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Helena Pinn<br />
66<br />
1989<br />
****<br />
1935<br />
Helene Pinn, meine Großmutter aus der Eifel, ist leicht an<br />
ihrer schwarzen Tracht mit Kopftuch auf meinem Portrait<br />
von ihr zu erkennen. Sie ist eine Bauersfrau und stammt<br />
von einem Erbhofbauernhof. Ihre Voreltern sind einst aus<br />
Frankreich eingewandert und hießen Pin. Der Bauernhof,<br />
wo sie geboren wurde, heißt Thomessen, nach ihrem Vater<br />
Thomas. Er liegt in Schüller in der Südeifel oder Vulkaneifel<br />
und ist noch heute von unseren Nachkommen bewohnt.<br />
Nach ihrer Heirat mit meinem Großvater Jakob <strong>Kirsten</strong>, der<br />
aus dem Nachbardörfchen Schönfeld stammt, erbaut sie<br />
von ihrem ererbten Geld- und Landbesitz ein verhältnismäßig<br />
großes Haus und errichtet dort ein Gemischtwarengeschäft,<br />
das erste im Ort. Es wird später Edeka und bis in die<br />
achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts ist es in unserem<br />
Familienbesitz. Früh verliert sie ihren Mann und steht<br />
als Witwe mit drei kleinen Söhnen, Geschäft und Landwirtschaft<br />
allein. Aber ihr Bruder, aus Geschwistertreue, hilft<br />
ihr. Mit Erlaubnis des Papstes tritt er, zu diesem Zweck, aus<br />
einem Kloster, in das er eingetreten war, wieder aus. Dieser<br />
Bruder Johann führt die Landwirtschaft und sie, seine<br />
Schwester, Familie und Geschäft. Alle drei Söhne lässt sie<br />
etwas werden. Sie ist eine sehr kluge, liebe und tüchtige<br />
Frau. Mein Vater schreibt über sie in seinem Lebensbuch:<br />
utter<br />
1901<br />
877<br />
1853<br />
1822<br />
1847<br />
1832<br />
1795<br />
„Meine Mutter ließ uns eine milde, durch ihr gutes Beispiel<br />
eindrucksvolle Erziehung zuteil werden.“<br />
Mein Vater ist ihr jüngster Sohn. Kurz nach Ende des Krieges schreibt Helenas Schwiegertochter<br />
Gerdha, meine Mutter, im Haus- und Familienbuch über Helenas Sohn Peter, meinen Vater:<br />
„Ende 1945 ist Vater, mein guter Mann, von einer Eskorte abgeholt worden, und wir haben nichts<br />
mehr von ihm gehört. Leise Hoffnung, ihn wiederzusehen, ist uns geblieben.<br />
[...]<br />
Vaters Stellung als Amtsgerichtsrat in Berlin und Dr. jur. war ein verantwortungsvoller Posten. Unendlich<br />
viel Menschen hat er uneigennützig Rat erteilt, nie Dank verlangt oder erwartet. Er hatte die<br />
Gabe, eine neue Materie schnell zu erfassen und sie dann gründlich zu erlernen. Das genügte ihm<br />
aber dann, er liebte keine großen Aktenberge und war nicht für tiefgründiges Schürfen, dazu war er<br />
viel zu sehr mit der Umwelt beschäftigt und fand den Alltag so interessant.<br />
Schon zeitig erkannte er, dass Hitler und sein Aufstieg, das ganze tausendjährige Reich, ein Bluff<br />
war und machte keinen Hehl aus diesem Wissen. Seine Familie, sein Haus und Garten, beschäftigte<br />
ihn so stark, die Schularbeiten der Kinder, seine Bücher und Liebhabereien waren ihm aber viel<br />
wichtiger als jede Beschäftigung mit Politik. <strong>–</strong>“<br />
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