Die Mitteltemperatur eines nördlichen Seesliegt bei Beginn der sommerlichen Erwärmungtiefer als diejenige eines südlichen(gilt für die nördliche Halbkugel). Weilaber die Dichtedifferenz pro Temperaturgradbeim Wasser mit zunehmender Entfernungvom Dichtemaximum wächst, wirddie gleiche Windarbeit eine bestimmteWärmemenge bei einem nördlicheren See ingrößere Tiefen verfrachten als bei einemsüdlicheren.Zweifellos läßt sich die Kontroverse Ha 1 b -f a ß - F o r e 1 am ehesten durch Vergleich desspezifischen Wärmeumsatzes der Seen abklären.Und tatsächlich liegt dieser, wie Abb. 45 zeigt,im Durchschnitt für die nördlichen Seen höherals für die südlichen (Loch Neß 57 ° 15' undLoch Katrine 56 ° 15', Gerade II). Links vonKurve I (zu kleiner spez. Wärmeumsatz) liegenGenfer- ( 46 ° 21 '), Corner- ( 46 °) undLug<strong>an</strong>ersee ( 46 ° ) sowie See von Bolsena ( 42 °36 ') und Lac de Bourget ( 45 ° 44 ') . Passendie meisten Seen recht gut in unser Schema,so gibt es doch auch bemerkenswerte Ausnahmen,für die wir keine Erklärung geben kön( Loch Morar 56 ° 51 ', Ortasee 45 ° 45 '). DieGründe für etwas zu kleinen Umsatz bei Murten-,Zürich- und Brienzersee wurden weiteroben erörtert, und beim Rootsee vermuten wireinen Einfluß seines meromiktischen Zust<strong>an</strong>des.Leider fehlen uns weitere Unterlagen überdas Temperaturverhalten der schottischen Seen.Vielleicht aber könnte die Erklärung für dasabweichende Verhalten des Loch Morar inseiner Lage gefunden werden. Befindet sichdieser See doch in unmittelbarer Küstennähe,während Loch Neß und Loch Katrin im L<strong>an</strong>desinnernliegen. Zweifellos wirkt Oze<strong>an</strong>itätauch auf den Temperaturg<strong>an</strong>g der Seen ausgleichend.U eher den Grad dieses Ausgleichskonnten wir aber bis heute keine zuverlässigenAnhaltspunkte finden. Bedenken wir, wie vieleFaktoren für die Größe des Wärmeumsatzeseines Sees bestimmend sind, so überrascht dieüberragende Bedeutung, die sich aus Abb. 45für die Größe des Seeareals und daraus für dasAusmaß der Windeinwirkung ergibt. Mitallem Vorbehalt wagen wir dies so zu deuten,daß sich gewisse Faktoren gegenseitig mehr oderweniger kompensieren. Als wichtigste Wärmeliefer<strong>an</strong>tenund -zehrer haben wir zu Beginndieses Abschnittes Strahlung, Verdunstung undDurchflutung gen<strong>an</strong>nt. Es wäre nun denkbar,daß vermehrte Strahlungsintensität vermehrtenWärmeentzug infolge erhöhter Verdunstung zurFolge hätte. Vergleichen wir deshalb die beidenPosten auf ihre Größenordnung.a) Strahlung. S au b e r er [ 58] berechnete diejährliche Strahlungsbil<strong>an</strong>z für den Lunzerseezu 53 670 cal pro cm2. Dieser See entsprichtin bezug auf Meereshöhe (608 m),geogr. Breite ( 4 7 ° 51 ') und Gebirgslagerecht gut den von uns untersuchten Seen,und wir können deshalb wohl <strong>an</strong>nehmen,daß die dort gefundene Strahlungsbil<strong>an</strong>z inder Größenordnung auch für unsere Verhältnissegilt. Der Vollständigkeit halber seierwähnt, daß A 1 brecht für den Sakrowerseeeinen Jahreswert von 30 500cal/cm2f<strong>an</strong>d, was zum Teil mit der höheren geographischenBreite dieses Sees erklärt werdenk<strong>an</strong>n.b ) Verdunstung. Wie bereits erwähnt, nahmH o f e r [ 29] für den Brienzersee