Koordinatenmesstechnik als Schlüssel- technologie der - PTB
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<strong>PTB</strong>-Mitteilungen 117 (2007), Heft 4 Themenschwerpunkt • 363<br />
Bestimmung <strong>der</strong> Unsicherheit von Messungen<br />
mit KMG – Status und Ausblick<br />
Heinrich Schwenke 1 , Matthias Franke 2<br />
1 Einleitung<br />
Richtige und zuverlässige Messungen sind eine<br />
wichtige Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige<br />
Industrieproduktion. Mit Messungen<br />
lassen sich arbeitsteilige Produktionsverfahren<br />
realisieren, die Funktionszuverlässigkeit von<br />
Erzeugnissen garantieren und festgelegte Fertigungstoleranzen<br />
überprüfen. Ein Qualitätsmerkmal<br />
einer Messung ist <strong>der</strong>en Messunsicherheit.<br />
Sie kennzeichnet die <strong>der</strong> Messgröße zugeordnete<br />
Streuung <strong>der</strong> Messwerte, die sich aus <strong>der</strong><br />
immer vorhandenen Unvollkommenheit <strong>der</strong><br />
Messmittel, <strong>der</strong> Umgebungsbedingungen und<br />
des Messprozesses ergibt. Der Messunsicherheit<br />
kommt bei <strong>der</strong> Auswahl von Messgeräten, bei<br />
<strong>der</strong> Festlegung von geometrischen Produktspezifikationen,<br />
bei <strong>der</strong> Prozesslenkung und bei<br />
<strong>der</strong> Wareneingangs- und -ausgangsprüfung eine<br />
beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu. Die Unkenntnis <strong>der</strong><br />
Messunsicherheit führt zur Festlegung zu kleiner<br />
Toleranzen, zur Fertigung von fehlerhaften<br />
Teilen und Ausschuss sowie zur Freigabe bzw.<br />
Annahme von mangelhaften Erzeugnissen. Nur<br />
bei Kenntnis <strong>der</strong> Messunsicherheit kann <strong>als</strong>o das<br />
Risiko <strong>der</strong> Nichtübereinstimmung mit gestellten<br />
For<strong>der</strong>ungen realistisch eingeschätzt werden.<br />
Zunehmend wird die Angabe <strong>der</strong> Messunsicherheit<br />
auch in Normen und Richtlinien gefor<strong>der</strong>t.<br />
In <strong>der</strong> DIN EN ISO 9001 in Kapitel 4.11 heißt es<br />
beispielsweise hierzu: „Prüfmittel müssen in<br />
einer Weise benutzt werden, die sicherstellt, dass<br />
die Messunsicherheit bekannt ist.“<br />
2 Aufgabenspezifische Messunsicherheit<br />
Im Allgemeinen werden zur Charakterisierung<br />
<strong>der</strong> Genauigkeit von KMG Grenzwerte o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e pauschal gehaltene Qualitätskriterien in<br />
Spezifikationen angegeben [1, 2]. Diese sind oft<br />
Grundlage für den Nachweis <strong>der</strong> Einhaltung<br />
von Abnahmebedingungen, eignen sich jedoch<br />
nur sehr eingeschränkt für Unsicherheitsabschätzungen.<br />
Die Messunsicherheit muss vielmehr<br />
auf die konkrete Messaufgabe bezogen sein. Sie<br />
muss <strong>als</strong>o neben <strong>der</strong> Aufgabe selbst (z.B. Durch-<br />
messer eines Zylin<strong>der</strong>s, Parallelität zweier Flächen)<br />
auch die verwendete Messstrategie (Zahl<br />
und Verteilung <strong>der</strong> Messpunkte) und alle in dem<br />
jeweiligen Messprozess auftretenden Unsicherheitseinflüsse<br />
berücksichtigen. Diese Messunsicherheit<br />
wird <strong>als</strong> aufgabenspezifische Messunsicherheit<br />
bezeichnet.<br />
3 Methoden zur Ermittlung <strong>der</strong><br />
Unsicherheit<br />
In dem „Leitfaden zur Angabe <strong>der</strong> Unsicherheit<br />
beim Messen“ [3], <strong>der</strong> nach seinem englischen<br />
Titel allgemein auch mit GUM bezeichnet wird,<br />
werden die verbindlichen Grundlagen für die<br />
Ermittlung <strong>der</strong> Messunsicherheit beschrieben.<br />
Ausgangspunkt ist dabei eine mathematische<br />
Modellfunktion y = f (x 1 , x 2 , x 3 ....x m ), die den<br />
Messprozess beschreibt. Sie beinhaltet die<br />
funktionale Abhängigkeit des Messergebnisses<br />
von allen Einflussgrößen. Die Unsicherheit des<br />
Messergebnisses setzt sich demnach aus den<br />
Unsicherheitsbeiträgen dieser Einflussgrößen<br />
zusammen, die sich in <strong>der</strong> durch das Modell<br />
beschriebene Weise auf das Messergebnis auswirken.<br />
Die einzelnen Unsicherheitsbeiträge<br />
können aus wie<strong>der</strong>holten Beobachtungen gewonnen<br />
werden o<strong>der</strong> aus bereits verfügbaren Informationen<br />
(z.B. aus Herstellerspezifikationen<br />
o<strong>der</strong> Kalibrierscheinen) abgeleitet werden. Die<br />
Standardmessunsicherheit des Messergebnisses,<br />
die sich aus Unsicherheiten <strong>der</strong> Einflussgrößen<br />
und <strong>der</strong> Modellgleichung ergibt, wird mit einem<br />
Erweiterungsfaktor k multipliziert, um die Messunsicherheit<br />
auf ein definiertes Vertrauensniveau<br />
umzurechnen. Je größer dieser Faktor ist, desto<br />
größer ist das Vertrauen, dass <strong>der</strong> wahre Wert<br />
<strong>der</strong> Messgröße in dem durch das Messergebnis<br />
und die erweiterte Messunsicherheit U angegebenen<br />
Werteintervall liegt. Wird z.B. k = 2 gewählt,<br />
beträgt dieses Vertrauensniveau bei einer angenommenen<br />
Normalverteilung 95%. Ein vollständiges<br />
Messergebnis y ± U besteht <strong>als</strong>o aus dem<br />
Ergebnis y <strong>der</strong> Messung und <strong>der</strong> Angabe <strong>der</strong><br />
Messunsicherheit U zusammen mit dem gewähl-<br />
1 Dr. Heinrich Schwenke<br />
Vorstand etalon AG,<br />
Braunschweig<br />
E-Mail:<br />
heinrich.schwenke@<br />
etalon-ag.de<br />
2 Dipl.-Ing.<br />
Matthias Franke<br />
Mitarbeiter <strong>der</strong> <strong>PTB</strong>-<br />
Arbeitsgruppe „Koordinatenmessgeräte“<br />
E-Mail:<br />
matthias.franke@ptb.de