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Umnutzung historischer Gebäude Dezember 2011 1 2012

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gemalten Details, die zu einer Entdeckungsreise<br />

für die Augen einladen, auf der gegenüberliegenden<br />

Seite.<br />

Es beginnt im Jahr 1176: Die Stadt entsteht.<br />

Die Darstellung der Holzbauten beruht auf<br />

gesicherten Befunden, Backsteinbauten waren<br />

häufig farbig geschlämmt oder bemalt.<br />

Die Geschichte nimmt ihren Lauf – das Antlitz<br />

der Straße wandelt sich mit den Zeiten.<br />

In 100-Jahres-Schritten werden wir zu einer<br />

Zeitreise eingeladen, die Typisches der Epochen<br />

in Text und Bilddarstellungen zeigt.<br />

Da ist 1276 mit dem großen Brand. Dann<br />

zieht 1376 der Kaiser ein, die Torstraße wird<br />

zur via triumphalis. Wir erfahren vom Alltag<br />

um 1476 in der Straße, das Jahr 1576 führt<br />

die Fahrt zum Richtplatz vor Augen, 1676 einen<br />

Wintertag, 1776 einen friedlichen Sommerabend.<br />

1876: Eine neue Zeit bricht an, Aufbruchstimmung,<br />

Industrialisierung, Gründerzeit.<br />

Immer noch ist die Torstraße ein sowohl<br />

funktionaler wie auch liebevoller Ort der Begegnung<br />

für ihre Anwohner: vom Kochlöffelschnitzer<br />

bis zum Bäckerlehrling, von den<br />

Dienstmädchen bis zu den Fischfrauen und<br />

den feinen Herrschaften, die ihre Kutschen<br />

besteigen und darauf warten, dass das Weinhaus<br />

„Zur Zunft“ öffnet.<br />

So geht es in Zeitsprüngen weiter bis heute:<br />

Nun ist die Straße gesichtslos geworden, hat<br />

mit vielen der alten Häuser ihr Eigenleben<br />

verloren, ihren Charme. Die Bilder zeigen<br />

deutlich, was fortschrittsgläubig und expansionssüchtig<br />

zerstört wurde. Und man wird<br />

traurig beim Lesen und Schauen.<br />

Aber wie gut: Es gibt ein Gegenbild. „Etwas<br />

abseits im Osten der Stadt (…) liegt ein kleiner<br />

Platz, der Fischmarkt. Hier scheint die<br />

Zeit stehengeblieben zu sein. Gut erhaltene<br />

Häuser aus allen Stilepochen umrahmen<br />

ihn.“ Das Schicksal der Torstraße hatte Abrissgegner<br />

auf den Plan gerufen, und es hatte<br />

sich eine Bürgerinitiative gebildet, die kämpferisch<br />

die Erhaltung der alten Häuser am<br />

Fischmarkt forderte. Es wurden Pläne zur<br />

Sanierung erarbeitet, und wagemutige Bauherren<br />

und feinfühlige Architekten ließen,<br />

unterstützt durch eine Stiftung, den Platz in<br />

alter Schönheit erstrahlen und eine harmonische<br />

Umgebung entstehen, einen lebendigen<br />

Ort, wo die Anwohner sich wohlfühlen und<br />

an dem die Fremdenführer mit ihren Rundgängen<br />

gern beginnen. Geprägt nicht von<br />

rührseliger Nostalgie, sondern vom klaren<br />

und deutlichen Wissen um das, was die menschenfreundliche<br />

Dimension von Bauwerkserhaltung<br />

meint. In so einer (Tor-)Straße<br />

lässt es sich besser leben.<br />

Ein Buch, das Jung und Alt zum Lesen und<br />

Vorlesen, zum Entdecken, Schauen und Begreifen<br />

einlädt. Note: sehr gelungen!<br />

Angela Bühring, Dr. Martina Emme<br />

Wege moderner Architektur in<br />

Brandenburg – Ein Reiseführer<br />

zu den Bauten der Weimarer<br />

Republik<br />

architektur in brandenburg − Bauten der Weimarer<br />

Republik<br />

Hg. v. Ulrike Laible,<br />

Braun Publishing, Berlin <strong>2011</strong>,<br />

ISBN 978-3-03768-079-7,<br />

19,90 Euro<br />

Im Rahmen der kürzlich zu Ende gegangenen<br />

Ausstellung „Aufbruch in die Moderne<br />

– Architektur in Brandenburg von 1919 bis<br />

1933“ in Potsdam ist ein Architekturführer<br />

erschienen, der allen Freunden der Architektur<br />

der klassischen Moderne unentbehrlich<br />

werden sollte.<br />

Die Bauten der Moderne vom Anfang des<br />

20 Jahrhunderts bis in die 1930er Jahre hinein<br />

sind seit nunmehr etwa zwanzig Jahren<br />

auch als Denkmale anerkannt, sowohl bei<br />

den Ämtern, obwohl dort lange ungeliebt,<br />

als auch in der Rezeption der Öffentlichkeit,<br />

