D E U T S C H E R F IL M P R E IS 2 0 11 - Deutsche Filmakademie
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viel ins Kino gehen. Die sind augenblicklich die<br />
Rettung für deutsche Filme. Dann passt der Film<br />
nämlich wieder durchaus in die eigene Perspektive,<br />
wenn man über 50 ist und sich fragt, wie lange<br />
dauert denn das alles noch?<br />
Suchsland: Ich frage mich, wie man die Kinobetreiber<br />
eigentlich einschätzen muss? Von außen<br />
habe ich den Eindruck, das ist der depressivste<br />
Ort der Branche. Die sind relativ alt, sie meckern<br />
immer und sagen immer, was alles schlecht läuft:<br />
Die Filme sind scheiße, die Kritiken sind scheiße,<br />
das Publikum kommt nicht. Wenn ich dann in<br />
deren Höhlen gehe, in denen zum Teil noch der<br />
Teppichboden von 1967 liegt und die Sessel sind<br />
angenehm durchgesessen – ich mag ja eher so alte<br />
Kinos –, dann weiß ich auch, meine Mutter würde<br />
da nicht reingehen. Sie hat dann Rückenprobleme.<br />
Dabei wäre sie die Zielgruppe 60plus. Wie<br />
kann man daran etwas ändern?<br />
Söffker: Wir verlieren aber seit längerem vor<br />
allem die jüngeren Zuschauer um die 20.<br />
Stehr: Genau. Natürlich gibt es auch viele super<br />
ausgestattete Programmkinos, aber offenbar sind<br />
weder sie noch die Filme für das junge Publikum<br />
interessant. Das Problem ist, dass uns das junge<br />
Arthouse-Publikum fehlt. Ich bin jedes Mal wieder<br />
erschüttert, wenn ich auf internationalen<br />
Festivals Filme schaue und sehe, was es für tolle<br />
Filme für junge Leute gibt. Die modern und unterhaltsam<br />
sind, sich aber auch intensiv mit Problemen<br />
beschäftigen, die geile Musik haben und bei<br />
denen ich weiß: Keine Chance, ich kann die hier<br />
nicht ins Kino bringen. Diese Arthouse-Kinos sind<br />
für die jungen Leute gestorben. Da haben wir alle<br />
etwas verpasst.<br />
Suchsland: Wenn du dir mal nicht die deutschen<br />
Filmcharts anguckst, sondern das, was im Internet<br />
heruntergeladen und was auf DVD ausgeliehen<br />
wird, dann stellst du fest, dass 50 Prozent der<br />
Filme überhaupt nicht in Deutschland starten.<br />
Was die sich angucken, das sind Horror, Splatter-<br />
Kram, asiatische Thriller bis zum Bereich Porno/<br />
Softporno. Ebenso Musikvideo-Filme oder Experimentalfilme<br />
auf YouTube, aber auch Hardcore-<br />
Autorenfilme. Die haben teilweise super Zahlen<br />
im Netz. Umgekehrt verschiedene Komödien, die<br />
auch schräger und schriller sind, und von deutschen<br />
Produzenten nicht hergestellt werden. Wir<br />
haben bestimmte Segmente gar nicht im Kino.<br />
Teilweise weil sie im Fernsehen stattfinden: Genrefilme.<br />
Teilweise auch, weil sie bisher gar nicht<br />
gemacht werden, weil es angeblich nicht funktioniert.<br />
Dazu gehören für mich Horrorfilme, bestimmte<br />
Typen an Thrillern, Science-Fiction. Das<br />
sind jugendaffine Filmtypen. Wenn man dagegen<br />
ins Fantasy-Filmfestival geht oder zum Beispiel<br />
an einen Ort wie „Nippon Connection“ in Frankfurt,<br />
wo nur japanische Sachen laufen, funktioniert<br />
in Zuschauerzahlen super. Das sind dann<br />
zwar nur zwei oder drei Screenings pro Stadt,<br />
aber die sind voll. Wir kennen diese ganzen Verleiher,<br />
Splendid, 3L usw., was die alles rausbringen,<br />
was im DVD-Bereich super geht. Und bei<br />
Festivals natürlich auch. Ich denke, es gibt wahnsinnig<br />
viel, was man ins Kino bringen könnte –<br />
wenn es so, wie es das Kino des Vertrauens der<br />
60-Jährigen gibt, auch ein Kino des Vertrauens<br />
der 20-Jährigen gäbe, dann würde man da die<br />
Leute reinkriegen.<br />
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