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34 Markt + Management
Das Feature
Leben mit Kleinigkeiten
Sind Reparaturen am Haus erforderlich, müssen sie nach den energetischen
Vorgaben der EnEV erfolgen, die die Sache verteuern. Es sei denn, es gilt die
„Bagatellgrenze“. Sie ist verschärft worden. Doch: Schärfer kann günstiger sein.
Dirk Labusch, Freiburg
„Alles prüfe der Mensch, dass er ver-
stehe die Freiheit aufzubrechen, wohin er
will.“ Schön, dieses verkürzte Zitat von
Hölderlin. Aber wo gilt es noch? Galt es
je? Zwänge, Karrierechancen, Überlebenskampf,
Freiheit der anderen. Wo bist
du, meine Freiheit?
„Im Eigentum, besonders im Grundeigentum.“
Das meinte bis gestern noch
der Optimist bei Haus & Grund. Doch
der andere, der Realist, wusste es stets
besser. Und er hat Recht. Hinderst du,
oh Haus, mich nicht geradezu daran aufzubrechen?
Und muss ich nicht – Stichwort
Sozialbindung – zusehen, es nur so
zu verwenden, wie es Verordnungen mir
erlauben? Keine Fabrik im Wohngebiet,
dafür Steuern, Abgaben und Nachbarrecht.
Eigentum verpfl ichtet. Frei macht
es eher weniger.
Ein Kind baut sich ein Haus aus
Klötzchen, reißt es ein, baut es wieder
auf. Das ist Freiheit. Bis vorgestern hätte
ich das mit meiner Immobilie auch
tun können. Doch die Camelzeit scheint
vorbei zu sein. Es droht die Energieeinsparverordnung
EnEV.
Risse in der Mauer
Mein Nachbar wachte neulich auf. Risse
in der Mauer. Ganz ganz früher wäre
eine Verputzfi rma vorbeigekommen,
hätte alles ausgebessert, und es wäre
gut gewesen. Nun passierte das aber im
letzten Jahr. Und das Unternehmen, das
im September 2009 vorbeikam, war gut
04 I 2010 www.immobilienwirtschaft.de
Ein Riss kann zu riesigen Reparaturen führen. Es sei denn, es gilt die „Bagatellgrenze“.
drauf. „Man muss den Riss aufstemmen
um ihn fachgerecht reparieren zu können“,
sagte der Mitarbeiter und stemmte.
Nach jeder Seite der Risse 30 Zentimeter.
Ich erschrak als ich das sah. Doch der
Nachbar lächelte. Wirklich, er lächelte!
Ich: „Du bist ein Lebenskünstler, Kurt.“
Er: „Sind doch bloß 17 Prozent …“
Später klärte er mich auf: Nur 17 Prozent
der „Bauteilfl äche“ war nach dem
Abschlagen des Putzes betroff en. „Die
können jetzt repariert werden, ohne dass
die heutigen energetischen Standards
beachtet werden müssen.“ Es galt in die-
sem Zusammenhang die alte „Bagatellgrenze“.
Wären über 20 Prozent der Fläche
betroff en gewesen, hätte Kurt die zu
reparierende Fläche nach den Vorgaben
der EnEV sanieren müssen. Das hätte die
Sanierung viel teurer gemacht.
Bagatellgrenze, die alte
Bis zum 30. September 2009 galt:
Waren damals höchstens 20 Prozent der
Flächen betroffen, konnten die baulichen
Maßnahmen durchgeführt werden, ohne
dass mit der Maßnahme die Wärmeschutzziele
der EnEV erreicht werden mussten.
Foto: Dedyukhin Dmitry/shutterstock