im Beobachtungsjahr1947/48 eine jährliche Verdunstungvon 800 mm <strong>an</strong>. Dies würde eineWärmezehrung von 4 7 000 cal/cm2 ergeben.Hofe r stützte sich auf BerechnungenMaurers, der aus Messungen von ZuundAbfluß sowie Niederschlag am Zugerseeeine jährliche Verdunstungshöhe von700-900 mm ermittelte.Henry f<strong>an</strong>d für Huron-, Michig<strong>an</strong>- undErisee 620, 580 und 600 mm. Für die Verdunstunggilt die Da 1 t o n s c h e Formel:V = C. (e 0 - e) (l+0,084 W)Es bedeuten :V VerdunstungC Konst<strong>an</strong>tee Dampfdruck der überlagernden Lufte 0 SättigungsdruckW Windgeschwindigkeit in km/hDa die Differenz ( e 0 -e) für die Verdunstungbestimmend ist, leuchtet ein, daß diesedadurch auch von der Größe des Seearealsabhängig wird. Denn über einer kleinenSeefläche wird die relativ feuchte Luftschon bei kleinerem Windweg erneuert seinals über einer großen. Somit ergibt sich, daßdie Größe des Seeareals auch in dieser Beziehungfür die Wärmebil<strong>an</strong>z eines GewässersBedeutung hat.Da weiter e 0 eine Funktion der Temperaturist, wird bei vermehrter Einstrahlungentsprechend mehr verdunstet. So hatTom 1 ins o n in Bombay eine jährlicheVerdunstungshöhe von 1930 mm auf einerFläche von 10 km2 gefunden.Wir stellen also fest, daß die aus der Strahlungsbil<strong>an</strong>zresultierende und die durch Verdunstungentzogene Wärmemenge größenordnungsmäßigziemlich gut übereinstimmen. Für die Frage,wie weit die zugestrahlte Wärmemenge durchVerdunstung und Ausstrahlung wieder aufgezehrtwird, ist entscheidend, wie rasch dieWärme der Oberfläche durch die Windarbeitentzogen und in tiefere Schichten gearbeitetwird. Da die pro Oberflächeneinheit eingelagerteWärmemenge mit der Größe der Ober-56
fläche zunimmt, die pro cm2 zugestrahlte Energieaber zweifellos von der Flächengröße unabhängigist, liegt die Vermutung nahe, daßsich für die meisten Seen <strong>an</strong> der Oberflächegewissermassen ein « U eber<strong>an</strong>gebot» <strong>an</strong> Wärmevorfindet, und daß, je nach Turbulenzgrad,nur ein Teil für die Auftemperierung der Wassermassenutzbar gemacht werden k<strong>an</strong>n. Damitwird die überragende Bedeutung der Oberflächengrößefür den spezifischen Wärmeumsatzeinleuchtend. Denn die Größe der Oberflächehaben wir ja auch als Hauptfaktor für dieDurchmischungstiefe gefunden. Es muß weitergefolgert werden, daß eine Grenze existiert, beiwelcher die zugestrahlte Wärmemenge <strong>an</strong>genähertvollständig in die Wassermasse hineingearbeitetwird, so daß ein weiteres Angebot<strong>an</strong> Turbulenzenergie keine vermehrte Wärmespeicherungmehr bewirken könnte. Die Frage,ob diese Grenze vielleicht beim Genfersee erreichtist und dieses Gewässer deshalb nach Abb.45 einen im Verhältnis zur Oberfläche zukleinen spezifischen Wärmeumsatz zeigt, lassenwir offen.IV. CHEMISMUSA. Allgemeine ÜberlegungenDas Wechselspiel von Temperaturschichtung undDurchmischung ist von zentraler Bedeutung fürzahlreiche Vorgänge im See. Denn die thermischeSchichtung, die ihre ausgeprägteste Form in derSommerstagnation findet, unterteilt den See in einzelneStockwerke, indem sie den vertikalen Austauschdrosselt oder unterbindet. Das biologischeGeschehen jedes Stockwerkes wird