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GESUNDHEITSPOLITIK<br />
Elektronische Gesundheitskarte<br />
Maus:.KostenNutzenAnalyse.zur.E-Card.übertrifft<br />
die.schlimmsten.Befürchtungen<br />
»Es kann noch Jahre dauern, bis auf der<br />
elektronischen Gesundheitskarte Behand<br />
lungsdaten abrufbar sind«, warnt der<br />
Informatiker Thomas Maus. Ein Projekt,<br />
das so weit in Verzug sei, solle man sofort<br />
stoppen. Warum Maus die ECard so<br />
fürchtet, lesen Sie hier im Interview.<br />
änd: Herr Maus, die kürzlich veröffentlichte<br />
Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) der<br />
Unternehmensberatung Booz, Allen,<br />
Hamilton zur elektronischen Gesundheitskarte<br />
hat Ihre schlimmsten Befürchtungen<br />
bestätigt – und nicht nur,<br />
weil Kosten von bis zu sieben Milliarden<br />
Euro in den ersten fünf Jahren drohen.<br />
Warum?<br />
Maus: Bestätigt und in vielem sogar<br />
noch übertroffen. Keine der geplanten<br />
Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte<br />
war demnach für die<br />
Kosten-Nutzen-Analyse ausreichend<br />
spezifiziert – noch nicht einmal der Versichertenstammdatendienst,<br />
den man<br />
eigentlich schon von der herkömmlichen<br />
Krankenversichertenkarte her<br />
beherrschen müsste. Es kann noch Jahre<br />
dauern, bis auf dieser Karte Behandlungsdaten<br />
abrufbar sind. Ein Projekt,<br />
das so weit in Verzug ist – die ersten<br />
Test, mit größerem Funktionsumfang<br />
als jetzt, waren ja immerhin für den<br />
Herbst 2004 angesetzt –, sollte man<br />
sofort stoppen. Zumal ausweislich der<br />
Kosten-Nutzen-Analyse jedes Jahr vergebliches<br />
Warten auf die E-Card Verzicht<br />
erhebliche E<strong>ins</strong>parungsmöglichkeiten<br />
gekostet hat: Denn Versichertenbild<br />
und Verax-Prüfliste, die wohl beide<br />
den Versichertenkartenmissbrauch<br />
erheblich eindämmen könnten, kommen<br />
wegen der »immer demnächst<br />
fertigen« E-Card nicht zum E<strong>ins</strong>atz.<br />
Im Übrigen wird darüber in der Presse<br />
auch immer wieder falsch berichtet:<br />
92 · ZKN mit teiluNgeN · 2 | 2007<br />
Es heißt, die E-Card werde bereits in einigen<br />
Regionen getestet. Doch augenscheinlich<br />
wird keine der ursprünglich<br />
geplanten Anwendungen getestet,<br />
weder der Versichertenstammdatendienst<br />
mit Online-Prüf- und Korrekturmöglichkeiten<br />
und schon gar nicht<br />
das eRezept oder der eArztbrief. Es soll<br />
anscheinend nur getestet werden, ob<br />
die e-Card als altbekannte Krankenversicherungskarte<br />
e<strong>ins</strong>etzbar ist – mit<br />
den identischen Daten und den identischen<br />
Mängeln und Problemen.<br />
änd: Im Moment sieht es nicht so aus,<br />
als würde die Karte gestoppt. Gehen wir<br />
also davon aus, die Karte kommt mit all<br />
ihren Anwendungen. Was macht Ihnen<br />
am meisten Sorge?<br />
Maus: Sehr erschreckend finde ich<br />
zum Beispiel, dass – laut Kosten-Nutzen-Analyse<br />
– die Krankenkassen einen<br />
breitbandigen Zugriff auf Patientendaten<br />
bekommen sollen. Es soll augenscheinlich<br />
eine eigene, direkte »wide<br />
area network«-Verbindung zwischen<br />
dem Dienstleister, der beispielsweise<br />
die Patientenakte verwahrt, und den<br />
Krankenkassen geben. Haben die Kran-<br />
Thomas Maus<br />
foto: zKn-archiv<br />
kenkassen mehr Bedarf auf Patientenakten<br />
zuzugreifen als Praxen und Kliniken?<br />
Wozu bitte?<br />
Erschreckend finde ich auch, dass<br />
man sich – laut KNA – gegen Barrierefreiheit<br />
entschieden hat. Wer also beispielsweise<br />
blind oder sehbehindert ist,<br />
hat ganz einfach Pech gehabt. Er muss<br />
dann dafür sorgen, dass andere seine<br />
Daten freigeben oder sperren. Meine<br />
Meinung: das ist ein menschenverachtender<br />
Alptraum.<br />
änd: Kritiker der E-Card fürchten,<br />
dass im Epidemiefall das System kollabiert.<br />
Glauben Sie das auch?<br />
Maus: Sollte der in der KNA beschriebene<br />
Epidemiefall auf die dort<br />
beschriebene Infrastruktur treffen,<br />
wird es, nach meiner E<strong>ins</strong>chätzung,<br />
unvermeidlich zum totalen Systemkollaps<br />
kommen.<br />
änd: Ärzte fürchten vor allem den<br />
enormen Zeitaufwand durch die E-Card.<br />
Ist schon klar, wieviel Zeit es kosten wird,<br />
beispielsweise Röntgenbilder der Patienten<br />
oder ähnliches hochzuladen?<br />
Maus: In diesem Bereich ist so vieles<br />
ungeklärt, dass es nicht lohnt, darüber<br />
zu spekulieren – die reinen Ladezeiten<br />
kann sich jeder anhand der in der Praxis<br />
verfügbaren Bandbreite ausrechnen.<br />
Spannender ist schon, ob der Patient<br />
– genauer seine e-Card – dabei anwesend<br />
sein muss. Noch spannender<br />
ist allerdings die Frage, ob und in welchem<br />
Umfang Bilddiagnostik überhaupt<br />
zu Verfügung stehen wird. Dies<br />
ist nämlich laut KNA – und entgegen<br />
der allgemeinen Medienberichterstattung<br />
– durchaus noch offen: Je größer<br />
die Datenvolumina der ePatientenakten,<br />
desto unwirtschaftlicher wird die<br />
Gesundheitstelematik. Vollumfänglicher<br />
E<strong>ins</strong>atz von Bilddiagnostik wird<br />
nur in der Maximalvariante angenommen,<br />
die sich nicht amortisiert.<br />
änd: Vielen Dank für das Gespräch.<br />
www.facharzt.de, 12.1.2007 l