Berliner Kurier 04.11.2018
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10 BERLIN BERLINER KURIER, Sonntag, 4. November 2018<br />
Gerichtsstandorte in Berlin<br />
Anzahl der Richterinnen und Richter<br />
Gesamtzahl<br />
188<br />
82<br />
64 48 47<br />
109<br />
79<br />
65<br />
17<br />
40<br />
24<br />
28<br />
20<br />
31<br />
16<br />
24<br />
Amtsgericht Tiergarten<br />
Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg Amtsgericht Charlottenburg Amtsgericht Mitte Amtsgericht Schöneberg<br />
Amtsg<br />
Im Namen des Volkes<br />
Berlin benötigt mehr Richter mit ausländischen Wurzeln. So wie Adna Hasanagic. Die heute 28-Jährige kam 1993 als<br />
Kriegsflüchtling mit ihrer Familie aus Bosnien nach Deutschland. Seit wenigen Tagen spricht die Juristin in der Hauptstadt Recht<br />
Von<br />
KATRIN BISCHOFF<br />
Schmetterling war das erste<br />
Wort, das Adna Hasanagic<br />
als Kind eher auf Deutsch<br />
einfiel als auf Bosnisch, ihrer<br />
Muttersprache. Sie kann sich<br />
noch dunkel an das Asylheim<br />
im nordrhein-westfälischen<br />
Bielefeld erinnern, wo sie zusammen<br />
mit ihren Eltern und<br />
der älteren Schwester nach ihrer<br />
Flucht aus der Heimat unterkam<br />
–sie waren 1993 als bosnische<br />
Familie aus Banja Luka<br />
vor dem Krieg in Bosnien geflohen.<br />
Da war Adna zwei Jahre<br />
und vier Monate alt.<br />
Es gab in dem Heimzimmer<br />
der Familie einen Bereich für<br />
die Eltern und einen für die<br />
Kinder –getrennt durch einen<br />
Schrank. Adna Hasanagic weiß<br />
noch, dass ihre Mutter irgendwann<br />
einen Anruf bekam. Warum<br />
Adna verboten worden sei,<br />
zu spielen, habe die Kindergärtnerin<br />
gefragt. „Dabei hat meine<br />
Mutter mir das gar nicht verboten.<br />
Aber wir hatten als Flüchtlinge<br />
keine Waschmaschine,<br />
und ich besaß nur zwei Hosen.<br />
Da hat meine Mutter gesagt, ich<br />
solle immer schön aufpassen.<br />
Und da habe ich eben nicht mitgespielt“,<br />
erinnert sich die 28-<br />
Jährige.<br />
Die junge Frau mit den langen<br />
schwarzen Haaren muss immer<br />
noch lachen, wenn sie an den<br />
Anruf denkt, von dem ihr die<br />
Mutter erzählte. Überhaupt ist<br />
Adna Hasanagic ein fröhlicher<br />
Mensch. Und ein –wie man so<br />
schön sagt – gelungenes Beispiel<br />
für Integration. Sie lebt<br />
seit neun Jahren in Berlin, hat<br />
hier Jura studiert und zunächst<br />
als Anwältin gearbeitet. Nun<br />
verstärkt sie Berlins Rechtsprechung.<br />
Am 30. Oktober ist sie<br />
zur Richterin ernannt worden.<br />
Sie arbeitet zunächst am Amtsgericht<br />
Schöneberg, wo sie für<br />
Zivilrecht zuständig ist. „Für<br />
mich ist ein Traum in Erfüllung<br />
gegangen“, sagt sie.<br />
Adna Hasanagic gehört zu<br />
den 100 Richtern und Staatsanwälten,<br />
die in diesem Jahr in<br />
Berlin eingestellt werden und<br />
damit die Personalnot in Berlins<br />
Justiz beseitigen sollen. Im<br />
nächsten Jahr kommen noch<br />
einmal 82 Richterstellen hinzu.<br />
Wie viele der neuen Justiz-Mitarbeiter<br />
einen Migrationshintergrund<br />
haben, wird nicht erfasst.<br />
Aber Adna Hasanagic ist<br />
nicht die einzige Richterin mit<br />
ausländischen Wurzeln.<br />
Die neuen Mitarbeiter sind ein<br />
dringend benötigter Zuwachs:<br />
Noch vor einem halben Jahr<br />
hieß es, dass mutmaßliche Straftäter<br />
aus der Untersuchungshaft<br />
entlassen werden müssten, etwa<br />
weil nicht genügend Staatsanwälte<br />
vorhanden seien.<br />
Für Justizsenator Dirk Behrendt<br />
(Grüne) ist es wichtig,<br />
dass in Berlin auch Menschen<br />
mit ausländischen Wurzeln das<br />
Richteramt bekleiden. „Wir<br />
wollen, dass sich auf den Richterbänken<br />
die Bevölkerung widerspiegelt“,<br />
erklärt Behrendt.<br />
Schließlich hätten fast 40 Prozent<br />
der Menschen, die in Berlin<br />
lebten, eine nichtdeutsche<br />
Herkunft. Sie sollen sich wahrgenommen<br />
fühlen. „Es ist<br />
schließlich auch ihr Rechtsstaat.“<br />
Noch habe die Hauptstadt<br />
zu wenige Richter mit Migrationshintergrund.<br />
Solche, wie Adna Hasanagic.<br />
Ihre Familie gehörte zu den<br />
350 000 Bürgerkriegsflüchtlingen,<br />
die zwischen 1991 und 1995<br />
aus dem einstigen Jugoslawien<br />
in Deutschland Zuflucht fanden.<br />
Die meisten von ihnen<br />
kehrten nach dem Ende des<br />
Krieges in ihr Land zurück. Adna<br />
Hasanagic erzählt, dass sie<br />
nicht abgeschoben worden seien,<br />
weil ihr Vater, der wie die<br />
ECHT KULTUR<br />
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