieren über<br />

diese Denkfertigkeiten. Dieser Ansatz ist wesentlich durch Methodisches bestimmt<br />

(vgl. Lipman 1978, 1988). Vertreter des Philosophierens mit Kindern, wie z. B. Gareth<br />

Matthews, gehen von einem eher inhaltlich-existentiellen Verständnis von Philosophie<br />

aus. Sie betonen das natürliche Bedürfnis des Kindes zu philosophieren. Mit welchen<br />

Methoden gearbeitet wird, ist dabei nicht entscheidend (vgl. Matthews 1991, 1995).<br />

Beide Ansätze stellen heraus, dass es nicht darum gehen kann, fachwissenschaftliche<br />

Bestände der Philosophie auf Kinderniveau zu bringen, sondern darum, das eigenständige<br />

kreative und kritische Denken und selbstverantwortliche Handeln von Kindern<br />

zu fördern.<br />

Ausgehend von Lipman und Matthews, aber auch von anderen Philosophen, wie z. B.<br />

Cassirer und Blumenberg, und im Rückgriff auf Ansätze der Reformpädagogik, hat<br />

sich in den letzten Jahren ein grundschuldidaktischer und ein philosophiedidaktischer<br />

Diskurs entwickelt, der das institutionalisierte Philosophieren mit Kindern als durchgängiges<br />

Unterrichtsprinzip und das Philosophieren in einen eigens dazu zu etablierenden<br />

Fach thematisiert (vgl. Pfeiffer 2002). Nicht zuletzt geht es dabei auch um die<br />

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