nicht zuletzt, weil seit 2008 sechs Berliner<br />

Wohnsiedlungen der Berliner Moderne in<br />

die Welterbeliste aufgenommen wurden. Die<br />

Bauten dieser Zeit in den Großstädten Berlin,<br />

Frankfurt a. M., Hamburg, Breslau sind<br />

vielen ein Begriff.<br />

Aber seitab der Metropole Berlin, in der<br />

Provinz, was kennt man da schon: den Einsteinturm<br />

in Potsdam, die Hutfabrik in<br />

Luckenwalde, Kenner vielleicht noch die<br />

Gewerkschaftsschule bei Bernau oder das<br />

Einstein-Haus in Caputh. Touristen mögen<br />

schon einmal am Schiffshebewerk in Niederfinow.<br />

gewesen sein, ohne dessen Entstehungsdatum<br />

zu kennen. Dies alles, weil<br />

diese Bauwerke mit den großen Architekten-<br />

Namen der modernen Architekturgeschichte<br />

verbunden sind.<br />

Doch wer hätte gedacht, dass auf dem<br />

Lande, in den kleinen Städten der Provinz<br />

in den Jahren zwischen den Weltkriegen so<br />

Buchbesprechung<br />

viel qualitätvolle Architektur entstanden ist,<br />

mit demselben sozialen und ästhetischen<br />

Anspruch geplant und errichtet wie in den<br />

Großstädten? Wer kennt die Villa Frank von<br />

Sigmund Freuds Sohn Ernst Ludwig oder<br />

die Modellhäuser aus Kupfer in Eberswalde?<br />

Und wer die Namen der Stadtbauräte, die mit<br />

ihrer engagierten Baupolitik in dieser Zeit<br />

des Aufbruchs das Bild der Kleinstädte prägten?<br />

Ob in Frankfurt a. d. Oder, Potsdam,<br />

Cottbus oder Brandenburg als den größeren<br />

Kreisstädten, ob in Guben, Finsterwalde,<br />

Senftenberg, Forst und wie die anderen kleinen<br />

Städtchen auch heißen mögen, überall<br />

entstanden in dieser Zeit Wohnsiedlungen,<br />

Schwimmbäder, Theater und Schulen. In der<br />

Architektursprache zeigen sie alle Schattierungen<br />

der Moderne. Von expressionistisch<br />

angehauchten Ziegelbauten bis zu klassischweißen<br />

Kuben ist alles zu finden, manches<br />

schon fein restauriert, anderes noch dem<br />

Verfall preisgegeben. Dass diese Architektur<br />

Vorreiter für Berlin gewesen sein soll, wie es<br />

im Vorwort und im Klappentext heißt, mag<br />

ein bisschen zu hoch gegriffen sein, schmälert<br />

aber nicht die Qualität der aufgenommenen<br />

Bauten.<br />

Dies alles dem Vergessen entrissen zu haben,<br />

ist zunächst das Verdienst der Ausstellungskuratorinnen<br />

Dr. Nicola Bröcker und<br />

Dr. Simone Oelker-Czychowski, dann aber<br />

auch von<br />

Ulrike Laible, die diesen Architekturführer<br />

herausgegeben hat. In ihm sind noch mehr<br />

Bauten aufgenommen, als in der Ausstellung<br />

präsentiert wurden. In handtaschen-kompatiblen<br />

Format, mit schöner Typografie und<br />

guten Fotos von Markus Hilbich, teilweise<br />

ergänzt durch historische Aufnahmen und<br />

Zeichnungen, wird jedes Objekt auf einer<br />

Doppelseite präsentiert und in einem Erläuterungstext<br />

beschrieben. Dazu gibt es Informationen<br />

über Möglichkeiten der Besichtigung.<br />

Jedem Kapitel über eine der größeren<br />

Städte ist darüber hinaus eine kurze historische<br />

Einleitung und ein Lageplan mit den<br />

beschriebenen Objekten vorangestellt.<br />

Leider beschränkt sich die Darstellung auf<br />

das heutige Land Brandenburg. Denn auch in<br />

den Gebieten der historischen Provinz Brandenburg<br />

jenseits der Oder gibt es viel zu entdecken,<br />

sei es in Posen/Poznań oder anderen<br />

Städten. Dennoch: eine Reise nach Brandenburg<br />

lohnt immer und mit diesem Reiseführer<br />

umso mehr.<br />

Dazu: Reisekarte zu den vorgestellten Bauten<br />

der Ausstellung „Aufbruch in die Moderne<br />

– Architektur in Brandenburg von 1919<br />

bis 1933“, Hg. Nicola Bröcker und Simone<br />

Oelker-Czychowski, Potsdam <strong>2011</strong>; erhältlich<br />

im Haus der Brendenburgisch-Preußischen<br />

Geschichte in Potsdam.<br />

Annemarie Rothe<br />

Restaurator im Handwerk – Ausgabe 3/<strong>2011</strong> 57

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