Berliner Kurier 04.11.2018
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22 JOURNAL BERLINER KURIER, Sonntag, 4. November 2018<br />
Ryan Gosling<br />
Meine Kinder<br />
haltenmich jetzt<br />
füreinenAstronauten<br />
Der Schauspieler<br />
kommt jetzt als der<br />
erste Mensch auf<br />
dem Mond ins Kino.<br />
Ein Interview über<br />
Helden und Ruhm<br />
Mit Filmen wie<br />
„Drive“, „Crazy,<br />
Stupid, Love“,<br />
„Wie ein einziger<br />
Tag“, „La La Land“ oder „Blade<br />
Runner 2049“ wurde Ryan Gosling<br />
zu einem der gefragtesten<br />
Hollywoodstars. Für das Kinodrama<br />
„Aufbruch zum Mond“,<br />
das am kommenden Donnerstag<br />
anläuft, schlüpfte er in den<br />
Raumanzug von Neil Armstrong.<br />
Beim Filmfestival von<br />
San Sebastián sprachen wir mit<br />
dem smarten 37-jährigen Kanadier.<br />
KURIER: Haben Sie sich mit<br />
„Aufbruch zum Mond“ einen<br />
Kindheitstraum erfüllt?<br />
Ryan Gosling: Nein, überhaupt<br />
nicht. Ich habe nie davon<br />
geträumt, Astronaut zu werden.<br />
Vor einer Reise ins All hätte<br />
ich viel zu viel Schiss gehabt.<br />
Und ich wäre sicher auch deshalb<br />
ein miserabler Astronaut<br />
geworden, weil Technik und<br />
Wissenschaft absolut nicht<br />
mein Ding sind.<br />
Was hat Sie dann an der Rolle<br />
gereizt?<br />
Der familiäre Hintergrund<br />
von Neil Armstrong, über den<br />
ich bis dato nichts wusste. Ich<br />
kannte zwar die üblichen Bilder<br />
aus dem Fernsehen, hatte<br />
aber keine Ahnung von den<br />
Schicksalsschlägen in seinem<br />
Leben oder den Opfern, die<br />
man ihm abverlangte. Und ich<br />
fand schon die Gegensätze reizvoll:<br />
Einerseits erforschte Neil<br />
auf extrem gefährlichen Missionen<br />
die Geheimnisse des<br />
Universums, andererseits<br />
musste er sich zu Hause um seine<br />
Familie kümmern, den Rasen<br />
mähen und den Müll raustragen.<br />
Mich interessierte der<br />
Mensch hinter dem Mythos.<br />
Wie sind Sie ihm auf die Spur<br />
gekommen?<br />
Noch nie hatte ich bei der<br />
Vorbereitung auf einen Film<br />
mehr Material zur Verfügung<br />
als hier. James Hansens akribisch<br />
recherchierte Biografie<br />
„First Man“ war beispielsweise<br />
sehr hilfreich. Zudem hatte ich<br />
das Glück, noch mit Neil Armstrongs<br />
kürzlich verstorbener<br />
Ex-Frau Janet sprechen zu<br />
können. Vor allem aber haben<br />
seine beiden Söhne Mark und<br />
Rick den Film von Abis Zbegleitet<br />
–und mir viele wertvolle<br />
Informationen über ihren Vater<br />
geliefert.<br />
Was haben Sie über ihn herausgefunden?<br />
Dass er in mehrfacher Hinsicht<br />
ein außergewöhnlicher<br />
Mann war. Ein brillanter Kopf.<br />
Ein passionierter Wissenschaftler<br />
mit einer poetischen<br />
Ader. Er machte seinen Flugschein,<br />
bevor er seinen Führerschein<br />
hatte. Auf den ersten<br />
Blick wirkte er auf viele Leute<br />
ziemlich unnahbar. Aber alle,<br />
die ihn besser kannten, haben<br />
mir übereinstimmend erzählt,<br />
dass hinter seiner spröden<br />
Oberfläche zahlreiche bewundernswerte<br />
Qualitäten zum<br />
Vorschein kamen.<br />
Der Preis<br />
meines Erfolgs<br />
ist lächerlich<br />
gegenüber den<br />
Opfern, die<br />
Neil Armstrong<br />
bringen musste.<br />
Zum Beispiel?<br />
Er hatte offenbar eine fast<br />
philosophische Tiefe, war unglaublich<br />
mutig, integer, uneigennützig,<br />
authentisch, bodenständig,<br />
in seiner Familie verwurzelt<br />
–und bescheiden, obwohl<br />
ihm kaum jemand das<br />
Wasser reichen konnte. Seine<br />
Söhne beschreiben ihn als<br />
„Google auf zwei Beinen“: Er<br />
war, erzählten sie mir, ein leidenschaftlicher<br />
Forscher mit<br />
umfassendem Wissen, getrieben<br />
von einem schier unersättlichen<br />
Drang, herauszufinden,<br />
wie die Dinge funktionieren.<br />
Haben Sie Ähnlichkeiten zwischen<br />
ihm und Ihnen entdeckt?<br />
Immerhin wurden Sie<br />
wie er mit plötzlichem Starruhm<br />
konfrontiert.<br />
Ja, aber das kann man gar<br />
nicht vergleichen. Der Preis<br />
meines Erfolgs ist lächerlich<br />
gegenüber den Opfern, die Neil<br />
Armstrong bringen musste.<br />
Zwischen ihm und mir gibt es<br />
tatsächlich so gut wie keine Gemeinsamkeiten.<br />
Das hat für<br />
mich die Arbeit an diesem Film<br />
extrem erschwert. Die Rolle<br />
war meine bisher größte Herausforderung.<br />
Nie zuvor hatte