Koordinatenmesstechnik als Schlüssel- technologie der - PTB
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398 • Themenschwerpunkt <strong>PTB</strong>-Mitteilungen 117 (2007), Heft 4<br />
2 Funktionsprinzip <strong>der</strong> industriellen<br />
Computertomographie<br />
Das Prinzip <strong>der</strong> Tomographie wurde auf zahlreiche<br />
Gebiete <strong>der</strong> Naturwissenschaften und<br />
<strong>der</strong> Technik übertragen. Beispiele hierfür sind<br />
Anwendungen in <strong>der</strong> Astronomie [6], <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />
[7] und <strong>der</strong> Chemietechnik [8]. In <strong>der</strong><br />
industriellen Prüftechnik wurden ab ca. 1985<br />
spezielle CT‑Bauformen entwickelt, die sich<br />
in ihrem Aufbau von heutigen medizinischen<br />
CT‑Systemen deutlich unterscheiden. Bei <strong>der</strong><br />
medizinischen CT rotieren Röntgenquelle(n) und<br />
Detektorsysteme um den auf einer Liege befindenden<br />
Patienten. Im Gegensatz dazu rotiert bei<br />
industriellen CT‑Bauformen das zu untersuchende<br />
Messobjekt auf einem Drehtisch, während<br />
Röntgenröhre und Detektor stationär sind.<br />
Man kann die industrielle CT anhand <strong>der</strong><br />
Ausführung <strong>der</strong> Röntgenquellen und <strong>der</strong> Achsen-<br />
und Detektorgeometrie in eine Makro-CT<br />
für große Bauteile [9] und eine Mikro‑CT [10]<br />
für kleine Bauteile einteilen. Bei <strong>der</strong> Mikro‑CT<br />
wird durch geeignete Röntgenröhren mit sehr<br />
kleinen Brennflecken und <strong>der</strong> Positionierung<br />
des untersuchten Bauteils nahe am Brennfleck<br />
eine geometrische Vergrößerung erreicht. Die<br />
erreichbare Auflösung wird hier durch die Größe<br />
des Brennflecks limitiert. Darüber hinaus gibt es<br />
die Hochenergie-CT mit Linearbeschleunigern<br />
(LINAC) [11] o<strong>der</strong> radioaktiven Quellen für den<br />
Ultra-Makro Bereich sehr großer und stark absorbieren<strong>der</strong><br />
Bauteile wie z.B. 35 cm Gusseisen<br />
bei bestimmten Graugusszylin<strong>der</strong>köpfen sowie<br />
die Synchrotron‑CT [12], die hauptsächlich für<br />
wissenschaftliche Anwendungen (z.B. Nutzung<br />
des Phasenkontrasts) und für kleinste Bauteile<br />
benutzt wird. Erste Röntgenquellen mit Nanofokus‑Röntgenröhren<br />
(d.h. Brennflecken kleiner<br />
1000 nm) sind seit kurzem kommerziell verfügbar<br />
und werden das Einsatzspektrum <strong>der</strong> industriellen<br />
CT in naher Zukunft für kleinere Bauteile<br />
erweitern. Die Hauptanwendungen <strong>der</strong> industriellen<br />
CT sind die zerstörungsfreie Prüfung und<br />
die vollständige Erfassung insbeson<strong>der</strong>e von<br />
inneren Geometrien mit einer außerordentlich<br />
hohen Messpunktdichte.<br />
Es gibt mehrere industriell gebräuchliche<br />
CT-Bauformen, wie die planare, die 2D- und die<br />
3D‑CT, die nach ihrem Messprinzip unterschieden<br />
werden. Die planare CT [7], die auch <strong>als</strong> Tomosynthese<br />
bezeichnet wird, ist die digitale Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> klassischen Laminographie,<br />
bei <strong>der</strong> anstatt von analogem Filmmaterial ein<br />
digitaler Detektor zusammen mit <strong>der</strong> Röntgenröhre<br />
um das Messobjekt kreist. Prinzipbedingt<br />
können hier nur wenige Objektschichten gemessen<br />
werden. Daher ist dieses Verfahren nur mit<br />
Einschränkung eine 3D‑Messtechnik und findet<br />
bisher hauptsächlich im Bereich <strong>der</strong> Prüfung<br />
von Leiterplatinen Anwendung. Bei <strong>der</strong> 2D‑CT<br />
(Bild 1) wird das Bauteil mit einem Fächerstrahl<br />
in einer flachen Schicht durchstrahlt und die<br />
geschwächte Strahlung mit einem Zeilendetektor<br />
gemessen [13]. Die vollständige 3D‑Erfassung<br />
des Bauteils erfolgt hier durch eine gemeinsame<br />
vertikale Verschiebung von Röntgenquelle<br />
und -detektor und durch aufeinan<strong>der</strong> folgende<br />
Messung benachbarter Schichten (Bild 1). Die<br />
Verwendung von 2D-CT Spiral-Rekonstruk-<br />
tionsverfahren, wie seit einigen Jahren in <strong>der</strong><br />
Medizin, ist in <strong>der</strong> Industrie noch ein relativ junges<br />
Verfahren und befindet sich aktuell noch in<br />
<strong>der</strong> Erprobungsphase [14].<br />
Bild 1:<br />
Prinzip <strong>der</strong> industriellen 2D-CT. Das Messobjekt wird<br />
von einem Fächerstrahl durchstrahlt und auf einen<br />
Zeilendetektor abgebildet<br />
Bei <strong>der</strong> 3D‑CT (Bild 2) wird das gesamte Bauteil<br />
von einem Kegelstrahl durchstrahlt [15]. Die<br />
Röntgenprojektionen werden mit einem Flachdetektor<br />
gemessen. Eine vertikale Verschiebung<br />
von Quelle und Detektor wie bei <strong>der</strong> 2D‑CT ist<br />
nicht nötig.<br />
Bild 2:<br />
Prinzip <strong>der</strong> industriellen 3D-CT. Das Messobjekt wird<br />
von einem Kegelstrahl durchstrahlt und auf einen<br />
Flachdetektor abgebildet<br />
Im Anschluss an die Aufzeichnung <strong>der</strong> Projektionen<br />
durch den Röntgendetektor erfolgt die<br />
numerische Rekonstruktion <strong>der</strong> 3D‑Geometrie<br />
des Bauteils. Das Bauteil liegt danach in binärer<br />
Form <strong>als</strong> räumlich diskretisierte und in Grauwerten<br />
quantisierte 3D‑Datenstruktur vor. Die<br />
Elementarzellen dieser Datenstruktur werden<br />
Voxel (Synonym für „Volumetric Pixel“) genannt.<br />
Die Grauwerte <strong>der</strong> Voxel sind durch die<br />
physikalische Wechselwirkung <strong>der</strong> Röntgenstrahlung<br />
mit Materie ein Maß für die Verteilung<br />
<strong>der</strong> Elektronendichte im Messobjekt.