Berliner Kurier 04.11.2018

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* POLITIK Natürlich hat Andrea Nahles recht: Die SPD gewinnt weder Blumentopf noch Wahlen, wenn schon wieder die Köpfe rollen – Deutschlands älteste Partei ist schließlich nicht wegen Nahles im Bestand bedroht. Der SPD sind über Jahre enttäuschte Wähler weggelaufen, weil die Sozialdemokraten mit Agenda 2010 und neoliberalen Ausfällen ihre Glaubwürdigkeit verspielt haben. Und sich bis heute sperren gegen eine Abrechnung mit diesen Fehlern. Wenn jetzt der SPD-Arbeitsminister sein Heil in einem wirksamen Mindestlohn sucht, ist das gut und wichtig. Doch für seine siechende Partei kommt die hastige Aktion Jahre zu spät. Denn eine neue SPD geht nur über einen neuen Markenkern. Und ein Blick auf Labour unter Corbyn zeigt: Das kann ruhig der ganz alte Markenkern sein –eine soziale Politik aus Überzeugung, die dann nicht gleich wieder über den Koalitionstisch gezogen wird. Solange die SPD nicht zu einer solch radikalen Erneuerung bereit ist, kann sie sich auch das ewige Abstrafen ihrer Parteichefs sparen. Alexander Stubb MEINE MEINUNG Er will Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei für die Europawahl werden und gibt schon den Kurs an: Der frühere finnische Ministerpräsident Alexander Stubb (50) droht dem ungarischen Präsidenten Viktor Orbán mit dem Ausschluss aus der EVP: „Wie Orbán die Meinungs-, Versammlungs- und Wissenschaftsfreiheit einschränkt, ist absolut inakzeptabel.“ Foto: dpa Von Ralf Dorschel Bitte nicht wieder rollende Köpfe! MANN DES TAGES Nahles: „Wer es besser kann, soll sich melden“ SPD streitet um den Parteivorsitz und über Wege aus der Krise. Soll jetzt Kühnertran? Berlin – Wann wir schreiten Streit an Streit – längst hat die SPD das alte Lied umgedichtet: Nach dem Doppel- Desaster an den Urnen in Bayern und Hessen geht’s jetzt wieder um alles: Ist Andrea Nahles weiterhin die richtige Parteichefin oder sollte sie lieber Kevin Kühnert weichen? Und reicht der gemächliche SPD-Zeitplan oder fordert die Krise rasche Lösungen –ohne den Bremsklotz GroKo? Kevin Kühnert solle Nahles’ Job übernehmen: Das fordert Bayerns SPD-Fraktionschef Horst Arnold im „Münchner Merkur“: „Ein solcher Schritt wäre ein echtes Zeichen.“ Und ausgerechnet der stockkonservative Haudegen Peer Steinbrück träumt vom radikalen Messias: Nur noch eine charismatische Person wie der linke US-Senator Bernie Sanders könne der SPD helfen –„nur 30 Jahre jünger“. Für Andrea Nahles kommt die Diskussion zur Unzeit: „Jetzt kopflos alles umzuwerfen, ist Blödsinn“, schnaubt sie in der „SZ“: „Wenn jemand meint, es schneller oder besser zu können, soll er sich melden.“ Nahles verweist auf den SPD-Kalender –selbst der sei schon „extrem sportlich“: So sieht der Zeitplan aus: Gestern tagte das Präsidium, morgen geht der Parteivorstand in Klausur, um über eine bessere Umsetzung der Groko-Arbeit zu beraten. Im Oktober soll überprüft werden, ob das Bündnis mit der Union genug Ergebnisse liefert, Ende 2019 dann ein Parteitag Tacheles reden. Hilfe für die genervte Vorsitzende kommt von Parteivize Ralf Stegner, der seiner SPD dringend riet, mit dem „Rummeckern“ aufzuhören. Das geht dann Richtung Jusos: Noch 2018 solle die GroKo sich an drängende Themen wie ein Wo bitte geht’s ins Kanzleramt? Die Mehrheit der Unionsanhänger ist für Friedrich Merz. Foto: dpa Einwanderungsgesetz machen. Auch der Parteitag komme zu spät: „Angesichts des fragilen Zustands der Koalition haben wir keine Zeit zu verlieren, um unsere Programmatik auf den aktuellen Stand zu bringen“, so Juso-Chef Kühnert. Doch übereilt am Stuhl der Vorsitzenden sägen will auch Kühnert nicht: Wären Personalwechsel „das Allheilmittel, müsste die Partei angesichts der vielen Wechsel in den vergangenen Jahren inzwischen bei 80 Prozent Zustimmung stehen“. Nach einer neuen Umfrage geht es für die Partei allerdings weiter bergab: Im wöchentlichen Trendbarometer von RTL und n-tv fällt die SPD um einen Punkt auf katastrophale 13 Prozent. RD CDU:63Prozent Die Stimmung in der Union ist eindeutig. Auch Annegret Kramp-Karrenbauer weit abgeschlagen Berlin – Wenn es nach den Umfragen geht, ist der Kampf um den CDU-Vorsitz schon entschieden: 63 Prozent der Unions-Anhänger glauben, dass Friedrich Merz die Wahlergebnisse der CDU verbessern kann. Nur 21 Prozent trauen dies der Merkel-Favoritin Annegret Kramp-Karrenbauer zu, Im Schatten des großen Vorsitzenden: Andrea Nahles nach den Wahl- Katastrophen im Willy-Brandt-Haus. Kevin Kühnert(kl. Foto) hält nichts vomPersonalwechsel. ganze fünf Prozent Gesundheitsminister Jens Spahn. Das ergab eine Civey-Umfrage für die „Welt“. Bei den Bundesbürgern insgesamt sehen die Zahlen ähnlich aus: 49 Prozent für Merz, 19 Prozent für „AKK“, sechs Prozent für Spahn. Kanzlerin Angela Merkel tritt Fotos: dpa
