play! - Die Duisburger Philharmoniker
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teilen Sie gegenwärtig die Situation auf dem klassischen<br />
Schallplattenmarkt?<br />
Es gibt diesen Markt nicht mehr in der Breite, in der es<br />
ihn mal gab. <strong>Die</strong> Stückzahlen, an die man früher gewöhnt<br />
war, sind nicht mehr abzusetzen. <strong>Die</strong> Leute kaufen oft<br />
nur noch, was ihnen von den Medien als kaufenswert<br />
vorgehalten wird. Da gibt es große Fernseh-Events, die<br />
mit Musik rein gar nichts mehr zu tun haben, die nur dazu<br />
dienen, dass die Plattenfirmen ihre Künstler bekannt<br />
machen. Vielleicht müssen wir uns in Zukunft angewöhnen,<br />
zu unseren Konzerten ein Köfferchen voll CDs mitzunehmen<br />
und sie selbst zu verkaufen. Vielleicht bietet<br />
auch das Internet mit seinen Download-Angeboten einen<br />
Ausweg. Ich bin da allerdings eher ein Kind der achtziger<br />
Jahre – wenn ich etwas gekauft habe, möchte ich das<br />
auch in der Hand halten können. Für die junge Generation<br />
spielt das im Grunde keine Rolle mehr.<br />
Im Philharmonischen Konzert spielen Sie das große<br />
A-Dur-Konzert KV 488 von Mozart und dirigieren danach<br />
Bruckners „Siebte“. Wie schaffen Sie das – nicht nur<br />
vom Pensum her, sondern auch, was das „multitasking“<br />
betrifft, diese Verschiedenheit der Aktivitäten.<br />
„Multitasking“ ist es ja nur, wenn ich gleichzeitig spiele<br />
und dirigiere. Und das mache ich bei den Mozart-Konzerten<br />
besonders gerne. Es hat viele Vorteile: <strong>Die</strong> Orchestermusiker<br />
können nicht einfach nur begleiten, sie müssen<br />
Aufgaben übernehmen, die sonst der Dirigent hat. Es ist<br />
dadurch eher wie bei der Kammermusik, ein Musizieren<br />
auf gleicher Ebene. Und wenn das Mozart-Konzert<br />
beendet ist und ich in der Garderobe sitze – dann ist es<br />
wie bei jedem anderen Dirigenten auch, der sich auf eine<br />
Bruckner-Sinfonie vorbereitet.<br />
Bei einem Klavierabend im Rahmen der <strong>Duisburger</strong><br />
Kammer konzerte spielen Sie Haydns f-Moll-Variationen,<br />
Beethovens „Appassionata“ und die B-Dur-Sonate von<br />
Schubert – drei absolute Gipfelwerke der Klavierliteratur.<br />
Es ist auch ein zutiefst wienerisches Programm. Alle<br />
drei Komponisten haben einen großen Teil ihres Lebens<br />
in Wien verbracht. Das alte Wien war eine bedeutende<br />
Musikstadt, gewissermaßen der Schmelztiegel der internationalen<br />
Musikszene. Das hat auch eine Tragik: Der<br />
kleine Franz Schubert wurde in der großen Öffentlichkeit<br />
dieser Stadt gar nicht wahrgenommen; erst viel später<br />
hat man erkannt, welches Juwel da übersehen wurde.<br />
Gibt es in diesen Werken einen spezifischen „ Wiener Tonfall“?<br />
Das ist schwer zu sagen. Ich versuche mich dieser<br />
Diskussion immer zu verweigern; man landet da<br />
unweiger lich bei Klischees. Einen spezifischen „Wiener<br />
Tonfall“ kann ich zum Beispiel in der „Appassionata“<br />
überhaupt nicht finden. Vielleicht ein bisschen in der<br />
Schubert-Sonate, und da auch nur, weil das ländlerhafte<br />
Menuett eine gewisse wienerische Note hat. Für mich ist<br />
wichtiger, dass alle drei Werke ganz großartige Konstruktionen<br />
darstellen, es sind Stücke von höchster kompositorischer<br />
Meisterschaft. Haydns f-Moll-Variationen<br />
gehören zum Kunstvollsten, was die Wiener Klassik hervorgebracht<br />
hat.<br />
Sie geben in Duisburg auch einen Liederabend mit dem<br />
international renommierten Bariton Bo Skovhus. Was<br />
verbindet Sie, was schätzen Sie an ihm?<br />
Wir sind alte Freunde. Er ist ein unglaublich ernst hafter<br />
Künstler und ein großer Liedgestalter. Es ist wirklich<br />
ein Vergnügen, mit ihm zu arbeiten, weil alles, was er<br />
tut, mir vollkommen natürlich erscheint. Wir müssen<br />
nie lange diskutieren. Er ist ja inzwischen sehr mit der<br />
Oper beschäftigt, aber früher haben wir 20 bis 30 Liederabende<br />
im Jahr gegeben. Er ist nahezu der einzige<br />
Sänger, mit dem ich das überhaupt mache.<br />
Auf dem Programm steht eine besondere Fassung des<br />
„Schwanengesangs“ von Franz Schubert.<br />
Das ist Bo Skovhus’ eigene Fassung, die wir immer wieder<br />
aufführen. Der „Schwanengesang“ ist ja an sich kein<br />
Zyklus. Da hat einfach ein Verleger Schuberts letzte<br />
unveröffentlichte Lieder zu einem Zyklus zusammengestellt,<br />
der sich für ein Konzertprogramm gar nicht eignet,<br />
auch von der Reihenfolge her. Bo Skovhus hat daher fünf<br />
Lieder nach Texten von Johann Gabriel Seidl hinzugefügt,<br />
die auch in dieser Zeit entstanden sind. So sind es jetzt<br />
drei Gruppen: Seidl, Rellstab – und in der Mitte die Heine-<br />
Gruppe mit den großen Monolithen wie „Der Atlas“, „Ihr<br />
Bild“ und „Der Doppelgänger“.<br />
Bei einem Konzert in der Haniel Akademie spielen Sie<br />
Kammermusik mit Bläsern der <strong>Duisburger</strong> <strong>Philharmoniker</strong>.<br />
Wie kam dieses Projekt zustande?<br />
Das habe ich einfach auf mich zukommen lassen. Es war<br />
der Wunsch des Orchesters, Kammermusik mit Bläsern<br />
zu machen. Ich kenne dieses Repertoire sehr gut; ich<br />
habe es viele Jahre lang bei Tourneen mit dem Ensemble<br />
Wien-Berlin gespielt. Im Beethoven-Quintett fehlt die<br />
Flöte, daher machen wir noch die Schubert-Variationen für<br />
Flöte und Klavier. Und das Poulenc-Sextett ist ein äußerst<br />
publikumswirksames Stück – die Leute lieben es!<br />
Im Internet: www.stefanvladar.com