PS 09/2016
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01 Ross ohne Reiter. Letzterer sitzt<br />
gerade im Medical Center und isst Eis<br />
02 Von irgendwoher kommen ungesunde<br />
Geräusche. Sind es die Zündkerzen<br />
oder droht ein Motorschaden?<br />
Aufatmen, am Ende ist es nur eine<br />
Dichtung im Bereich der Airbox, die<br />
nicht richtig sitzt<br />
03 Teamchef Uli, Manni und André<br />
beim Zaubern. In kürzester Zeit ist die<br />
R6 wieder fit<br />
04 Dank des Data Recordings lassen<br />
sich die Gründe für fast alles herausfiltern,<br />
was draußen auf der Strecke<br />
passiert 05 „Siehst du die stark voneinander<br />
abweichenden Drehzahlen<br />
von Vorder- und Hinterrad? In diesem<br />
Moment hattest du sie verloren“<br />
01 03<br />
02<br />
04<br />
05<br />
Geschenkt gibt es höchstens<br />
mal Dinge wie ein Eis. Ich sitze<br />
im belgischen Zolder im<br />
Medical Center und esse ein<br />
Cornetto Haselnuss. Der freundliche<br />
Sani hat es mir lächelnd in die Hand<br />
gedrückt, als er mit der Familienpackung<br />
unterm Arm an mir vorbei<br />
in Richtung seiner Kollegen läuft.<br />
Es schmeckt nicht so richtig, weil ich<br />
nicht genau weiß, wie stark meine Maschine<br />
beschädigt ist, von der ich etwa<br />
fünf Minuten zuvor abgeflogen bin –<br />
Highsider auf Start/Ziel. Quasi ein Klassiker.<br />
Das Hinterrad verlässt wie in<br />
Zeitlupe den Zustand eines für mich<br />
noch kontrollierbaren Rutschers und<br />
ich weiß: den fängst du nicht mehr. Augenblicke<br />
später liege ich rücklings auf<br />
den Curbs und warte, bis mein System<br />
wieder hochfährt. Einundzwanzig,<br />
zweiundzwanzig…na also, der Datensatz<br />
meiner Festplatte scheint unbeschädigt.<br />
Die Hardware müsste bis auf<br />
starke Prellungen an der linken Hand<br />
und noch viel stärkere im Bereich der<br />
rechten Gesäßhälfte auch okay sein.<br />
Bevor ich ins Safety Car bugsiert werde,<br />
erhasche ich einen Blick auf meine<br />
R6. Die Streckenposten lehnen sie gerade<br />
an die Leitplanke. Oh Baby, hoffentlich<br />
geht es dir gut! Mir fällt ein<br />
schlauer Satz meines Kumpels Aaron<br />
ein. In weiser Voraussicht meinte er<br />
bereits Wochen vor dem heutigen Tag:<br />
„Du wirst im Cup am Limit fahren, und<br />
irgendwann findest du es halt auch.“<br />
Daran habe ich nie gezweifelt. So<br />
ist das eben in diesem Sport. Trotzdem<br />
könnte ich mich schwarz ärgern. Der<br />
Plan, mich mit einer schnellen Rundenzeit<br />
im zweiten Qualifying auf eine gute<br />
Startposition zu stellen, ging gründlich<br />
daneben. Yamaha-Cup fahren ist einfach<br />
eine irre Nummer. Wenn eine ordentliche<br />
Zeit im ersten Qualifying gelingt,<br />
kann man Gift darauf nehmen, dass<br />
das gesamte Feld im zweiten Qualifying<br />
nochmals einen drauflegt. Jetzt stehe<br />
ich auf Startplatz 26, weit weg von meinen<br />
eigenen Erwartungen und den ersehnten<br />
ersten Punkten.<br />
Früher hat es mich beim Downhill<br />
fahren oder beim Skaten öfters auf die<br />
Klappe gelegt. Die Frage ist immer,<br />
wie geht man mit einem Crash um? Ich<br />
„DU WIRST IM<br />
CUP AM LIMIT<br />
FAHREN, UND<br />
IRGENDWANN<br />
FINDEST DU ES<br />
HALT AUCH“<br />
finde einen Sturz nicht schlimm, solange<br />
ich weiß, warum ich abgestiegen bin.<br />
Da fällt es leichter, direkt danach weiterzumachen.<br />
In diesem Fall kenne ich<br />
den Grund genau. Die Linie war falsch<br />
und ich hätte dem neuen Reifen noch<br />
eine weitere Runde geben sollen, anstatt<br />
gleich drauflos zu ballern. Mit der<br />
Brechstange klappt´s halt nicht.<br />
Vor unserem Zelt kommt Joachim mit<br />
meiner R6 angefahren. Für einen kapitalen<br />
Highsider sieht die Yamaha erstaunlich<br />
gut aus. Ein neuer Gaszug<br />
wird fällig. Außerdem müssen der Lenkerstummel<br />
rechts, der Bremshebel und<br />
74 <strong>PS</strong> 9/<strong>2016</strong>