antriebstechnik 9/2018
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Abdichten nach Bedarf<br />
Neue Dichtungskonzepte sparen Energie und verlängern die Lebensdauer von Achse und Getriebe<br />
Rotationsdichtungen für Drehverteiler bedeuten immer einen Kompromiss zwischen<br />
hoher Umfangsgeschwindigkeit und hoher Druckbeaufschlagung. Abhilfe schaffen<br />
Dichtungskonzepte, wie sie u. a. in modernen Reifendruckregelanlagen zum Einsatz<br />
kommen. Hier wird nur im druckaktivierten Zustand Reibung erzeugt. Das senkt den<br />
Kraftaufwand und verlängert die Lebensdauer des gesamten Systems.<br />
Wer auf schwergängigem Gelände mit<br />
einem entsprechend angepassten<br />
Reifendruck unterwegs ist, kann einiges an<br />
Diesel-Kraftstoff sparen. Auch beim Beladen<br />
von Lkw spielt der richtige Reifeninnendruck<br />
eine wichtige Rolle. Um ihn an<br />
die jeweiligen Bedingungen anzupassen<br />
und so die Traktion eines luftbereiften<br />
Fahrzeugs zu verbessern, kommt heutzutage<br />
meist eine Reifendruckregelanlage<br />
zum Einsatz. Sie wird in Gelände- und Militärfahrzeugen<br />
sowie in modernen Landund<br />
Baumaschinen verbaut.<br />
Hoher Energieverbrauch durch<br />
permanente Reibung<br />
Wie bei allen Anwendungen mit wechselnden<br />
Phasen von Druckbeaufschlagung wird<br />
bei einer Reifendruckregelanlage Druckluft<br />
durch rotierende Maschinenteile geführt<br />
und der Reifendruck je nach Geländebeschaffenheit<br />
oder Beladungszustand immer<br />
Andreas Schwarz ist Sortimentsmanager<br />
Dichtungs- und Antriebstechnik bei der Sahlberg<br />
GmbH in Feldkirchen<br />
wieder verändert. Da der Druck zeitweise<br />
sehr hoch ist, muss die Achse bzw. Nabe gut<br />
abgedichtet sein. Herkömmliche Rotationsdichtungen<br />
aus PTFE (Polytetrafluorethylen),<br />
die bei Drehverteilern für rotierende<br />
Wellen eingesetzt werden, funktionieren<br />
allerdings nur, wenn die Vorspannung so<br />
hoch eingestellt ist, dass die Dichtung die<br />
Gegenlauffläche permanent berührt. Das<br />
heißt, es besteht eine ständige Reibung –<br />
auch im drucklosen Zustand. Dadurch<br />
muss ein radiales, sich um die eigene Achse<br />
drehendes System wesentlich mehr Kraft<br />
aufwenden, was einen erhöhten Energieverbrauch<br />
zur Folge hat.<br />
Hinzu kommt, dass die Dichtung relativ<br />
schnell verschleißt. Vor allem aber kann der<br />
permanente Druck auf die Welle zu einem<br />
Welleneinlauf führen: Eine Standard-Dichtung<br />
bewirkt bereits nach 168 Stunden einen<br />
Welleneinlauf von 10,1 µm. Auf den ersten<br />
Blick ist das nicht viel. Bei empfindlichen<br />
Systemen kann der Welleneinlauf über einen<br />
längeren Zeitraum hinweg jedoch deutliche<br />
Funktionsbeeinträchtigungen zur Folge haben<br />
und im schlimmsten Fall einen Austausch<br />
der gesamten Welle erfordern. Vor<br />
diesem Hintergrund bedeuten herkömmliche<br />
Rotationsdichtungen immer einen Kompromiss<br />
zwischen hoher Umfangsgeschwindigkeit<br />
und hoher Druckbeaufschlagung.<br />
Reduzierung der Reibung durch<br />
neue Dichtungskonzepte<br />
Bei den innovativen Dichtungslösungen,<br />
die die Firma Sahlberg in ihrem Sortiment<br />
hat, braucht sich der Konstrukteur dagegen<br />
nicht mehr zwischen hoher Drehzahl und<br />
hohem Druck zu entscheiden. Ein Beispiel<br />
ist der Turcon Roto L von Trelleborg Sealing<br />
Solutions: Aufgrund moderner Werkstoffe<br />
und einem ausgefeilten Mechanismus<br />
muss die Dichtung hier nicht permanent<br />
stark vorgespannt sein. Die Dichtlippe lässt<br />
sich auf den abzudichtenden Wellendurchmesser<br />
anpassen, ohne dass dabei eine<br />
hohe Anpresskraft erforderlich ist. Im<br />
drucklosen Zustand ist sie nur über Reibschluss<br />
mit dem sie umgebenden Elastomer<br />
verbunden. Das verringert die Anlegefläche,<br />
und die Reibung wird auf ein nicht<br />
mehr messbares Minimum reduziert.<br />
Auch im druckbelasteten Zustand erzeugen<br />
die neuen Systeme bei Antriebsanwendungen<br />
mit wechselnder Druckbeaufschla-<br />
66 <strong>antriebstechnik</strong> 9/<strong>2018</strong>