Koordinatenmesstechnik als Schlüssel- technologie der - PTB
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<strong>PTB</strong>-Mitteilungen 117 (2007), Heft 4 Themenschwerpunkt • 367<br />
Die Anzahl <strong>der</strong> Simulationsläufe muss so groß<br />
gewählt werden, dass eine ausreichend hohe<br />
Aussagesicherheit <strong>der</strong> aus diesen Ergebnissen<br />
ermittelten Messunsicherheit gewährleistet ist.<br />
Bei einer Stichprobengröße von 200 und einem<br />
Vertrauensniveau von 95% schwanken die<br />
Ergebnisse <strong>der</strong> so ermittelten Unsicherheit U<br />
noch in einem Bereich von ungefähr ± 5%<br />
von U, was <strong>als</strong> ausreichend genau angesehen<br />
werden kann.<br />
Die Simulation entspricht einem realen Experiment,<br />
in dem an einem bekannten Werkstück<br />
eine große Anzahl von Messungen unter allen<br />
wahrscheinlichen Messbedingungen durchgeführt<br />
wird, und ist damit in gewisser Weise<br />
vergleichbar mit <strong>der</strong> in Abschnitt 3.2 vorstellten<br />
Methode.<br />
4 Das „Virtuelle KMG“<br />
Die numerische Simulation des Messprozesses<br />
wurde unter dem Schlagwort „Virtuelles KMG“<br />
in <strong>der</strong> <strong>PTB</strong> im Rahmen eines EU-Projektes [12]<br />
mit an<strong>der</strong>en Partnern für die Messung von<br />
prismatischen Werkstücken auf KMG umgesetzt.<br />
Das „Virtuelle KMG“ ist mittlerweile <strong>als</strong><br />
Softwaremodul von zwei deutschen Anbietern<br />
erhältlich [13,14]. Im Folgenden sind die Grundzüge<br />
des „Virtuellen KMG“ kurz beschrieben.<br />
4.1 Einflussgrößen<br />
Das Virtuelle KMG modelliert das Abweichungsverhalten<br />
von KMG mit kartesischen Achsen<br />
und kann folgende Einflussgrößen berücksichtigen:<br />
Abweichungen des KMG<br />
• Systematische Abweichungen <strong>der</strong> Führungen<br />
(21 Abweichungskomponenten)<br />
• Abweichungen durch thermische Einflüsse<br />
(thermische Verformung <strong>der</strong> Führungen,<br />
thermische Ausdehnung <strong>der</strong> Maßstäbe)<br />
• Abweichungen durch Drift<br />
• Abweichungen aus dem Antastvorgang<br />
(Abweichungen durch die Einmessung <strong>der</strong><br />
Taststifte, richtungsabhängige Abweichungen<br />
durch das Tastsystem, Abweichungen<br />
durch Verwendung mehrerer Taststifte)<br />
Abweichungen durch das Werkstück<br />
• Thermische Ausdehnung des Werkstücks<br />
• Rauheit <strong>der</strong> Oberflächen<br />
Als weitere Einflussgrößen auf die Messunsicherheit<br />
von Koordinatenmessungen sind die<br />
Messstrategie (Anzahl, Verteilung <strong>der</strong> Messpunkte)<br />
und die Auswertung <strong>der</strong> Messgrößen<br />
(Algorithmus, Verknüpfungsoperationen) zu<br />
nennen. Diese werden automatisch berücksichtigt,<br />
da die geräteeigene Auswertesoftware in die<br />
Simulationen einbezogen ist (vergl. Bild 2).<br />
Die oben erwähnten Einflussgrößen müssen<br />
messtechnisch bestimmt o<strong>der</strong> auf Basis von verfügbaren<br />
Daten abgeschätzt werden. So werden<br />
z.B. zur Ermittlung <strong>der</strong> Führungsabweichungen<br />
kalibrierte Kugel- o<strong>der</strong> Lochplatten eingesetzt<br />
[8], die in mindestens vier Stellungen mit unterschiedlichen<br />
Taststiften gemessen werden<br />
– eine sehr effektive Methode, die mittlerweile<br />
bei KMG-Herstellern in <strong>der</strong> Qualitätssicherung<br />
und bei <strong>der</strong> laufenden Überwachung von KMG<br />
Eingang gefunden hat.<br />
4.2 Simulation des Messprozesses<br />
Wie schon bisher werden zunächst bei <strong>der</strong> Messung<br />
von Werkstücken auf KMG Antastpunkte<br />
gesammelt und geometrisch ausgewertet. Der<br />
hierzu gehörige „klassische“ Datenfluss ist in<br />
Bild 2 schwarz dargestellt. Neu ist, dass nun<br />
die gemessene Punktemenge zusätzlich durch<br />
das Virtuelle KMG verarbeitet wird. Diese Software<br />
produziert n Punktemengen, die jeweils<br />
durch Simulation unterschiedlicher Zustände<br />
<strong>der</strong> KMG-Geometrie, des Tastsystems und <strong>der</strong><br />
Umgebungsbedingungen entstehen. Jede dieser<br />
Punktemengen wird – mit Hilfe <strong>der</strong> Herstellersoftware<br />
– ausgewertet, so dass sich n „virtuelle”<br />
Ergebnisse für jeden gemessenen Parameter<br />
ergeben. Aus diesen n Ergebnissen wird dann<br />
durch die in Abschnitt 3.3 beschriebene Vorgehensweise<br />
eine Unsicherheit U(y) ermittelt, die<br />
im Messprotokoll angegeben werden kann<br />
(s. Bild 2, grauer Datenfluss).<br />
Für den Anwen<strong>der</strong> stellt sich das Verfahren<br />
so dar, dass im Anschluss an die Messung durch<br />
die Herstellersoftware automatisch die Simulationen<br />
durchgeführt werden und im Messprotokoll<br />
zusätzlich zu dem Messergebnis die<br />
zugeordnete Messunsicherheit ausgegeben wird.<br />
Dadurch ist erstmalig ein komplexes Messgerät<br />
realisiert, mit dem ein „vollständiges“ Ergebnis<br />
in <strong>der</strong> Form y ± U erzeugt werden kann.<br />
Voraussetzung ist eine Auswertesoftware,<br />
die fehlerfrei und ohne signifikanten Unsicherheitsbeitrag<br />
arbeitet. Ein erster Schritt, Software<br />
für die <strong>Koordinatenmesstechnik</strong> zu validieren,<br />
wurde mit dem <strong>PTB</strong>-Test für die Berechnung von<br />
Ausgleichselementen [15] beschritten.<br />
4.3 Einfluss von Form und Rauheit<br />
Auf den Einfluss <strong>der</strong> Form und Rauheit <strong>der</strong><br />
zu messenden Werkstücke soll hier beson<strong>der</strong>s<br />
eingegangen werden. Zu Recht wird dieser Einfluss<br />
vielfach <strong>als</strong> wichtiger Unsicherheitseinfluss<br />
in <strong>der</strong> <strong>Koordinatenmesstechnik</strong> aufgeführt. Er<br />
resultiert daraus, das von einem Merkmal immer<br />
nur einzelne Punkte erfasst werden, obwohl<br />
das Merkmal durch seine gesamte Oberfläche<br />
definiert ist [6]. Ein ideales Messgerät müsste<br />
<strong>als</strong>o unendlich viele Punkte über die gesamte