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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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merk.würdigDie EuropäischeSicherheitsarchitekturrüstet aufKonrad LachmayerNeuerdings wird die Europäische Sicherheitslandschaftauch im Zusammenhangmit polizeilichen Befugnissendeutlich ausgeweitet. Kooperationheißt das Zauberwort und vieles wirdmöglich:Man stelle sich vor eine deutschePolizeispezialeinheit wird in Wien tätig.Allerdings nicht im Rahmen einersog „grenzüberschreitenden Nacheile“ brechersan der oberösterreichischenGrenze, sondern im Rahmen einerSportgroßveranstaltung eben irgendwoim österreichischen Bundesgebiet: undzwar in eigener Uniform, mit eigenerBewaffnung und am Ende sogar mit deneigenen Befugnissen. All dies ist nichtnur eine Zukunftsvision europäischerSicherheitsbehörden, sondern bereits<strong>recht</strong>lich beschlossen und in Österreichumgesetzt.Im sog „Vertrag von Prüm“ habensich im Mai 2005 Belgien, Deutschland,Spanien, Frankreich, Luxemburg,die Niederlande und Österreich überdie Vertiefung der grenzüberschreitendenZusammenarbeit, insbesonderezur Bekämpfung des Terrorismus, dergrenzüberschreitenden Kriminalitätund der illegalen Migration geeinigt.In Österreich wurde dieser Vertrag mitGenehmigung des Parlaments im BGBlIII 2006/159 kundgemacht.Der Titel des Vertrages klingt soweitnoch vage. Doch worum geht es beidiesem Vertrag wirklich? Die Kooperationsbefugnisseim Vertrag sind sehrkonkret ausgestaltet und bieten einegroße Bandbreite an unterschiedlichenFormen polizeilicher Zusammenarbeit.Da ist zunächst die informationelle Eingriffsdimension(Kap 2 des Vertrages)zu erwähnen: automatisierter AufrufmatisierterAbruf von Daten aus Fahrzeugregisternund die Übermittlung vonpersonenbezogenen Informationen zurVerhinderung terroristischer Straftaten.Aber das ist nur die Spitze des Eisberges…Neben diesen bereits öffentlich gefeiertenBereichen des Datenaustausches,kommt es zu einer Vielzahl weiterer Polizeikooperationen.Es sei hier die Möglichkeit„gemeinsamer Einsatzformen“näher beschrieben: Gemeinsame Einsatzformendienen zur „Abwehr vonGefahren für die öffentliche Sicherheitund Ordnung sowie zur Verhinderungvon Straftaten, in denen von den Vertragsparteienzu benennende Beamteoder sonstige staatliche Bedienstete beiEinsätzen im Hoheitsgebiet einer anderenVertragspartei mitwirken.“ Dabeikönnen PolizistInnen anderer Staatenmit der Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisseim Inland betraut werden.Drei Besonderheiten seien hervorgehoben:1. Hoheitliche Befugnisse dürfendabei nur unter der Leitung und in derRegel in Anwesenheit von Beamten desGebietsstaats wahrgenommen werden;die Anwesenheit inländischer Beamtemuss also „nur“ in der Regel gegebensein. Die ausländischen BeamtInnenkönnen daher auch in der Abwesenheitinländischer BeamtInnen hoheitlich aktivwerden.2. „Beamte einer Vertragspartei, diesich im Rahmen eines gemeinsamenEinsatzes im Hoheitsgebiet einer anderenVertragspartei aufhalten, könnendort ihre nationale Dienstkleidung tragen.Sie können ihre nach dem innerstaatlichenRecht des Entsendestaats zugelassenenDienstwaffen, Munition undAusrüstungsgegenstände mitführen.“(Art 28) Die Bewaffnung erfolgt alsonach dem Recht des Entsendestaates.3. Soweit es nach dem Recht desGebietsstaats zulässig ist, können BeamtInnenanderer Vertragsparteien dieWahrnehmung ihrer hoheitlichen Befugnissenach dem Recht ihres Entsendestaatseingeräumt werden. Das heißt,dass die Eingriffs- und Zwangsbefugnissedes Entsendestaates innerstaatlichangewendet werden können.Dies hat mit „grenzüberschreitenderNacheile“, wie sie bereits bisher möglichwar, nichts mehr zu tun. Nunmehrkönnen staatlich Bedienstete einesanderen Vertragsstaates im gesamtenStaatsgebiet tätig werden. Dabei könnensie nicht nur ihre eigene Ausrüstungund Bewaffnung mit sich führen,sondern bei entsprechender <strong>recht</strong>licherAusgestaltung sogar ihre hoheitlichenBefugnisse importieren. Es kommt alsozu einem Befugnis-Shopping im Raumder Sicherheit.Die ersten mit dem Vertrag verbundenenErfolge wurden bereits im Justiz-und Innenministerrat der EU am15. Februar 2007 hervorgehoben: „Derautomatisierte Datenaustausch hat bereitsin dieser frühen Phase zu großenkonkreten Erfolgen geführt: So habenz.B. die deutschen Behörden DNA-Pro-österreichischen Behörden abgeglichenund in mehr als 1500 Fällen eine Übereinstimmungfestgestellt.“ (Pressemitteilungdes Rats für Justiz und Inneresder Europäischen Union 5922/07– Presse 16).Angestrebte Konsequenz der „Erfolgsbilanz“ist die Ausweitung des„Vertrages von Prüm“ auf das gesamteGebiet der Europäischen Union. Es istbeabsichtigt diesen Vertrag in die 3. Säuleder Europäischen Union zu integrie- dehnungdes Anwendungsbereichs desVertrags auf alle 27 Mitgliedstaaten statt.Der Raum der Sicherheit weitet sich aus.Wie viel vermag da noch vom Raum derFreiheit und des Rechts verbleiben?Dr. Konrad Lachmayer istAssistent am Institut fürStaats- und Verwaltungs<strong>recht</strong>an der Universität Wien undRedaktionsmitglied des<strong>juridikum</strong>; konrad.lachmayer@univie.ac.at.<strong>juridikum</strong> 2007 / 2 Seite 59

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