FACHVERBAND PHILOSOPHIE Mitteilungen
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Philosophische Methodenkompetenz -<br />
von Kindheit an<br />
Die Frage, was Philosophie ist oder sein soll, begleitet die Philosophie seit ihrem Beginn<br />
und wird wegen der Offenheit des Weiterdenkens nie abschließend beantwortet<br />
werden können, schon gar nicht durch Hinweis auf ein nebulöses „Wesen“ der Philosophie.<br />
Philosophie kann vieles sein und zu vielem gut sein. Die Antwortversuche reichen<br />
vom Denken des Weltganzen und rationalen Rechenschaftgeben bis hin zur revolutionären<br />
Weltverbesserung und persönlichen Lebenshilfe. Die Philosophen sind<br />
sich offensichtlich selber darüber uneins, was ihr Geschäft eigentlich ist. Die Uneinigkeit<br />
in der Sache führt in der Geschichte der Philosophie oft genug zu einer unsachlichen<br />
Polemik der sonst so vernünftigen Philosophen: „Philosophen beschimpfen Philosophen"<br />
und denunzieren sich wechselseitig als Pseudophilosophen oder „Afterphilosophen,"<br />
so etwa Schopenhauer über Hegel (vgl. Dietzsch 1996). Der Philosophenstreit<br />
lässt sich bis in die gegenwärtige Szene zwischen den unterschiedlichen philosophischen<br />
Richtungen verfolgen. Allerdings kann man den Streit nicht mehr oder<br />
weniger amüsiert als bloß akademisch oder als Streit um Worte abtun, da er praktisch<br />
recht folgenreich sein kann. In der Bildungspolitik etwa verschärft er die durchaus berechtigte<br />
skeptische Frage, was man denn im Philosophieunterricht - auf überprüfbare<br />
Weise - überhaupt lernen könne. Der interne Philosophenstreit kann aber auch die<br />
Unterrichtspraxis selbst beeinflussen, indem man entweder in Form einer schlechten<br />
Akademisierung wenigstens etwas an (welcher?) wissenschaftlicher Philosophie zu<br />
vermitteln versucht oder sich in eine schlechte Popularisierung alltagspraktischer Betroffenheit<br />
flüchtet.<br />
Was also ist und soll Philosophie, und dies speziell im Ethik- und Philosophieunterricht<br />
von der Grundschule an, unter welchen Bezeichnungen auch immer? Philosophie hat<br />
es zunächst mit bestimmten Inhalten oder Fragen zu tun, etwa was Erkennen, Gerechtigkeit,<br />
Gott oder der Mensch ist. Derartige Fragen werden allerdings auch im Alltag,<br />
in der Wissenschaft und in der Religion und Dichtung gestellt und machen daher<br />
allein noch keine Philosophie aus. Dennoch hat es die Philosophie in ihrer Tradition<br />
bis heute mit grundsätzlichen Fragen zu tun, für die Kant eine plausible Einteilung vorschlägt,<br />
nach der gegenwärtig auch viele Lehrpläne und Unterrichtsbücher gegliedert<br />
sind: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der<br />
Mensch? (Logik A 25/26) Sicher, Kants Fragen sind ihrerseits auslegungsbedürftig<br />
und etwa um die Fragen nach dem Schönen oder der Wirklichkeit zu ergänzen, auch<br />
müssen sie keineswegs im Sinne seiner Transzendentalphilosophie beantwortet werden.<br />
Dennoch stellen sie ein geeignetes Suchschema bereit.<br />
Philosophische Inhalte und Fragen allein reichen allerdings nicht aus, wenn man Philosophie<br />
angemessen definieren will. Nicht derjenige kann bereits philosophieren, der<br />
einfach nur grundsätzliche Fragen stellt und entsprechende Antworten versucht, sondern<br />
erst derjenige, der auch in einer bestimmten Haltung mit seinen Fragen und Antworten<br />
umgeht. Die typisch philosophische Haltung lässt sich als Fähigkeit zum Staunen<br />
(Martens 2003b) charakterisieren. Im Unterschied zum Alltagswissen, zur Religion<br />
oder zur Wissenschaft geht der Philosoph von keinen gesicherten Phänomenen und<br />
Vormeinungen aus, sondern stellt sie gerade verwundert in Frage. Allerdings reicht<br />
auch die Haltung des Staunens oder radikalen Infragestellens nicht aus, um Philosophie<br />
zu definieren. Zum einen gibt es Alltagsskeptiker, denen sowieso prinzipiell alles<br />
fragwürdig oder ungewiss erscheint, und auch die Wissenschaft ist durch eine radikale<br />
<strong>FACHVERBAND</strong> <strong>PHILOSOPHIE</strong> E.V.