Z - DAS ZOAR-MAGAZIN Ausgabe 4 2016
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Menschen & Geschichten<br />
Familie kam erst an zweiter Stelle“,<br />
so Martina Degen. Und: „Im Kreise<br />
der Familie wurde immer nur über<br />
Zoar gesprochen. Als Kind habe ich<br />
das gehasst“. Dies war der Preis für<br />
ein Leben im Idyll, etwas abgeschottet<br />
von der Außenwelt. Der Grund:<br />
Leben und Arbeiten waren eins. Es<br />
gab keine Trennung zwischen privatem<br />
und beruflichem Bereich. „Wir<br />
hatten alles auf unserem Berg“, sagt<br />
sie; zum Beispiel eine Minigolf-Anlage<br />
und ein Frei- und ein Hallenbad.<br />
„Darum haben uns viele Gleichaltrige<br />
beneidet“. Und: „Wir Kinder konnten<br />
uns auf dem Berg völlig frei bewegen.<br />
Die Erwachsenen sind ihrer<br />
Arbeit nachgegangen, bei der wir<br />
auch oft dabei waren“. Der Kontakt<br />
zu den Kindern aus Rockenhausen<br />
sei zögerlich verlaufen. „Es war ja<br />
auch ein weiter Weg.“ Erst ab der<br />
sechsten Klasse sei der Kontakt intensiver<br />
geworden. „In dem Alter<br />
durften wir den Berg schon mal allein<br />
hoch und runter laufen“, erinnert<br />
sich Martina Degen.<br />
Emotionale Verbundenheit<br />
Seitdem haben sich die Zeiten gewandelt.<br />
Ein Leben ohne die strikte<br />
Trennung zwischen Privat- und Berufsleben<br />
könnte sich Martina Degen<br />
heute nicht mehr vorstellen.<br />
Dafür genießt sie ihre Freizeit und<br />
den Rückzug ins Private zu sehr; wie<br />
übrigens die meisten Arbeitnehmer<br />
in der modernen Arbeitswelt. Gern<br />
verbringt die Zoar-Mitarbeiterin ihre<br />
Freizeit mit Nico, einem dreijährigen<br />
Havanesen. Beim Interview liegt der<br />
hübsche Hund mit langhaarigem,<br />
weißem Fell unter ihrem Stuhl und<br />
wartet brav bis Frauchen mit dem<br />
Familienfoto mit der neugeborenen<br />
Martina Degen im Arm der Mutter<br />
Marie-Louise Schmidt (links); auf dem<br />
Foto sind außerdem zu sehen (v.l.n.r.)<br />
Ella Schmidt, Otto Schmidt sen. mit<br />
Carlo Schmidt auf dem Schoß, Otto<br />
Schmidt jun. und Rosel Schmidt (außerdem<br />
ein Gast der Familie)<br />
Erich Rose: Erinnerungen an früher – ein Interview<br />
Erich Rose leitet den Fachbereich Altenhilfe im Evangelischen<br />
Diakoniewerk Zoar. Auch er wuchs auf dem<br />
Inkelthalerhof auf, wo er zusammen mit seinen Eltern<br />
in einer Dienstwohnung wohnte.<br />
A. Koch: Wie haben Sie damals als Kind in der Familie<br />
Weihnachten gefeiert?<br />
E. Rose: Die Teilnahme am Gottesdienst in der Zoar-<br />
Kapelle auf dem Inkelthalerhof war damals ein schöner<br />
Brauch. Dort versammelten sich zum Festgottesdienst<br />
viele Bewohner sowie die auf dem Inkelthalerhof lebenden<br />
Familien. Die Kirche war voll. Für uns Kinder waren<br />
das schöne Erlebnisse der Gemeinsamkeit, allerdings mit<br />
dem Haken, dass die Eltern nach dem Gottesdienst fast<br />
immer noch zum Dienst eingeplant waren. Da wurden<br />
zum Beispiel die verschiedenen Weihnachtsfeiern der<br />
Bewohner besucht. Erst danach zog man sich ins Private,<br />
in seine eigene Familie, zurück.<br />
Erich Rose (rechts) mit<br />
seiner Mutter Rita Rose<br />
A. Koch: Hatten Sie damals unter den Bewohnern richtige<br />
Freunde beziehungsweise Spielkameraden?<br />
E. Rose: Wir lebten unmittelbar im Wohnumfeld der Bewohner.<br />
Viele Freizeitaktivitäten unternahm man zusammen,<br />
zum Beispiel Ausflüge,<br />
Feiern, sportliche<br />
Unternehmungen. Selbstverständlich<br />
ergaben sich<br />
dabei auch Freundschaften.<br />
A. Koch: Wie hat es sich für Sie angefühlt, mit dem Bus<br />
vom Berg zur Schule gefahren zu werden?<br />
E. Rose: Seitens der Beförderung war es schon etwas<br />
Besonderes in einem eigenen Bus gefahren zu werden.<br />
Wir Kinder wurden in einem Bus von Zoar, der auch anders<br />
genutzt wurde, in die Schule gefahren und wieder<br />
abgeholt. Zeitweise wurden wir allerdings auch von Mitschülern<br />
gehänselt, da der Bus mit dem Logo der „Aktion<br />
Sorgenkind“, wie es damals noch hieß, gekennzeichnet<br />
war und somit klar war, wo wir herkommen beziehungsweise<br />
wohnen.<br />
A. Koch: Welche Erlebnisse besonderer Art hatten Sie mit<br />
Gleichaltrigen, die auch auf dem Inkelthalerhof gewohnt<br />
haben; sowohl positiv als auch negativ?<br />
62 Zoar-Magazin 4 | <strong>2016</strong>