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Umnutzung historischer Gebäude Dezember 2011 1 2012

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Drachen,<br />

geschaffen von<br />

Didier Pouzol,<br />

Frankreich<br />

Die vergleichsweise<br />

kleinen<br />

Herstellungsmengen<br />

werden<br />

in kleinen<br />

Walzwerken<br />

mit viel Handarbeit<br />

hergestellt.<br />

Hier in den<br />

Forges de Syam<br />

im französischen<br />

Jura, einem Werk<br />

das kürzlich<br />

geschlossen hat.<br />

34<br />

Fachbeiträge<br />

JohanneS angele<br />

Reineisen<br />

�Wer heutzutage ein Geländer, ein Gitter oder<br />

einen Zaun schmiedet, käme nicht auf die Idee, dieses<br />

Kunstwerk unbehandelt im Freien aufzustellen. Sehr<br />

schnell würde sich Rost ansetzen, innerhalb weniger<br />

Jahre wären bleibende Schäden sichtbar, die Korrosion<br />

würde Löcher in das Material hineinfressen, das<br />

Kunstwerk und nicht zuletzt die Sicherheit der Bewohner<br />

oder Besucher wäre gefährdet. Andererseits kennen<br />

wir viele Gitter und andere solcher Eisenbauteile<br />

aus der Renaissancezeit oder gar aus dem Mittelalter,<br />

die offensichtlich unbehandelt sind und Jahrhunderte<br />

überdauert haben. Die schnell verdächtige Luftverschmutzung<br />

unserer modernen Zeit bringt nicht die<br />

eigentliche Erklärung.<br />

Seit rund hundert Jahren wird bei Kunstschmiedearbeiten<br />

handelsüblicher Baustahl eingesetzt, umgangssprachlich<br />

auch als Wald- und Wiesenstahl<br />

ohne besondere Anforderungen bezeichnet. Die Anforderungen<br />

bezüglich Festigkeit werden leicht erreicht,<br />

das Material ist überall günstig und in einer Vielzahl an<br />

Profilen und Abmessungen erhältlich. Doch was ist der<br />

Unterschied zum Eisen als Schmiedewerkstoff früherer<br />

Jahrhunderte?<br />

Der physikalische Unterschied zwischen Eisen<br />

und Stahl ist nur ein Teil der Erklärung: Stahl enthält<br />

zwischen 0,06% und 2,06% Kohlenstoff. Durch<br />

Hinzufügen weiterer Bestandteile, dem Legieren, und<br />

unterschiedlicher Wärmebehandlung können die mechanischen<br />

Eigenschaften von Stahl verändert werden.<br />

Bis zu einem Kohlenstoffgehalt von 0,8% spricht man<br />

von Baustahl, darüber von Werkzeugstahl. Bei niedrigerem<br />

Kohlenstoffgehalt und ohne hinzugefügte Legierungsbestandteile<br />

spricht man von Eisen. Wenn das<br />

Material aus verschiedenen Legierungsbestandteilen<br />

besteht, ergeben sich aufgrund der elektrochemischen<br />

Restaurator im Handwerk – Ausgabe 3/<strong>2011</strong><br />

Das Material der Wahl bei der Restaurierung<br />

geschmiedeter Objekte<br />

Spannungsreihe auch verschiedene Spannungspotentiale<br />

und gegebenenfalls unerwünschte chemische Reaktionen.<br />

Insbesondere seit den Kriegen des 20. Jahrhunderts<br />

wird bei der Stahlherstellung zunehmend Schrott eingesetzt,<br />

und damit gelangen immer mehr und unterschiedlichere<br />

Bestandteile in den Stahl. Damit erhöht<br />

sich auch die Wahrscheinlichkeit von Korrosion. Stahl<br />

wird heute weitgehend aus Schrott hergestellt und enthält<br />

somit eine Vielzahl an Elementen, auch wenn diese<br />

nur in Kleinstmengen vorhanden sind. Die Normen erlauben<br />

für Baustahl grosse Toleranzbereiche bezüglich<br />

Bestandteile und Eigenschaften wie Zugfestigkeit und<br />

Biegefähigkeit.<br />

Für die Restaurierung <strong>historischer</strong> schmiedeeiserner<br />

Werke stellt sich die Frage nach dem richtigen Werkstoff.<br />

Mit handelsüblichem Baustahl sind die meisten<br />

Objekte reproduzierbar, doch es gibt zwei Einschränkungen:<br />

Unbehandelt können diese Werke nicht im<br />

Freien aufgestellt werden. Eine Schutzlackierung oder<br />

eine Feuerverzinkung mit Farbanstrich sind die heute<br />

üblichen Konservierungstechniken. Dies entspricht<br />

nicht mehr dem Originalobjekt. Zum anderen werden<br />

manche Techniken mit Baustahl schwieriger oder gar<br />

nicht umzusetzen sein. Starke Verformungen von Profilen<br />

und insbesondere Blechtreibarbeiten sind mit dem<br />

harten Stahl schwer realisierbar.<br />

Seit rund zwanzig Jahren wird in Frankreich von den<br />

Denkmalbehörden bei vielen Restaurierungsarbeiten die<br />

Verwendung von Reineisen vorgeschrieben. So gibt es in<br />

diesem Land viel Erfahrung mit der Restaurierung unter<br />

Verwendung von Reineisen und entsprechend viele<br />

Beispiele. Herausragend dabei sind der Place Stanilsas in<br />

Nancy, wo mitten in der Stadt Zaun und Tore restauriert<br />

wurden, mit vielen Blättern, die aus Blech getrieben und<br />

später vergoldet wurden.<br />

Das andere Beispiel ist das Schloss von Versailles, wo<br />

in den Jahren 2007 und 2008 ein 80 Meter langer Zaun-<br />

und Torabschnitt komplett erneuert wurde, auch hier<br />

mit viel Vergoldungsarbeiten.<br />

Das Schmiedehandwerk ist bisher mit dem Reineisen<br />

wenig vertraut. Doch bietet es aufgrund seiner Eigenschaften<br />

viele Einsatzmöglichkeiten, die es nicht nur im<br />

Restaurierungsbereich als Werkstoff der Wahl erscheinen<br />

lassen.<br />

Verformbarkeit, geringe Sprödigkeit<br />

Aufgrund des niedrigen Kohlenstoffanteils ist Reineisen<br />

nicht so hart, es lässt sich deutlich leichter verformen<br />

und treiben. Blechtreibarbeiten sind fast so gut möglich<br />

wie mit Kupferblech. Bei Verformungen reißt es nicht so<br />

leicht, es kann weit gedreht und gedrillt werden, ohne<br />

dass es leicht einreißt. Es ist auch gut geeignet, Skulpturen<br />

herzustellen, und lässt sich regelrecht bildhauerisch<br />

bearbeiten.

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