Umnutzung historischer Gebäude Dezember 2011 1 2012
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Rohrpostbedienstete<br />
bei der<br />
Arbeit im Haupttelegraphenamt<br />
Oranienburger<br />
Straße um<br />
1917; Quelle:<br />
Museum für<br />
Kommunikation<br />
Schalttafel im<br />
Keller des ehemaligen<br />
HTA Oranienburger<br />
Straße<br />
Quelle: Archiv<br />
Berliner Unterwelten<br />
e.V., ©<br />
Stefan Lehmann<br />
Sende- und Empfangsapparate<br />
der 1920er Jahre<br />
im Keller des<br />
HaupttelegraphenamtesOranienburger<br />
Straße<br />
Quelle: Archiv<br />
Berliner Unterwelten<br />
e.V., ©<br />
Holger Happel<br />
ximale Beförderungszeit vom absendenden Postamt zur<br />
Haustür des Empfängers von nur einer Stunde. In einer<br />
Zeit lange vor dem ersten Telefon wird so die Rohrpost<br />
in Berlin zum täglichen Kommunikationsmittel, was<br />
sich auch in zahlreichen zeitgenössischen Erzählungen<br />
niederschlägt, sei es bei Fontane, Kafka oder Tucholsky.<br />
Ständig wird das Netz erweitert und modernisiert.<br />
Hatte man anfangs noch mit witterungsbedingten<br />
„Kinderkrankheiten“ zu kämpfen, perfektioniert man<br />
das System zunehmend. 1898 werden 2,3 Millionen<br />
Sendungen in Berlin mit der Rohrpost befördert. Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts hält wieder weiterentwickelte<br />
Technik Einzug: Neue Sende- und Empfangsapparaturen<br />
beschleunigen den Transport. Ende 1906 verfügt das<br />
Berliner Netz bereits über rund 125 Kilometer Fahr- und<br />
etwa 80 Kilometer Luftrohre. Inzwischen werden auch<br />
Postschecks per Rohrpost befördert. Kein Wunder, dass<br />
die Zentrale der Rohrpost im Haupttelegraphenamt<br />
Französische Straße / Oberwallstraße langsam an ihre<br />
Kapazitätsgrenzen stößt. Auch die Telegraphie, mit der<br />
die Rohrpost stets eng verbunden ist, nimmt weiter zu.<br />
26 Restaurator im Handwerk – Ausgabe 3/<strong>2011</strong><br />
Ein Neubau und der Umzug des Haupttelegraphenamtes<br />
und der Rohrpostzentrale in die Oranienburger Straße<br />
wird beschlossen, doch durch den Ersten Weltkrieg wird<br />
das neue <strong>Gebäude</strong> erst 1916 bezugsfertig. Während des<br />
Krieges umfasst das Berliner Rohrpostnetz 182 Kilometer<br />
Fahrrohr und 77 angeschlossene Postämter. Auch<br />
die militärischen Stellen und die Verwaltung wissen die<br />
zuverlässige Rohrpost zu schätzen, allerdings führen<br />
kriegsbedingte Materialengpässe auch bei der Rohrpost<br />
immer öfter zu Störungen. Ersatzteile sind kaum<br />
noch zu beschaffen, ebenso mangelt es an Fachpersonal<br />
zur Wartung und Bedienung der Anlagen. Ab August<br />
1914 wird der Verkehr stark eingeschränkt. Dennoch<br />
kommt die Berliner Rohrpost insgesamt sehr gut durch<br />
den Ersten Weltkrieg und sieht sich in den 1920er Jahren<br />
vor neue Herausforderungen gestellt. 1925 wird der<br />
Betriebsnetz der Berliner Stadtrohrpost um 1927; Quelle:<br />
Panorama Berlin<br />
Flughafen Tempelhof angeschlossen, ab 1926 wird der<br />
Fahrplanverkehr auf einen Bedarfsverkehr umgestellt,<br />
ab 1927 experimentiert man mit „Schnellrohrpostlinien“.<br />
Zwar macht ab 1933 das landesweite „Telegramm-<br />
Fernschreibnetz“ der Rohrpost erstmals Konkurrenz,<br />
doch für den Transport von Briefen und Karten und<br />
den Belegaustausch im Geldverkehr spielt sie nach wie<br />
vor eine wichtige Rolle. Und auch die nationalsozialistischen<br />
Machthaber erkennen die „abhörsichere“ Rohrpost<br />
als ideales Kommunikationsmittel. 1938 sind alle<br />
sicherheitsrelevanten Institutionen, alle Parteidienststellen<br />
und Ministerien direkt an das Rohrpostnetz angeschlossen.<br />
1939 werden acht Millionen, 1941 sogar 25<br />
Millionen Sendungen befördert. Der maximale Ausbau<br />
des Berliner Stadtrohrpostnetzes wird 1941 mit rund<br />
250 Kilometern Fahr- und 150 Kilometern Luftrohren<br />
erreicht. 91 öffentliche und acht nicht-öffentliche Rohrpoststellen<br />
sind inzwischen unterirdisch vernetzt und<br />
arbeiten fast bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im<br />
Mai 1945. Danach jedoch gleicht Berlin einem Trümmerfeld.<br />
Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur<br />
sind zusammengebrochen, Rohrpostämter und -rohre<br />
sind entweder dem Bombenkrieg oder den Endkämpfen<br />
um die Reichhauptstadt zum Opfer gefallen. Nur<br />
langsam beginnt der Wiederaufbau, da die alliierten<br />
Besatzungsmächte einem Wiederbeleben der Kommunikationsinfrastruktur<br />
zunächst misstrauisch gegenüberstehen.<br />
Doch sie brauchen Kommunikationswege,<br />
und so wird als erste Nachkriegsstrecke die Linie vom<br />
Haupttelegraphenamt (nun im sowjetischen Sektor gelegen)<br />
nach Pankow wieder in Betrieb genommen. Im