nitiative "~rger - MBWSV NRW
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Planung, Engagement und Selbsthilfe<br />
ein Gespräch mit Jörg Karpowitz und Andreas Hanke<br />
Im Dortmunder Stadtteil Deusen baut ein Verein eine kleine Kirche aus den 20er Jahren in ein Stadtteil- und Kulturzentrum<br />
um. Deusen liegt nördlich des Dortmunder Hafens am Übergang der Nordstadt zur Kanalzone, die als zukünftiger<br />
Emscher Landschaftspark bis zum Schiffshebewerk Henrichenburg führt. Der Stadtteil hat eine ausgeprägte<br />
Ortsidentität und ein dichtes Vereinsleben; beides hat seine Wurzeln in den 20er und 50er Jahren des letzten<br />
Jahrhunderts, als die meisten Wohnungen und Häuser Deusens von Arbeiterfamilien in Selbsthilfe gebaut wurden.<br />
In Deusen wurde seit den 90er Jahren immer wieder über ein Stadtteil- und Begegnungszentrum diskutiert. Als die<br />
evangelische Kirche aufgegeben werden sollte, wurden die Deusener aktiv, um die Kirche als sozialen Mittelpunkt<br />
umzuwidmen und zu erhalten. Sie gründeten eigens für das Projekt einen neuen Trägerverein mit dem beziehungsreichen<br />
Namen „Wir lassen die Kirche im Dorf“. Im Projekt soll gleichzeitig eine Basisstation im Emscher Landschaftspark<br />
entstehen. Zusätzlich zum Umbau der Kirche als Veranstaltungsort werden zwei neue Gebäude im Holzrahmenbau<br />
errichtet; das eine Gebäude nimmt eine Gastronomie auf, das andere wird zum Vereins- und Jugendhaus.<br />
Das Projekt befindet sich 2008 im Bau und wird 2009 fertig gestellt und den Betrieb aufnehmen.<br />
Das Architekturbüro Hanke aus Dortmund ist als Sieger aus einem wettbewerbsähnlichen Planungsverfahren im<br />
Jahr 2006 hervorgegangen. Der Entwurf reagiert auf die Kernfunktionen „Kultur- und Veranstaltungsort“, „Vereins-<br />
und Jugendhaus“ sowie „Gastronomie“ in drei unterschiedlich gestalteten Baukörpern. Der Trägerverein übernimmt<br />
eine aktive Rolle als Bauherr und in der Bauleitung. Als wichtigen Beitrag zur Aufbringung des Eigenanteils zur Förderung<br />
organisiert der Projektträger u.a. gemeinschaftliche bauliche Selbsthilfe. Auf diese drei Besonderheiten wird<br />
der Focus im folgenden Beitrag gerichtet.<br />
Der folgende Beitrag basiert auf einem Gespräch mit Jörg Karpowitz und Andreas Hanke am 2. Mai 2008 während einer<br />
Selbsthilfeaktion in der Kirche Deusen. Das Gespräch führten Anja Ganster und Joachim Boll.<br />
Jörg Karpowitz ist im Vorstand des Trägervereins<br />
und dort neben der allgemeinen<br />
Projektverantwortung im Vorstand speziell<br />
für das Planen und Bauen, später auch für<br />
die Instandhaltung und Pflege der Gebäude<br />
zuständig („Bauminister“). Er hat einen<br />
baufachlichen beruflichen Hintergrund.<br />
Andreas Hanke ist Inhaber des gleichnamigen<br />
Architekturbüros in Dortmund. Er<br />
ist u.a. besonders engagiert in Bau- und<br />
Beteiligungsprojekten. Er und sein Büro<br />
hatten auch die planerische Verantwortung<br />
in einem weiteren „I<strong>nitiative</strong><br />
ergreifen“-Projekt in Dortmund.<br />
Wettbewerbsverfahren aus Sicht einer<br />
Projekti<strong>nitiative</strong><br />
Die Durchführung eines wettbewerbsähnlichen<br />
Planungsverfahrens wurde anfangs von<br />
der Projekti<strong>nitiative</strong> sehr kritisch gesehen nach<br />
dem Motto: „Muss das dann jetzt auch noch<br />
sein?“ Dennoch einigten sich alle Beteiligten<br />
auf das Verfahren. Es wurden Architektur- und<br />
Planungsbüros zur Abgabe von Referenzen aufgefordert,<br />
aus denen die Eignung für diese spezifische<br />
Bauaufgabe aber auch für einen intensiven<br />
Planungs- und Realisierungsprozess mit<br />
einem bürgerschaftlichen Bauherrn hervorgehen<br />
sollten. Vier Büros wurden gemeinsam<br />
ausgewählt und zur Teilnahme am Verfahren<br />
aufgefordert. Sie erarbeiteten Vorschläge, die<br />
sie vor einer Jury vorstellen und begründen<br />
konnten. Die Jury setzte sich aus Vertretern der<br />
I<strong>nitiative</strong> und der Stadt sowie externen Fachleuten<br />
und dem Management „I<strong>nitiative</strong> ergreifen“<br />
zusammen. Die Jury entschied sich<br />
einstimmig für den Entwurf des Büros Hanke<br />
mit der Verpflichtung, diesen auch umzusetzen.<br />
Auch die Projekti<strong>nitiative</strong> bewertet das<br />
Verfahren und das Ergebnis im Nachhinein<br />
sehr positiv, wie Jörg Karpowitz bestätigt: „Es<br />
ist tatsächlich gut, wenn man sich mehrere Alternativen<br />
aufzeigen lässt. Dann wird klar, was<br />
alles möglich ist. Am Anfang meint man ja, es<br />
könne nur eine Lösung geben. Der Entwurf von<br />
Andreas Hanke hat eine klare Botschaft und eine<br />
Strahlkraft für und über Deusen hinaus. Und<br />
er zeigte viele Möglichkeiten der baulichen<br />
Selbsthilfe auf. Ich muss wirklich sagen, dass ich<br />
das am Anfang nicht erwartet habe, aber das<br />
Ergebnis hat uns überzeugt. Inso fern kann ich<br />
auch anderen I<strong>nitiative</strong>n durchaus empfehlen,<br />
sich auf wettbewerbsähnliche Planungsverfahren<br />
einzulassen.“<br />
Planungsverfahren aus Sicht des<br />
Architekten<br />
Der Aufwand, der mit einem Wettbewerbsverfahren<br />
für einen Architekten verbunden ist, ist<br />
in der Regel groß, während die Auftragswahrscheinlichkeit<br />
eher gering ist. Vor diesem Hintergrund<br />
werden derartige Planungsverfahren<br />
von Architekten auch durchaus kritisch gesehen.<br />
Andreas Hanke: „Ich bin eigentlich kein<br />
großer Anhänger von Wettbewerbsverfahren.<br />
Aber natürlich haben sie den immensen Vorteil,<br />
dass vor allem der Bauherr, aber auch die anderen<br />
Beteiligten auswählen können – vergleichbar<br />
mit einer reichhaltigen Karte eines Restaurants,<br />
aus der man das Gericht auswählen kann,<br />
von dem man annimmt, dass es einem am besten<br />
schmeckt.“ Der symbolhafte Entwurf von<br />
Andreas Hanke konnte überzeugen, da dieser