Verbesserung des öffenlichen Personennahverkehrs für ... - Mobia
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3. Empirische Analyse<br />
Gleichstellung der Geschlechter und Behinderter auf der Ebene von Bund und Ländern<br />
In rechtlicher Hinsicht wurde in Westdeutschland 1957 mit dem Gleichberechtigungsgesetz ein großer Schritt<br />
getan. Dieses bezog sich zunächst ausschließlich auf eine Gleichberechtigung von Frauen gegenüber Männern<br />
und nicht, wie das heutige Gleichstellungsgesetz, auf generelle Gleichstellung (vgl. FRAUEN & GE-<br />
SCHICHTE BADEN-WÜRTTEMBERG 2000 und BMJ 2002 c). In der Änderung von 1994 <strong>des</strong> Art. 3 Abs.<br />
2 Grundgesetz (GG) wird dann nicht nur festgestellt: »Frauen und Männer sind gleichberechtigt.« (Art.3 Abs.<br />
2 S.1), sondern der Staat wird ausdrücklich in die Pflicht genommen, »die tatsächliche Durchsetzung der<br />
Gleichberechtigung von Frauen und Männern« zu fördern und »auf die Beseitigung bestehender Nachteile«<br />
hinzuwirken (Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG) (vgl. PETRA-KELLY-STIFTUNG 2002).<br />
Den aktuellen Gesetzestext zur Gleichstellung bietet das Grundgesetz <strong>für</strong> die Bun<strong>des</strong>republik Deutschland<br />
vom 23.5.1949 (BGBl. I S. 1), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 26.7.2002 in Artikel 3:<br />
»(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.<br />
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der<br />
Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.<br />
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner<br />
Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt<br />
oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. «<br />
Dieses Gesetz erweitert die Gleichstellung in Absatz 3 erheblich. Das Geschlecht ist nur eines »weiterer<br />
tatsächlicher Verschiedenheiten zwischen den Menschen« (STRASSMAIR 2001:150), unter denen<br />
Gleichstellung gegeben sein soll. Ganz ausdrücklich werden hier auch Behinderte genannt. Die Verpflichtung<br />
zur Gleichstellung ist auch Inhalt einiger Bun<strong>des</strong>gesetze im Bereich der Sozialgesetzgebung, z.<br />
B. <strong>des</strong> Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) von 2002 (BEAUFTRAGTE DER BUNDESRE-<br />
GIERUNG FÜR DIE BELANGE BEHINDERTER MENSCHEN).<br />
Von besonderer Relevanz ist das sogenannte Gleichstellungsdurchsetzungsgesetz (DGleiG) <strong>für</strong> die Bun<strong>des</strong>verwaltung.<br />
Nach § 2 DGleiG müssen alle Beschäftigten in der Bun<strong>des</strong>verwaltung, insbesondere Führungskräfte,<br />
die Gleichstellung von Frauen und Männern fördern; diese Aufgabe ist durchgängiges Leitprinzip<br />
in allen Aufgabenbereichen (PETRA-KELLY-STIFTUNG 2002).<br />
Nachdem die Europäische Union im Mai 1999 die Mitgliedstaaten zu einer aktiven Gleichstellungspolitik im<br />
Sinne <strong>des</strong> Gender Mainstreaming verpflichtete, folgte im Juni 1999 das Bun<strong>des</strong>kabinett: Gleichstellung von<br />
Frauen und Männern wird zum durchgängigen Leitprinzip der Bun<strong>des</strong>regierung bestimmt und soll durch die<br />
Strategie <strong>des</strong> Gender Mainstreaming gefördert werden (PETRA-KELLY-STIFTUNG 2002). In § 2 der Gemeinsamen<br />
Geschäftsordnung der Bun<strong>des</strong>ministerien ist die Verpflichtung aller Ressorts festgelegt, diesen Ansatz bei<br />
allen politischen, normgebenden und verwaltenden Maßnahmen der Bun<strong>des</strong>regierung zu beachten.<br />
Die Verfassungsdiskussionen in den neuen Ländern nach der Wiedervereinigung führten zu der Grundgesetzreform<br />
von 1994, in deren Folge auch die meisten alten Länder dem Beispiel der neuen Länder<br />
folgten und Änderungen zum Behindertenschutz in ihre Verfassungen aufnahmen.<br />
Bereits 1998 wurde von der Lan<strong>des</strong>regierung in Niedersachsen beschlossen, Geschlechterpolitik in alle<br />
Ressorts der Lan<strong>des</strong>regierung zu integrieren, im Jahr 2000 folgten Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und<br />
Mecklenburg-Vorpommern, 2001 Hamburg, 2002 Bremen (PETRA-KELLY-STIFTUNG 2002) und<br />
Baden-Württemberg am 09.Juli 2002 (SOZIALMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG 2002).<br />
Seit dem 14. August 2006 gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (BMJ 2006). Ziel <strong>des</strong> Gesetzes<br />
<strong>des</strong> Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, <strong>des</strong><br />
Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, <strong>des</strong> Alters oder der sexuellen Identität<br />
zu verhindern oder zu beseitigen. (...).<br />
In § 2 wird der Anwendungsbereich definiert. Demnach sind »Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten<br />
Grund (…) nach Maßgabe dieses Gesetzes« unzulässig z. B. in Bezug auf arbeitsrechtliche Bereiche, Sozialschutz<br />
und Bildung. Ein Bereich, der <strong>für</strong> die Datenerhebung und Beteiligung im ÖPNV relevant sein könnte,<br />
ist in § 2 (8) angesprochen: der »Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit<br />
zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.« (BMJ 2006). Hier fehlen momentan noch-<br />
Beispiele gerichtlicher Entscheidungen, um die Rechtslage abschließend beurteilen zu können.<br />
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