SPORTaktiv August 2018
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ausdrückliche Erlaubnis des Grundeigentümers. Das<br />
Wetter ist hochsommerlich warm, keine Gewitter<br />
oder Regenschauer blinken auf der App. Frage: Wie<br />
bekommt man genauere Wetterinfos?<br />
20.49 UHR. Schwitzend und hungrig erreichen wir<br />
unser Ziel, eine Almwiese mit liebevoll renovierter<br />
Hütte. Unter uns beleuchten die ersten Lichter die<br />
Dämmerung des steirischen Mürztales. Die Hütte<br />
ist verlockend, wir lassen sie aber links liegen und<br />
schlagen die Zelte daneben auf. Kollege K. macht<br />
das fachmännisch. Aber: Hätten wir den Hammer<br />
zum Einschlagen der Zeltheringe nicht zufällig bei<br />
der Hütte gefunden (Luxus! Sagen die Kollegen<br />
später), wer weiß, wie das Abenteuer ausgegangen<br />
wäre. Auf einen Hammer haben wir einfach vergessen.<br />
Auf der Feuerstelle (Luxus! Sagen die Kollegen<br />
später) lodert dank fertiger Holzscheite (Luxus!<br />
Sagen die Kollegen später) rasch das Feuer. Fragen:<br />
Wie viel Luxus braucht man? Wie und was isst man<br />
ohne offenes Feuer?<br />
21.18 UHR. Es wird finster und empfindlich kalt. Das<br />
Feuer spendet Licht, Wärme und ist jetzt so weit<br />
niedergebrannt, dass wir zum Abendessen schreiten.<br />
Die Kids hatten wir mit Taschenmessern losgeschickt,<br />
um Steckerl zu besorgen. Darauf wickeln<br />
wir jetzt Pizzateig-Streifen, spießen Frankfurter,<br />
Bratwürstel, Käsekrainer und (Achtung Geheimtipp)<br />
Chili-Braune auf. Männer und Feuer, was braucht<br />
es mehr für einen gelungenen Abend? Es schmeckt<br />
jedenfalls fantastisch im Vier-Hauben-Lokal unter<br />
freiem Himmel. Die neugierigen Kühe von der Weide<br />
nebenan ziehen sich zurück, es wird ruhig. So ruhig,<br />
dass neben dem Knistern des Feuers nur noch ein<br />
Geräusch zu hören ist: Die Käsekrainer pfeifen! Ein<br />
untrügliches Zeichen, dass der Käse heiß und die<br />
Würstel fertig sind. Die Kinder wiehern vor Lachen.<br />
Ach ja, Senf und Ketchup wären jetzt ein Hit, vergessen.<br />
Der Abend endet für die Kinder mit der Frage:<br />
Müssen wir heute Zähne putzen?<br />
5.00 UHR. Erster Versuch, den Sonnenaufgang zu<br />
fotografieren, schlägt fehl. Alles grau in grau, Sonne<br />
schläft noch. Wir hauen uns wieder aufs Ohr.<br />
5.29 UHR. Hektisches Ruckeln an den Reißverschlüssen<br />
von Schlafsack und Zelt. „Schnell, die Sonne!“<br />
Der Blick nach Osten zeigt den Horizont, wo im Grau<br />
langsam ein oranger Punkt erscheint. Die Kamera ist<br />
mit dem Farbenspiel und der Lichtquelle fast überfordert,<br />
für die Kinder ist es der erste Sonnenaufgang,<br />
den sie bewusst erleben. „Schöööööön.“ Erstaunlich,<br />
wie schnell uns die ersten Sonnenstrahlen wärmen,<br />
zum Aufbleiben ist es aber noch zu früh, noch<br />
einmal in die Waagrechte. Frage: Wie und wo kann<br />
man für seinen Standpunkt den genauen Zeitpunkt<br />
des Sonnenaufganges eruieren?<br />
8.05 UHR. Wir werden wach, weil es im Zelt schon<br />
fast unerträglich heiß ist. Schwitzend schälen wir<br />
uns aus den Schlafsäcken. Ist über Nacht denn eine<br />
subtropische Hitzewelle über uns hereingebrochen?<br />
Zelt auf, Gott sei Dank nicht, eine frische Bergbrise<br />
verweht die stickige Luft des Nachtlagers. Tief<br />
durchatmen. „Was gibt’s zum Frühstück?“, fragen<br />
unsere jungen Begleiter wie aus einem Mund und<br />
schnell folgt die Erkenntnis, dass die tollen Papis<br />
zwar an Feuerzeug, Bier und Taschenmesser gedacht<br />
haben, nicht aber daran, dass zu morgendlicher<br />
Stund ein kleiner Snack auch nicht schlecht<br />
wäre. Wir hungern. Frage: Fehlten weiblicher Touch<br />
und Fürsorge bei unserem Männertrip?<br />
9.20 UHR. Die Zelte sind abgebaut, alles zusammengeräumt<br />
(wieder was vergessen: ein Müllsack!) und<br />
die Rucksäcke sind abermals zum Zerreißen beladen.<br />
Viele Eindrücke beschäftigen uns, als wir ins Tal<br />
hinunterwandern und uns beim Bauernhof noch einmal<br />
für das Ermöglichen unseres Mikroabenteuers<br />
bedanken. Es bleibt nur eine Frage: Wann machen<br />
wir das wieder?<br />
0.20 UHR. Wir löschen das Feuer und auch Kollege<br />
K. und ich wollen uns gerade in die Schlafsäcke<br />
wickeln, als uns vom Tal unten ein dumpfer Knall<br />
irritiert. Wir denken an Schüsse eines Jägers. Dann<br />
wieder, vier, fünf Mal. Wir legen uns hin. Dass wir in<br />
der Früh die Nachricht aufs Handy bekommen, in der<br />
Stadt unten seien in einem brennenden Haus Munition<br />
und Wurfgranaten aus dem 2. Weltkrieg explodiert,<br />
gibt der Definition von „Abenteuer“ eine ganz<br />
neue Seite. Frage: Wann und wo könnte eine Nacht<br />
tatsächlich gefährlich sein?<br />
Foto: Christoph Heigl<br />
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