SPORTaktiv August 2018
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ich schon Hunderte Male mit dem Auto<br />
durchgebrettert bin, „nix unbekonnt“<br />
sein sollte, lag zwar irgendwie auf der<br />
Hand – aber vielleicht täuschte sich<br />
mein Unterbewusstsein da auch: Radfahren<br />
soll schließlich die Perspektive<br />
verändern. Und der Murradweg wird<br />
als „vielfältigster Flussradweg im Alpenraum“<br />
beworben.<br />
Ich überlegte dann noch: Radwegradeln<br />
ist natürlich nichts, womit man<br />
am Sportler-Stammtisch ein Leiberl<br />
reißt – im Gegensatz zu, Hausnummer:<br />
durch die Wüste nach Las Vegas laufen,<br />
300 Kilometer an einem Tag vom<br />
Großglockner nach Grado radeln oder<br />
sich als Nicht-Mountainbiker zum Dolomitenmann<br />
anmelden. Was halt die<br />
Mit dem Rad reist<br />
man flott genug, um<br />
gut voranzukommen,<br />
und langsam genug,<br />
um die Landschaft<br />
rundherum aufzusaugen.<br />
Sagen viele<br />
Tourenradler. Stimmt<br />
auch genau.<br />
werte Kollegenschaft so täglich macht.<br />
Aber ich gehöre, im Gegensatz zu manchen<br />
Kollegen, zum Glück nicht zur<br />
„Schmerz vergeht, Stolz bleibt“-Fraktion,<br />
bei der „Radweg“ als Schimpfwort<br />
gebraucht wird. Außerdem wird ab<br />
einem gewissen Körpergewicht bekanntlich<br />
Radfahren, Nordic Walken oder<br />
Aqua-Gymnastik der Gelenke wegen<br />
empfohlen – insofern hab ich es ja noch<br />
gut erwischt.<br />
„Du musst einmal raus. Außerdem<br />
bist du nie im Bild zu sehen!“, hatte der<br />
Chef ferner moniert und das so beständig,<br />
bis meine Einwände immer schwächer<br />
wurden. „Aber ich hab kein Radl“,<br />
war mir ganz zum Schluss noch eingefallen.<br />
Kein Problem: Kollege Heigl hat<br />
einen ganzen Keller voll, schnell war das<br />
passende, getunte Tourenexemplar im<br />
Understatement-Look ausgefasst. Rollt<br />
super – sofern ich das beurteilen kann.<br />
Die gefederte Sattelstütze quietscht ein<br />
wenig, was mir nichts ausmacht. Wie bei<br />
den Menschen: Kleine Schönheitsfehler<br />
machen nur sympathischer, finde ich.<br />
Drei Tage für 230 Kilometer<br />
Also Murradweg! Zwischen dem Start<br />
beim Mur-Ursprung im Lungau und<br />
Graz, wo er noch bei Weitem nicht endet,<br />
liegen rund 260 Kilometer. Von St.<br />
Michael im Lungau, wo auch der jährliche<br />
„Tour de Mur“-Event im Juni startet,<br />
sind es rund 230. Sowie tendenziell,<br />
wie bei Flüssen in Fließrichtung halt<br />
üblich, mehr Abwärts- als Aufwärts-Höhenmeter.<br />
Also eigentlich ein Klacks,<br />
meinten zumindest die Kollegen, und<br />
in zwei Tagen locker herunterzureißen.<br />
Auch die Tour-de-Mur-Radler schafften<br />
das und da sind ja nicht nur Extremsportler<br />
mit dabei.<br />
Vom Tourismus werden dagegen fünf<br />
Etappen vom Mur-Ursprung nach Graz<br />
vorgeschlagen. Ich entschied mich für<br />
eine 3-Tage-Tour. Start in St. Michael,<br />
Etappenorte in Unzmarkt und Bruck<br />
an der Mur, das ergibt zweimal etwas<br />
unter 90 Kilometer, plus einmal rund 56<br />
Kilometer.<br />
Bevor ich losfuhr, gaben mir die Kollegen<br />
noch eine simple Rechnung mit<br />
auf den Weg „Mit einem 20er-Schnitt<br />
gehen in fünf Stunden 100 Kilometer.<br />
Das wirst ja wohl derpacken?“<br />
Sorry: Den 20er-Schnitt hab ich<br />
nicht derpackt. Obwohl ich wie ein<br />
Triathlet vorbereitet („A Waunsinn!<br />
I bin überhaupt net zum Trainieren<br />
kumman!“) an die Sache heranging. Ich<br />
habe mich stattdessen an die touristische<br />
Wegbeschreibung gehalten, wo sich<br />
die empfohlene Fahrzeit von rund 14<br />
km/h Durchschnittsgeschwindigkeit<br />
ableitet. Alles andere ginge auch am<br />
Sinn des Tourenradelns vorbei – was<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
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