Umnutzung historischer Gebäude Dezember 2011 1 2012
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� Im Landesmuseum für Kultur und Geschichte Berlins<br />
fand 2005 eine Ausstellung über die Königliche Eisengießerei<br />
zu Berlin statt. Dieser Betrieb stellte in der Zeit<br />
seines Bestehens von 1804 bis 1874 so ziemlich alles her,<br />
was aus Eisenguß produziert werden kann, von filigranem<br />
Eisenschmuck über Gegenstände des Alltags und<br />
Architekturbauteile bis hin zu kompletten Brücken. Zu<br />
sehen waren Teller, Vasen, Schalen, Skulpturen, Uhren-<br />
und Schmuckständer, Spiegel und Leuchten, Plaketten<br />
und Schmuck, also alles Dinge, die schon seit Jahrzehnten<br />
wohlbehütet in Museen bzw. Sammlervitrinen aufbewahrt,<br />
gehegt und gepflegt wurden.<br />
Wie verhält es sich mit einer ganzen Reihe von Dingen,<br />
die auch in Eisengießereien gefertigt wurden und<br />
deren Erhalt und Pflege bis heute in hohem Maße gefährdet<br />
ist? Zaunanlagen, Straßenlaternen, Möbel des<br />
öffentlichen Straßenraumes, Gußeisentreppen, Tür-<br />
und Fenstergitter, ebenso Tür- und Fensterbeschläge,<br />
um nur einige zu nennen, werden leider nicht die gleiche<br />
Wertschätzung entgegen gebracht. Als ich die Aussteller<br />
darauf ansprach, wurde ich auf eine bereits geplante Folgeausstellung<br />
dazu hingewiesen.<br />
In der Hoffnung, dass dann Dinge der Alltagskultur<br />
mehr Beachtung geschenkt werden würde, spendete ich<br />
dem Museum ca. 20 verschiedene Fensteroliven, ca. 10<br />
verschiedene Türbeschläge und andere Gießereiteile.<br />
Dafür erhielt ich gleich zwei Dankesschreiben der Museumsleitung.<br />
In der dann 2007 durchgeführten Folgeausstellung<br />
wurde von den gespendeten Objekten eine<br />
Fensterolive gezeigt.<br />
Vor einigen Jahren gelang es mir, eine Sitzbank aus<br />
einer Berliner U-Bahnstation, entworfen von Alfred<br />
Grenander, zu erwerben. Kurz vorher hatte im Berliner<br />
Museum für Verkehr und Technik eine Ausstellung über<br />
Grenander stattgefunden, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
in Berlin der Architekt der U-Bahnhöfe war,<br />
ca. 70 davon hat er gestaltet, jeden in einer anderen Formensprache.<br />
Er entwickelte das Farb- und Lichtkonzept<br />
der Bahnhöfe, entwarf Wandfliesen, Bahnwärter- und<br />
Fahrkartenhäuschen, die eisernen Stützfeiler und eben<br />
auch die Sitzmöbel in einem schlichten Jugendstil.<br />
Die von mir erworbene Bank verfügte über die originale<br />
Holzbeplankung, ebenso war die originale Farbfassung<br />
erkennbar. In dem Katalog der Grenander-Ausstellung<br />
fand sich die Bank abgebildet. Ich bot sie dann<br />
Über 1500<br />
Pigmente<br />
Acrylbinder<br />
Öle<br />
Aquarellfarben<br />
Ölfarben<br />
Acrylfarben<br />
Leinwand<br />
Kremer Pigmente GmbH & Co. KG<br />
Hauptstr. 41 - 47<br />
88317 Aichstetten<br />
+49 7565 91120<br />
www.kremer-pigmente.de<br />
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rainer W. leonhardt<br />
Kolumne<br />
Rettet die Relikte der Alltagskultur!<br />
dem Bröhanmuseum an, welches sich dem Jugendstil<br />
verschrieben hat. Die Bank hätte ein exemplarisches<br />
Jugendstil-Ausstellungsstück mit direktem Bezug zu<br />
Berlin und gleichzeitig Sitzbank im Foyer sein können.<br />
Obwohl das Museum nur 300 Meter von meiner Firma<br />
entfernt liegt, sah man sich die Bank nicht einmal an.<br />
Kurze Zeit später machte eine Gruppe von Sammlern<br />
und Handwerksmeistern dem selben Museum das Angebot,<br />
Objekte für eine Ausstellung über Wohnkultur<br />
des Jugendstil zur Verfügung zu stellen, also Tapeten,<br />
Wandmalereien, Wand- und Bodenfliesen, Sanitärobjekte,<br />
Tür- und Fensterbeschläge, Holzfußböden und<br />
vieles mehr − alles Dinge, die immer mehr verschwinden<br />
und die nur bei privaten Sammlern Beachtung finden.<br />
Die Gruppe erhielt auf ihr Angebot keinerlei Antwort.<br />
Ihre und meine Erfahrung läßt nur einen Schluß zu:<br />
Um Eisenschmuck von Schinkel, Vasen von Galle und<br />
Schmuck von Lalique brauchen wir uns nicht zu sorgen,<br />
sorgen müssen wir uns um die Dinge der Alltagskultur,<br />
die in ihrem Erhalt und ihrer bewahrenden Pflege gefährdet<br />
sind, die immer mehr verschwinden und um die<br />
sich kaum ein Museum kümmert. �<br />
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Restaurator im Handwerk – Ausgabe 3/<strong>2011</strong> 65