SPORTaktiv August 2018
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DIE<br />
SCHALT-<br />
ZENTRALE<br />
IN 99 VON 100<br />
FÄLLEN IST DIE<br />
SEILSPANNUNG ZU<br />
NIEDRIG ODER DAS<br />
SCHALTWERK<br />
VERBOGEN. BEIDES<br />
IST IN 2 SEKUNDEN<br />
BEHOBEN.<br />
NICHTS NERVT AM RAD<br />
MEHR ALS EINE SCHALTUNG,<br />
DIE NICHT RICHTIG SCHALTET.<br />
KEINE ANGST VORM TÜFTELN!<br />
TECHNIKSERIE, PART IV:<br />
SCHALTUNG EINSTELLEN.<br />
VON CHRISTOPH HEIGL<br />
Das ist alles sehr kompliziert, hätte<br />
Fred Sinowatz wohl gesagt. Wer<br />
sich aber ein wenig mit der Schaltung<br />
beschäftigt, wird feststellen, wie genial<br />
einfach die Technik ist. Und das Beste:<br />
Das Urprinzip hat sich seit Jahrzehnten<br />
nicht verändert und gilt für alle Räder<br />
mit Kettenschaltung – vom Kinderbike,<br />
Citybike und Mountainbike bis zum<br />
Rennrad und E-Bike. Die paar wenigen<br />
Ausnahmen (Nabenschaltung, Getriebeschaltung)<br />
lassen wir getrost unter den<br />
Tisch fallen. Selbst die elektronische Di2<br />
funktioniert im Grundprinzip ähnlich.<br />
Einfach ausprobieren: Die beiden<br />
Schrauben (H, L) begrenzen den<br />
Schwenkbereich. Direkt am Lenker<br />
kann man das Gangseil nachspannen.<br />
PRINZIP 1<br />
Das Schaltwerk schwenkt durch Seilspannung<br />
und Feder von links nach<br />
rechts. Das gilt für das hintere Schaltwerk<br />
genauso wie für den Umwerfer<br />
oberhalb der Kurbel. Der Schwenkbereich<br />
wird von zwei Schrauben (siehe<br />
Bild rechts oben) mechanisch begrenzt,<br />
damit die Kette nicht links und rechts<br />
von Zahnkranz bzw. Kurbel springt. Die<br />
Schrauben sind meist mit „H“ (für High<br />
Gear, schwerster Gang) und „L“ (für<br />
Low Gear, leichtester Gang) bezeichnet.<br />
Per Schraubenzieher bzw. Inbus justiert<br />
man sie so, dass der höchste und niedrigste<br />
Gang gerade noch zu schalten<br />
sind. Da ist Geduld gefragt: Halbe Drehungen<br />
können den Unterschied ausmachen<br />
zwischen „geht so“ und „perfekt“.<br />
PRINZIP 2<br />
Die Seilspannung kontrolliert die Arbeit<br />
des Schaltwerks zwischen diesen beiden<br />
äußeren Begrenzungspunkten. These: In<br />
99 von 100 Fällen ist bei schlecht funktionierenden<br />
Schaltungen die Seilspannung<br />
zu niedrig oder das Schaltwerk verbogen.<br />
Beides ist in zwei Sekunden behoben.<br />
Beim Schaltwerk hinten ist wichtig, dass<br />
die beiden Führungsrollen in einer Linie<br />
exakt unter den einzelnen Ritzeln stehen.<br />
Ist das Schaltwerk verbogen, kann man<br />
es vorsichtig (!!!) nachbiegen, besser aber<br />
besucht man eine Fachwerkstatt.<br />
Beim Einstellen der Seilspannung<br />
beginnt man beim kleinsten Ritzel<br />
(„schwerster Gang“), das Seil soll nur eine<br />
leichte Vorspannung aufweisen, wenn es<br />
per Inbusschraube geklemmt wird.<br />
Mit jedem Klick des Schalthebels soll die<br />
Kette nun ein Ritzel nach oben klettern.<br />
Jetzt Fingerspitzengefühl beim wichtigsten<br />
Punkt: Klettert die Kette nicht nach<br />
oben, Seilspannung per Rändelschraube<br />
am Schalthebel bzw. Schaltwerk schrittweise<br />
erhöhen. Das Rausdrehen („nach<br />
links“) erhöht die Spannung. Klettert die<br />
Kette zu rasch oder zu weit, Seilspannung<br />
nachlassen, „nach rechts“ drehen. Perfekt<br />
ist der Gang, wenn nichts rattert und rasselt.<br />
Praxis-Tipp: Über die Jahre verliert<br />
das Gangseil an Spannung, rostet oder<br />
verschmutzt. Hin und wieder sollte man<br />
also nachjustieren oder es samt Bowdenzügen<br />
tauschen. Beim Umwerfer vorne<br />
funktioniert das Prinzip ähnlich. Gar<br />
nicht kompliziert, oder?<br />
Fotos: Thomas Polzer<br />
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