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Kranich-03-2016

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n Aus dem Geschwader n<br />

Parallelgesellschaften<br />

Dieses Wort löst bei<br />

vielen Menschen Vorbehalte<br />

und Ängste<br />

aus. Reflexartig denkt<br />

man an die Themen Migration<br />

und Integration.<br />

Schnell wird ein Gespräch<br />

hierzu von den<br />

Themen Scheitern oder<br />

Zurückfallen hinter gesetzte<br />

Zielvorgaben bestimmt<br />

sein. Bestimmt<br />

haben Sie solche Gesprächsverläufe auch in<br />

Erinnerung.<br />

Doch eines scheint völlig vergessen. Ich<br />

denke an einen Ausspruch von Bade, der im<br />

Wesentlichen die Existenz von Parallelgesellschaften<br />

verneint. Begründet wird dies<br />

durch das Fehlen entscheidender Merkmale.<br />

Dies sind unter anderem:<br />

- monokulturelle Identität: Wer mit offenen<br />

Augen und Geist versucht sich ein Bild unserer<br />

Gesellschaft zu machen, der merkt<br />

sehr schnell, wie vielgestaltig, vielfältig und<br />

bunt unser Zusammenleben ist. In Deutschland<br />

pflegt man dies ja auch gerne, indem<br />

man betont, dass Föderalismus und kulturelle<br />

Vielfalt der Regionen zu Deutschland gehören.<br />

- freiwilliger und bewusster sozialer Rückzug<br />

in Siedlung und Lebensalltag: Wie freiwillig<br />

sich Menschen in ein eigenes Milieu zurückziehen,<br />

bleibt fraglich. Wenn man erlebt, wie<br />

sehr der Zuzug von Menschen mit Migrationshintergrund<br />

in die Nachbarschaft häufig<br />

unerwünscht ist, versteht man, dass diesen<br />

meist nur der Zuzug in für sie offenstehende<br />

Viertel bleibt. Mit Freiwilligkeit und bewusster<br />

Abgrenzung hat das in den seltensten<br />

Fällen zu tun.<br />

- wirtschaftliche Abgrenzung: Ich erlebe<br />

auch hier meist eine differente Wirklichkeit.<br />

Vor allem die wirtschaftliche und soziale Situation<br />

dieser Menschen macht ihnen eine<br />

entsprechende, zum Mittel der anderen<br />

Menschen ähnliche Lebensweise schwer.<br />

Das verbindet diese mit jenen Menschen,<br />

die aus anderen, oft finanziellen Gründen zurückstecken<br />

müssen. Das allerdings macht<br />

diese Herausforderung nicht geringer.<br />

Was unsere deutsche Gesellschaft betrifft,<br />

so scheint der Begriff immer dort aufzutauchen,<br />

wo Menschen, die sich selbst als "Mitte"<br />

und als "normal" bezeichnen, durch die<br />

Begegnung mit anderen herausgefordert sehen<br />

und dies nicht als Chance, sondern als<br />

Bedrohung deuten.<br />

Daher hat es mich ebenso irritiert wie irgendwie<br />

auch amüsiert, als ich hier im UNIFIL-<br />

Einsatz Soldaten hörte, die von Parallelgesellschaften<br />

im Einsatzkontingent sprachen.<br />

Es gäbe zum einen die SUG, die System-<br />

Unterstützungs-Gruppe.<br />

Dann die Gruppe der Einsatzwehrverwaltung,<br />

in der unter anderem Menschen Dienst<br />

leisten, die im normalen Grundbetrieb zu<br />

Hause als Zivilisten dienen. Der Stab war eine<br />

weitere Gruppe und letztlich sei da ja<br />

auch noch die Gruppe der "Seefahrer", die<br />

sich sowieso zu keiner der andern Gruppen<br />

hinzugesellen könnten - die seien ja nochmals<br />

ganz eigen. Es gäbe noch weitere<br />

Gruppen: Den Sicherungszug, die Soldaten<br />

im Libanon, etc.<br />

Es ist wahr: Hier gibt es Gruppen, deren Erscheinungsbild<br />

und Dienstleitung von deren<br />

gemeinsamen Herausforderung oder den ihnen<br />

gestellten Aufgaben mitbestimmt wird.<br />

Die einen beispielsweise fahren halt zur See<br />

und die anderen bezwingen eine Flut von<br />

Papier. Bedenklich wird es aber, wenn daraus<br />

eine unterschiedliche Wertigkeit oder<br />

Wichtigkeit der Kameraden und Mitarbeiter<br />

abgeleitet wird und all das, was gemeinsam<br />

ist und verbindet, in Vergessenheit zu geraten<br />

scheint.<br />

Dabei ist es wie mit unserer Nation: Es gibt<br />

eben nicht nur Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Ohne Bayern und andere wäre es nicht unser<br />

gemeinsames Deutschland! Unserer<br />

Identität - auch als Bundeswehrangehörige -<br />

ist nur in Vielgestaltigkeit und im Zusammenwirken<br />

aller denkbar.<br />

Ich wünsche uns allen, als Angehörige der<br />

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