Umnutzung historischer Gebäude Dezember 2011 1 2012
Umnutzung historischer Gebäude Dezember 2011 1 2012
Umnutzung historischer Gebäude Dezember 2011 1 2012
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Wir sprechen über das Prinzip, dass mit einfachen,<br />
physikalischen Maßnahmen wie der Schachtlüftung<br />
und ohne großen haustechnischen Aufwand an Geräten,<br />
die gewartet und gereinigt werden müssen und üblicherweise<br />
im Luftkanal Schimmelsporen haben, von denen<br />
Menschen krank werden können, wie uns das bekannte<br />
„sbs-Syndrom“ (sick buildingsyndrom) beweist, dass so<br />
z. B. in historischen Klassenzimmern eine Luftqualität<br />
erreicht wird, wie sie im heutigen Klassenzimmern mit<br />
einfachen Mitteln mit Sicherheit nicht erreicht wird.<br />
Aus kaum nachvollziehbaren Gründen ist es z. B. in<br />
Klassenzimmern kaum möglich, die Beteiligten zu einer<br />
gezielten Stoßlüftung zu erziehen − sind doch die<br />
Interessen und Wärmeempfinden der Beteiligten zu<br />
stark unterschiedlich und ist doch das Desinteresse der<br />
Beteiligten anscheinend zu groß. Meist stehen in diesen<br />
Klassen die gekippten Fenster immer offen, um eine gewisse<br />
Luftqualität erreichen. Die Thermostatventile der<br />
unter den Fenster befindlichen Heizkörper drehen durch<br />
den Kaltlufteinfall automatisch diese auf, mit dem Ergebnis,<br />
dass man bei konvektiven, die Atmungswege belastenden<br />
Heizungssystemen der Radiatorenheizung in<br />
Schulen geradewegs „zum Fenster hinaus“ heizt. Würde<br />
man zum Beispiel in den Klassenzimmern − so geschehen<br />
in der Gärtner- und Floristenschule in Wien − eine<br />
reine Strahlungsheizung einsetzen, die mit Bauteilheizung<br />
warme Hüllflächen schafft, könnte man das System<br />
merklich verbessern und die Energieverschwendung<br />
drastisch reduzieren. Bei einer Strahlungsheizung sind<br />
bekanntermaßen die Lüftungswärmeverluste vernachlässigbar<br />
gering.<br />
Sicher gibt es Schulen mit kontrollierter Klassenzimmerlüftung.<br />
Oft läuft aber diese aus bekannten Gründen<br />
entweder dauernd oder wurde nicht gereinigt und<br />
trägt somit weder zu einer höheren Luftqualität noch<br />
zur Energieeinsparung bei, da aus bekannten Gründen<br />
(menschlicher Faktor, falsche Einstellwerte, keine Wartung<br />
etc.) ein ordnungsgemäßer Betrieb verhindert ist.<br />
Denkt man das historische System der kontrollierten<br />
Klassenzimmerlüftung zu Ende und nimmt man<br />
sich heute von den historischen Systemen „Anleihen“<br />
bzw. kombiniert man sie mit heutiger Technik, so kann<br />
man, wie die Versuchsanordnung in der Gärtner- und<br />
Floristenschule gezeigt hat, in Verbindung mit einer<br />
reinen Strahlungsheizung und mit präsenz-und CO₂gesteuerten<br />
Abluftklappen mit Autorotationsventilatoren<br />
(die antriebslos nur durch den Wind bzw. den<br />
Auftrieb durch die Wärmeentwicklung funktionieren)<br />
in den Klassenzimmern moderner Schulen sehr gute<br />
Luftqualitätszustände schaffen, ohne komplizierte Systeme<br />
einbauen und ohne Energieverlust in Kauf nehmen<br />
zu müssen. Und im Sommer werden die Fenster nach<br />
Belieben wieder von Hand geöffnet.<br />
Im Winter öffnen automatisch die Luftqualitätsfühler<br />
bei Schadstoffkonzentrationen von mehr als 1.000 ppm<br />
CO₂ die präsenzgesteuerten Klappen und führen die<br />
schlechte Luft über Dach. Frische, vorgewärmte Luft<br />
kann über Schallschutzüberströmelemente aus dem Stiegenhaus<br />
nachströmen, so dass die Schüler nicht “sanft<br />
entschlafen“, wie sie das sonst selbst bei guten und interessanten<br />
Lehrern tun, da bekanntermaßen die Konzentrationsfähigkeit<br />
der Beteiligten ab einer Schadstoffkonzentration<br />
von > 1000 ppm CO₂, die üblicherweise<br />
im nicht gelüfteten Klassenzimmern schon nach circa 20<br />
min erreicht ist, nicht mehr gegeben ist.<br />
Natürliche Lüftung im Völkerkundemuseum in der<br />
Hofburg, Wien<br />
Sehr intelligent verhält es sich mit der historischen, natürlichen<br />
Lüftung im sogenannten „Corps de Logis“,<br />
dem heutigen Völkerkundemuseum in der Wiener Hofburg.<br />
In Kurzfassung sieht die Situation folgendermaßen aus:<br />
Aus dem Burggarten wird über einen großen, gemauerten<br />
Ziegelgang in den beiden Untergeschossen, die sich<br />
labyrinthartig im Keller ausbreiten, Außenluft angesaugt<br />
und dementsprechend vorkonditioniert. In den vier<br />
Ecken des Hauses gibt es jeweils zwei Schächte. Einer<br />
davon ist jeweils im Dachgeschoß abgedeckelt, der andere<br />
führt über Dach, teilweise mit einer mechanischen<br />
Klappe, die zu einem alten amerikanischen „Blackmann-<br />
Ventilator“ aus der Zeit führt, der dann zugeschaltet<br />
wurde, wenn der natürliche Auftrieb aufgrund von fehlender<br />
Temperaturdifferenz ausblieb. Über den abgedichteten<br />
Schacht wird die vorkonditionierte Kellerluft<br />
in die Schauräume des Völkerkundemuseums und in<br />
die Schächte bei den Durchgängen geleitet, die jeweils<br />
in diesen Durchgängen Zuluftgitter haben. Überströmgitter<br />
in den Türen und Raumtrennwänden bildeten zu<br />
Restaurator im Handwerk – Ausgabe 3/<strong>2011</strong> 23<br />
Blick auf das<br />
„Corps de Logis“<br />
in der Wiener<br />
Hofburg<br />
Grundriß des<br />
Kellergeschoß<br />
mit den Lüftungsgängen