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Umnutzung historischer Gebäude Dezember 2011 1 2012

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nenkörben und Bienenmotiven. Eine Recherche ergab,<br />

dass das <strong>Gebäude</strong> von einem Marmeladen- und Honiggroßhändler<br />

errichtet worden war. In Thüringen fanden<br />

wir Fensterbeschläge aus Porzellan, die alle mit unterschiedlichen<br />

Landschaftsminiaturen der Region bemalt<br />

waren. Im Weinbaugebiet Sachsens stießen wir auf Türrosetten,<br />

die mit einer Rebe versehen waren. Dies bestätigt<br />

an konkreten Beispielen die Eingangsthese, dass<br />

Tür- und Fensterbeschläge mit ihren darauf angebrachten<br />

Symbolen immer die geistigen, wirtschaftlichen und<br />

politischen Verhältnisse der Zeit, die Geisteshaltung der<br />

Gesellschaft und des jeweiligen Bauherren widerspiegeln.<br />

Ich bin nun bei der Beschäftigung mit der Materie<br />

auf eine Reihe von Fragestellungen gestoßen, die ich hier<br />

kurz umreißen möchte und damit auch die Grenzen aufzeigen,<br />

an die ich gestoßen bin.<br />

1. Eine Vielzahl von Symbolen stammt aus den unterschiedlichsten<br />

Kulturkreisen. Wir finden auf Beschlägen<br />

Symbole und Formensprachen aus dem ägyptischen,<br />

griechischen, römischen, vorchristlich europäischen wie<br />

auch christlich vorderasiatischen und europäischen Kulturkreis.<br />

Diese Kulturkreise haben aber ein und demselben<br />

Bild, sei es eine Pflanze oder ein Tier, sehr unterschiedliche<br />

symbolische Bedeutungen zugeordnet. Auf<br />

welchen Sinngehalt haben sich Hersteller und Nutzer<br />

des jeweiligen Beschlages bezogen?<br />

Diese Fragestellung gewinnt vor allem zu Beginn des<br />

19. Jahrhunderts an Bedeutung, als, ausgelöst u. a. durch<br />

die napoleonischen Feldzüge nach Italien und Ägypten,<br />

in Europa eine Vorliebe für römische, griechische und<br />

ägyptische Formensprache und Dekoration das kulturelle<br />

Schaffen bestimmt und so Symbole verwandt werden,<br />

die in ihren Herkunftsländern selber jeweils über gänzlich<br />

verschiedene Bedeutungen verfügen.<br />

2. Die Bedeutung von Symbolen unterliegt aber auch<br />

häufig einem Wechsel innerhalb von Zeitepochen. So<br />

kann ein Symbol im ritterlich-feudal geprägten Frühmittelalter<br />

eine ganz andere Bedeutung haben als im<br />

Spätmittelalter für ein nun auf den Plan getretenes kaufmännisch<br />

geprägtes Stadtbürgertum. Exemplarisch sei<br />

hier der Greif angeführt, denn er stellt für diesen Wandel<br />

noch insofern ein extremes Beispiel dar, weil er in<br />

dem sich zunehmend verwissenschaftlichenden Weltbild<br />

der Renaissance nur noch insoweit von Interesse war, als<br />

man seine Nicht-Existenz beweisen wollte.<br />

3. Eine damit eng verbundene Frage ist, ob der Einsatz<br />

eines Symbols eine bewusste Handlung darstellt<br />

oder ob er rein ästhetische Gründe hat. Wenn der geistige<br />

Hintergrund, der dem Betrachter auf Anhieb den<br />

Symbolgehalt präsent werden läßt, nicht mehr allgemein<br />

gegeben ist, stellt sich die Alternative: Haben wir es mit<br />

einer bewussten Anwendung des Symbols oder nur mit<br />

einer Dekoration zu tun? Nach dem in 2. Angeführten<br />

dürfte für die Verwendung des Greif-Motivs in den drei<br />

uns hier interessierenden Kulturepochen nur letzteres<br />

gelten. Bei einigen Beispielen muß man jedoch von einem<br />

bewussten Einsatz des Symbols ausgehen, vor allem<br />

im Bereich der identitätsstiftenden Symbole. Dies traf<br />

bestimmt auf den Weinbauer zu, der einen Türbeschlag<br />

wählte, auf dem Trauben sichtbar sind, wie auch auf den<br />

Honig und Marmeladen-Großhändler, der sein Haus in<br />

Berlin mit Beschlägen ausstatten ließ, auf denen Bienenkörbe<br />

und Bienen dargestellt sind.<br />

Zum Abschluß des 1. Teils dieses Beitrags (die Fortsetzung<br />

folgt im nächsten Heft) seien einige bildlich im<br />

Zusammenhang mit Tür- und Fensterbeschlägen zu<br />

findende Symbole mit ihren wechselnden Sinngehalten<br />

und Verwendungen vorgestellt. �<br />

Löwe:<br />

fand in vielen Epochen bis in die Gründerzeit hinein Verwendung;<br />

galt und gilt in europäischen und vorderasiatischen<br />

Kulturkreisen als König der Tiere, steht für Mut, Kraft,<br />

Wildheit und Weisheit, dient der Abwehr von Dämonen;<br />

ägyptische, syrische und babylonische Tempel wurden von<br />

Löwenskulpturen bewacht; beliebtes Wappentier und Wappenschildhalter;<br />

berühmte Löwenverwendungen: Löwentor<br />

von Mykene, Löwe von San Marco, Braunschweiger Löwe,<br />

Bayerischer Löwe, viele Nationalfahnen tragen den Löwen.<br />

Panther:<br />

häufige Verwendung in der griechischen Antike und in vielen<br />

anderen vorchristlichen Kulturen u. a. als Symbol für Kraft<br />

und List, von der christlichen Kunst hingegen gemieden, da<br />

er als heidnisches Symbol galt; erst wieder im Klassizismus<br />

regelmäßige Verwendung; taucht als Motiv 325/26 n. Chr. auf<br />

einer Münze, die Kaiser Konstantin zeigt, als zu dessen Füßen<br />

liegend auf und ist so als Symbol für die Überwindung heidnischer<br />

Kulte anzusehen, da Konstantin durch sein Toleranzedikt<br />

dem Christentum den Weg ebnete<br />

Muschel:<br />

Sehr beliebtes Motiv aus der Renaissance,<br />

steht für die Geburt und Auferstehung<br />

Restaurator im Handwerk – Ausgabe 3/<strong>2011</strong> 37

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