* SEITE3 BERLINER KURIER, Sonntag, 4. November 2018 Wiein„Game of Thrones“: Trump drohtdem Iran US-Präsident als Warlord. Sansa Stark:„Ekelhaft“ Washington – Die ganze Welt ein blutiges Schlachtfeld: Im TV-Serienhit „Game of Thrones“ ist das die Folge der Machenschaften einer kleinen Gruppe allmächtiger Fürsten. Für Donald Trump offenbar eine erheiternde Vorstellung: Der US-Präsident will heute drastische Sanktionen gegen den Iran verhängen –und kündigte das im Stil von „Game of Thrones“ an: „Sanctions are coming“ („Sanktionen nahen“) lehnt sich an den Kriegsruf des Stark-Clans an: „Winter is coming.“ Obwohl Teheran sich an das Internationale Atomabkommen von 2015 hält, wollen die USA das Land rigoros abstrafen –der Iran dient Washington und seinen Verbündeten Saudi-Arabien und Israel als Erzfeind. Trumps Ziel ist es nun, den Iran in eine neue schwere Wirtschaftskrise zu stürzen – scharfe Kritik an diesem Plan kommt von der EU. Und auch von den Stark-Schwestern aus der TV- Serie: Maisie Williams, die in „Game of Thrones“ Arya Stark spielt, twitterte Widerspruch gegen Trump: „Heute nicht.“ Und Sophie Turner (Sansa Stark) schrieb nur „Ew“ (frei: „Ekelhaft“). RD Foto: ap NACHRICHTEN Ausreise verboten Islamabad –Nach tagelangen Protesten von islamistischen Mobs hat die pakistanische Regierung ein Ausreiseverbot für die Christin Asia Bibi verhängt. Ein Gericht hat ihr Todesurteil wegen Blasphemie aufgehoben. Jetzt lässt die Regierung eine Revision des Freispruchs der bedrohten Frau zu. Jeder 5. Job ist „mini“ Nürnberg –Mehr als jeder fünfte Arbeitnehmer arbeitet in einem Mini-Job (+ 35 Prozent). Insgesamt waren Ende März nach Zahlen der Arbeitsagentur 7,6 der 32,7 Millionen Beschäftigungsverhältnisse steuerfreie Mini-Jobs. Höckewiedergewählt Weimar –Thüringens umstrittener AfD-Vorsitzender Björn Höcke ist auf einem Parteitag in seinem Amt bestätigt worden. Der 46-jährige Wortführer des ultrarechten Flügels erhielt in Pfiffelbach (Kreis Weimarer Land) 81,2 Prozent der Stimmen. Ramsauer für Söder Fotos: ap, dpa „Die Sanktionen nahen –5.November“: So sieht US-Präsident Donald Trump sich auf Twitter vordem Starteines neuen Banns gegen den Iran. Gerät immer mehr unter Druck:Irans Präsident Hassan Rohani (vorn). für Merz,nur fünf Prozent für Spahn nach 18 Jahren an der CDU- Spitze beim Parteitag in Hamburg am 7./8. Dezember nicht sieht das ganz anders. Im Rennen um den Parteivorsitz habe Merz „ganz sicher gute Chancen“. sitzender der CDU werden wollen, wenn er nicht den Anspruch hat, Nachfolger von An- um dann mit dem möglichen Amtsbonus in die Wahlen zu gehen“, sagte er dem SWR. mehr für den Vorsitz an. Die Der frühere Vizekanzler gela Merkelzuwerden?“ Auch der Grünen-Politiker CDU-Mittelstandsvereinigung sprach sich überwiegend für und Außenminister geht davon aus, dass Merz auf das Kanzleramt Der Ex-Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte Merkel für Jürgen Trittin rechnet mit einem vorzeitigen Bruch des Re- Merz als Nachfolger aus. Der spekuliert. „Ich glaube, je- die kommenden Monate „unrugierungsbündnisses und an- Chef, Carsten Linnemann, riet aber davon ab, diese Frage mit der Kanzlerkandidatur zu verbinden: „Ich fände es gut, wenn man das offenlassen würde.“ der Vorsitzende der CDU hat im Kern den Anspruch, der nächste Kanzler zu werden“, so Gabriel. „Ob er es jetzt sagt oder nicht, ist eine andere Frage. hige Zeiten“ voraus. Für ihn sei sicher, dass ihr Nachfolger oder ihre Nachfolgerin im Parteivorsitz „den Anspruch erheben wird, noch vor der Wahl Kanzler schließenden Neuwahlen. Dass die bisherige CDU-Chefin Merkel bis zum regulären Ende der Legislaturperiode 2021 Kanzlerin bleibe, sei daher „eher un- Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel Aber warum sollte jemand Vor- oder Kanzlerin zu werden, wahrscheinlich“. roh Foto:dpa München –Der frühere CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer hat sich für Markus Söder als nächsten CSU-Vorsitzenden ausgesprochen: „Söders Zugriff ist ein Muss“, sagte er. „Ministerpräsident und Parteivorsitz muss dann wieder in eine Hand.“ Eine indirekte Aufforderung an Horst Seehofer zum Rücktritt. Warnung vor„Blutbad“ Colombo –Der entlassene Regierungschef von Sri Lanka, Ranil Wickremesinghe, hat vor einem Blutbad wegen der Verfassungskrise gewarnt. Präsident Maithripala Sirisena hatte den 69-jährigen Wickremesinghe entlassen und Ex-Staatschef Rajapaksa als Regierungschef vereidigt.
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