deshalb, sol<strong>an</strong>gedie Schichtung besteht, durch die Qu<strong>an</strong>tität der<strong>an</strong>fänglich vorh<strong>an</strong>denen Stoffe ( z. B. Nährstoffeund Sauerstoff) begrenzt. Erst die Sommerteilundvor allem die Herbstvollzirkulation gleichendie vorh<strong>an</strong>denen Konzentrationsunterschiede wiederaus. Sie führen der Tiefe immer wieder denunentbehrlichen Sauerstoff zu und heben gleichzeitigdie in der Tiefe <strong>an</strong>gereicherten Nährsalze inoberflächennahe Schichten, wodurch diese Schichtengewissermaßen gedüngt werden. Dieser Vorg<strong>an</strong>gk<strong>an</strong>n als ein jährliches «Atemholen» des Seesbezeichnet werden. Einzig der WachstumsfaktorLicht wird von diesen Vorgängen nicht betroffen;er bildet einen «Elementarfaktor». Wir haben deshalbdas Kapitel über die Lichtverhältnisse deruntersuchten Seen <strong>an</strong> den Anf<strong>an</strong>g unserer Betrachtungengestellt. Nachdem nun auch die Temperatur-und Turbulenzverhältnisse und die sich darausergebenden Schichtungen diskutiert wordensind, können wir uns der räumlichen Verteilungund der zeitlichen Veränderung der übrigen Wachstumsfaktorenzuwenden. In erster Linie betrifftdies die Nährstoffe. Diese bestimmen primär dieFruchtbarkeit eines Sees. Sind sie reichlich vorh<strong>an</strong>den,so sprechen wir von einem eutrophen, im <strong>an</strong>dernFall von einem oligotrophen Gewässer. Derdritte Typus, der distrophe See, interessiert unshier nicht, da er in unserer Untersuchungsreihenicht vertreten ist. Nun sind vor allem zwei Nährstoffevon besonderer Wichtigkeit, weil sie meistzuerst aufgezehrt werden und d<strong>an</strong>n den produktionsbegrenzendenMinimumfaktor darstellen,nämlich Nitrat und Phosphat. Wir beschränktenuns deshalb in unseren <strong>Untersuchungen</strong> auf diesebeiden.Durch den Lichtfaktor wird der See in zwei biologischeRäume getrennt, einen oberen, belichtetenund einen unteren, welcher vom Licht nicht erreichtwird. Da das Licht für die Assimilation desPl<strong>an</strong>ktons, also für die biologische Produktion unentbehrlichist, bildet der belichtete Raum die aufbauendeoder trophogene Schicht, der unbelichtetedie abbauende oder tropholytische Zone, in welcherdie absinkenden Pl<strong>an</strong>ktonleichen zersetzt undschließlich mineralisiert werden. Da die beidenRäume während der Zeit der Hauptproduktiondurch die thermische Schichtung getrennt sind,findet zwischen ihnen kein Stoffaustausch statt.Die produzierende Schicht muß deshalb allmählich<strong>an</strong> Nährstoffen verarmen, während die Tiefenzoneinfolge Zersetzung der absinkenden org<strong>an</strong>ischenSubst<strong>an</strong>z eine Anreicherung erfährt. DieNährstoffdifferenz zwischen trophogenem und tropholytischemBezirk gibt deshalb bei Ende derSommerstagnation ein gutes Bild über das Ausmaßder Produktion eines Sees.Ein weiteres, außerordentlich zuverlässiges Produktionskriteriumliefert uns die Sauerstoffkurve einesGewässers. Es wird deshalb oft von eutropher undoligotropher Sauerstoffkurve gesprochen. Th i e -n e m<strong>an</strong> n [69] gebührt das Verdienst, diese Zusammenhängeals erster klar erk<strong>an</strong>nt und cinge-57
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