Verbesserung des öffenlichen Personennahverkehrs für ... - Mobia
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2. Das ÖPNV-Angebot <strong>für</strong> mobilitätseingeschränkte Personengruppen<br />
schnittlich fünf bis 15 Kilometer am Tag <strong>für</strong> die ältesten Personen« (INFAS/DIW 2004:115). Mit dem Alter<br />
nimmt die Zahl der Mobilitätsbehinderungen zu, insbesondere bei Männern (vgl. ARNDT 2005, PFAFF 2004).<br />
Es wird zu klären sein, ob es eine rechtliche Basis <strong>für</strong> die Erhebung differenzierter soziodemografischer<br />
Daten gibt und wie Statistiken damit umgehen (Kap. 3). Werden alle Nutzergruppen <strong>des</strong> ÖPNV entsprechend<br />
ihren Anteile analysiert? In welchem Zusammenhang stehen die Anforderungen an den ÖPNV mit<br />
Beeinträchtigungen der Mobilität? Ermöglicht eine differenzierte Erhebung gegenüber einer geschlechtsdifferenzierten<br />
Datenerhebung einen breiteren politischen Konsens und wie könnte eine (geschlechts-)<br />
differenzierte Datenerhebung im ÖPNV gefördert werden (Kap. 5)? Wie steht es um die Kenntnis über die<br />
Nichtnutzer (vgl. PLANUNGSBÜRO VIA EG 2002)?<br />
Der Aspekt repräsentativer Erhebungen im Sinne <strong>des</strong> Gender Mainstreaming<br />
Grundsätzlich könnte Gender Mainstreaming mit dem Gleichstellungsgebot eine Chance <strong>für</strong> alle bisher<br />
benachteiligten Gruppen, also auch mobilitätseingeschränkte Personengruppen sein. Es bietet den rechtlichen<br />
Rahmen und fordert konkret geschlechtsdifferenzierte Datengrundlagen und die Einbeziehung der als<br />
benachteiligt identifizierten Gruppen (KOM 1997) ein.<br />
Im Gegensatz dazu erweist sich die genderdifferenzierte empirische Datenlage in Deutschland als spärlich<br />
(HAMILTON 2000, SPITZNER 2005, ARTENS 2001, 2002, NDP 2001). »Auswertungen aus den repräsentativen,<br />
verschiedene Räume und Raumtypen umfassenden und kontinuierlicher angelegten Erhebungen,<br />
etwa die im Auftrag <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verkehrsministeriums zum Verkehrsverhalten der Bevölkerung (KONTIV<br />
und ihre Neuerungen) u. a., weisen erhebliche Defizite hinsichtlich Gender-Aspekten auf.« Kritisiert wird,<br />
dass »keine Daten verfügbar (sind), die gruppenspezifisch differenzierend die Vielfalt weiblicher Lebenslagen<br />
erhellen. Es fehlen Daten, die Fragestellungen nach Mobilitätszusammenhängen von hauswirtschaftlicher<br />
bzw. Versorgungsarbeit sowie nach Zugang zu Daseinsvorsorge-Zielen angemessen belichten und sich<br />
auf die Verkehrs-Infrastrukturgestaltung beziehen lassen« (vgl. BECKER 2002). HAMILTON (2000:5)<br />
spricht <strong>für</strong> England von »missing key statistics« und bemängelt zusätzlich das Fehlen von Zeitreihen. Die<br />
Studie Mobilität in Deutschland (INFAS/DIW 2002) hat laut SPITZNER »zwar <strong>Verbesserung</strong>en eingeführt,<br />
diese beheben den strukturellen Mangel an Transparenz über differenzierte Genderfragestellungen allerdings<br />
nur graduell, nicht systematisch und keineswegs gezielt« (SPITZNER 2005:31 f.). »Auch wenn sie oft<br />
nicht als Bestandteil <strong>des</strong> wissenschaftlichen Erkenntnisstands <strong>des</strong> jeweiligen Sachzusammenhangs rezipiert<br />
werden, sind differenzierte Gender-Analysen zu „Verkehr“ nunmehr seit mehr als anderthalb Jahrzehnten in<br />
großer Breite und mit z. T. erheblichen Konkretionsgraden verfügbar« (dies. 2005:23).<br />
Abgesehen von einer genderorientierten/-differenzierten Datenerhebung und der Entwicklung von Gender-<br />
Indikatoren sind folgende Fragen <strong>für</strong> eine »systematische Gender-Analyse zu Beginn eines Planungsprozesses<br />
zu bearbeiten: Sind mehr Frauen oder mehr Männer betroffen? Sind Frauen und/oder Männer unterschiedlich<br />
betroffen, gibt es andere Auswirkungen? Sind Informationen, Fortbildung, Förderung so gestaltet,<br />
dass <strong>für</strong> Frauen wie Männer der gleiche Zugang gesichert ist? Sind Frauen repräsentiert und beteiligt?<br />
Wirken Rahmenbedingungen, z. B. gesetzliche Regelungen, eventuell nach Geschlecht unterschiedlich?<br />
Kommen Haushaltsmittel Frauen wie Männern gleichermaßen zugute?« (FRIEDRICH 2006:12 f., in:<br />
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG 2006). SPITZNER (2002:61) sieht es als besonders problematisch an,<br />
dass »die sozialen Auswirkungen und Implikationen (von Mobilität) in der Verkehrssystementwicklung<br />
kaum bekannt und erst recht nicht systematisch untersucht (werden), wie sich noch jüngst durch die Studie<br />
»Soziale Aspekte von Mobilität« der Enquetekommission »Zukunft der Mobilität« <strong>des</strong> Landtags Nordrhein-<br />
Westfalen (Enquetekommission 2000) herausstellte« (SPITZNER 2002:60 – 61). So entspricht nach<br />
STRIEFLER die Trennung der Daseinsgrundfunktionen, wie sie im Raumordnungsgesetz vorgegeben ist,<br />
nicht »dem weiblichen Lebenszusammenhang«. Dies führe wiederum dazu, „dass Planungsfolgen nicht<br />
vollständig wahrgenommen werden“, d. h. <strong>für</strong> alle Lebensbereiche betrachtet werden. So müsse z. B. bei der<br />
Planung eines Gewerbegebiets auch die Verkehrsplanung einbezogen werden, um eine möglichst autofreie<br />
Erreichbarkeit zu sichern, auch die Abwicklung <strong>des</strong> Lieferverkehrs gelte es zu berücksichtigen.<br />
Gelinge dies nicht, habe dies Auswirkungen auf den öffentlichen Raum, die Verkehrsmittelnutzung und die<br />
Lebensqualität. In der Folge steige auch die Begleitmobilität an, weil durch die erhöhte Verkehrsbelastung<br />
eine Gefährdung der Kinder angenommen würde (STRIEFLER 1998:88). »Bei Planungen in einem Bereich<br />
sollte je<strong>des</strong> Mal geprüft werden, welche Folgen in allen anderen Lebensbereichen zu erwarten sind.<br />
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