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Humor - Dies ist unser Püffki, nur Eingeweihte kennen seine hohen ...

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In der philosophischen Tradition des Zen-Buddhismus werden paradoxe Aussagen systematisch verwendet, um jenen<br />

Zustand des «Nichtbewusstseins» zu erreichen, der von den Regel-Zwängen des Normalitätsprinzips befreit. <strong>Dies</strong>es<br />

«Verrücken» wird in folgendem Zen-Gedicht veranschaulicht:<br />

Wenn ich denke,<br />

dass ich nicht mehr an dich denke,<br />

denke ich immer noch an dich.<br />

So will ich versuchen,<br />

nicht zu denken,<br />

dass ich nicht mehr an dich denke.<br />

Auch Chr<strong>ist</strong>ian Morgenstern hat es me<strong>ist</strong>erhaft verstanden, Paradoxien in Worte zu fassen (und dadurch beim Leser ein<br />

«komisches Gefühl» hervorzurufen). Er erreichte dies dadurch, dass er sich in <strong>seine</strong>n Gedichten an keinerlei «Man muss»-<br />

Regeln hält:<br />

KM 21<br />

Ein Rabe sass auf einem Meilenstein<br />

und rief Ka-em-zwei-ein, Ka-em-zwei-ein...<br />

Der Werhund lief vorbei, im Maul ein Bein,<br />

der Rabe rief Ka-em-zwei-ein, zwei-ein.<br />

Vorüber zottelte das Zapfenschwein,<br />

der Rabe rief und rief Ka-em-zwei-ein.<br />

«Er <strong>ist</strong> besessen!» - kam man überein.<br />

Man führe ihn hinweg von diesem Stein!»<br />

Zwei Hasen brachten ihn zum Kräuterdachs.<br />

Sein Hirn war ganz verstört und weich wie Wachs.<br />

Noch sterbend rief er (denn er starb dort) sein<br />

Ka-em-zwei-ein, Ka-em-zwei-ein.<br />

Zuweilen brach Morgenstern sogar alle semantischen Regeln:<br />

Gruselett<br />

Der Flügelflagel gaustert<br />

durchs Wiruwaruwolz,<br />

die rote Fingur plaustert<br />

und grausig gutzt der Golz.<br />

Damit wird deutlich, dass sich die «komische» Inkongruenzempfindung dann ergibt, wenn der normale «Lauf der Dinge» jäh<br />

unterbrochen wird. <strong>Dies</strong>en unerwarteten Bruch in einer logischen Verbindung bezeichnet man auch als non sequitur. <strong>Dies</strong><br />

belegt das folgende Beispiel von Charney:<br />

«Ich kenne einen alten Kerl aus Neuseeland, der keinen einzigen Zahn im Maul hat. Aber er spielt die Basstrommel besser als<br />

jeder, den ich bisher hörte.»<br />

Woody Allens Nonsens-<strong>Humor</strong> basiert ebenfalls auf dem non sequitur-Prinzip. Hierzu zwei Beispiele:<br />

«Was wäre, wenn alles <strong>nur</strong> eine Illusion wäre und nichts ex<strong>ist</strong>ierte? In diesem Fall hätte ich für meinen Teppich definitiv zu<br />

viel gezahlt!»<br />

«'Benny! Benny!' Eine Mutter ruft nach ihrem Sohn. Benny <strong>ist</strong> sechzehn, aber schon vorbestraft. Mit sechsundzwanzig wird<br />

er auf den elektrischen Stuhl kommen. Mit sechsunddreissig wird man ihn hängen. Mit fünfzig wird er eine eigene<br />

Heissmangel besitzen.»<br />

Non sequiturs finden sich häufig auch im Bereich der unfreiwilligen Komik.<br />

Ein Beispiel <strong>ist</strong> das folgende Gedicht eines schizophrenen Dichters:<br />

Herbstlaub<br />

Der Winter naht.<br />

Die Blätter fallen.<br />

Tag für Tag, die Blumen welken.<br />

Das Laub fällt ab, Tag und Nacht.<br />

Der Herbst beginnt ein Lied zu lallen.<br />

(Nach L. Navratil)<br />

Ein weiteres Beispiel bietet Friederike Kempner (1836 - 1904), die unermüdlich eine eigenwillige Lyrik produzierte. Über<br />

Goethes Faust schrieb sie:<br />

«Oh Faust, du Bild des Menschen,<br />

Bald gross und klar, bald düster wild.<br />

Wer dich gemalt, er war an Kunst ein Riese:<br />

Gigantisch war der Stoff, und nett gelang das Bild!»<br />

Und über den Astronomen Johannes Kepler dichtete sie:<br />

«Du sahest herrliche Gesichte<br />

In finstrer Nacht.<br />

Ein ganzes Blatt der Weltgeschichte:<br />

Du hast es vollgemacht.»<br />

Devi S. Euler greift in der von ihr entwickelten «Lach & Chaos»-Methode systematisch auf paradoxe non sequiturs zurück.<br />

Die Teilnehmer ihrer Seminare bekommen die Aufgabe, «duale Bedeutungen» bestimmter Aussagen zu formulieren. Dabei<br />

ergeben sich widersprüchliche Wertungen, wie zum Beispiel:<br />

«Ich bin eifersüchtig, dadurch spüre ich mich mehr» (= positive Bedeutung)<br />

«Ich bin eifersüchtig, dadurch leide ich mehr» (= negative Bedeutung)<br />

<strong>Humor</strong>.doc angelegt 21.2.02 aktuell 04.08.02 Seite 24/68

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