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Berliner Kurier 04.11.2018

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ericht Pankow<br />

Amtsgericht Wedding Amtsgericht Lichtenberg Amtsgericht Neukölln Amtsgericht Köpenick Amtsgericht Spandau<br />

Adna Hasanagic hat<br />

ein Jahr als Rechtsanwältin<br />

gearbeitet.<br />

Anfang November<br />

wechselte sie und<br />

wurde Richterin.<br />

Mutter in Jugoslawien Betriebswirtschaftslehre<br />

studiert<br />

hatte, sehr schnell in Bielefeld<br />

Arbeit fand –als Lagerarbeiter.<br />

Sein Unternehmen habe für ihn<br />

eine unbefristete Arbeitserlaubnis<br />

beantragt. Da die Familie<br />

nicht auf Sozialhilfe angewiesen<br />

war, durfte sie bleiben.<br />

Die Mutter bekam ebenfalls Arbeit:<br />

als Putzfrau.<br />

Adna Hasanagic wusste<br />

schon in jungen Jahren, dass sie<br />

Richterin werden will. Als Kind<br />

hatte sie im Fernsehen einen<br />

Bericht über den internationalen<br />

Strafgerichtshof für das<br />

ehemalige Jugoslawien gesehen<br />

und war mächtig beeindruckt.<br />

„Da habe ich mich das<br />

erste Mal gefragt, was ist überhaupt<br />

ein Gericht?“ Als Kind<br />

habe sie geglaubt, Richter sorgten<br />

für Gerechtigkeit. „Dabei ist<br />

der erste Satz, den man im Studium<br />

hört: Recht ist nicht<br />

gleich Gerechtigkeit.“<br />

Adna Hasanagic erzählt auch,<br />

dass es für ihre Eltern insgesamt<br />

wohl leichter gewesen<br />

wäre, nach dem Krieg zurückzugehen<br />

in die alte Heimat.<br />

Doch sie hätten an ihre Kinder<br />

gedacht, die eine Ausbildung in<br />

Deutschland machen sollten.<br />

„Heute haben sie in Bielefeld<br />

viele Freunde und Bekannte.“<br />

Es ist nicht einfach, Richterin<br />

oder Staatsanwältin zu werden.<br />

Dafür sind gute Noten im Studium<br />

und die deutsche Staatsangehörigkeit<br />

Voraussetzung. Die<br />

hatte Adna Hasanagic mit<br />

knapp 17 Jahren beantragt, mit<br />

18 musste sie sich dann für einen<br />

Pass entscheiden. Sie entschied<br />

sich für den deutschen.<br />

Als sie mit 26 Jahren fertig<br />

war mit dem Studium, hätte sie<br />

eigentlich schon Richterin werden<br />

können. Doch Adna Hasanagic<br />

fing zunächst in einer Anwaltskanzlei<br />

an. Als Richterin<br />

sei es immer gut, auch die andere<br />

Seite zu kennen, sagt sie.<br />

Aber sie wolle entscheiden,<br />

darum sei sie Richterin geworden.<br />

Adna Hasanagic würde<br />

gerne beim Zivilrecht bleiben.<br />

„Das ist spannend, weil man da<br />

unterschiedliche Menschen<br />

kennenlernt und es mit den betroffenen<br />

Menschen, die oftmals<br />

keinen Anwalt haben,<br />

selbst zu tun hat“, sagt sie.<br />

Mietrecht, Vertragsrecht –das<br />

reize sie, auch wenn es sich<br />

vielleicht sehr trocken anhöre.<br />

Adna Hasanagic sagt, dass ihre<br />

Eltern sehr stolz auf ihre beiden<br />

Kinder seien. Die ältere<br />

Tochter ist Ärztin geworden in<br />

Frankfurt am Main, und Adna<br />

Foto: Thomas Uhlemann<br />

Hasanagic spricht Recht in Berlin.<br />

Wo sie auch bleiben will. Sie<br />

weiß, dass sie als Richterin mit<br />

vielen Vorurteilen rechnen<br />

muss: weil sie jung ist, weil sie<br />

eine Frau ist, weil sie einen ausländischen<br />

Namen trägt. „Ich<br />

werde meinen Namen aber<br />

nicht ablegen, nur damit ich es<br />

leichter habe im Leben“, sagt<br />

sie selbstbewusst. Natürlich<br />

wisse sie, dass es Menschen gebe,<br />

die sie wegen ihrer Herkunft<br />

ablehnen werden.<br />

Dass so etwas im Gericht<br />

durchaus passieren kann, zeigte<br />

sich erst vor kurzem im<br />

Amtsgericht Tiergarten, wo<br />

Richter mit Migrationshintergrund<br />

eigentlich keine Seltenheit<br />

mehr sind. Lisa Jani, die<br />

Sprecherin der Strafgerichte,<br />

berichtet von einem Befangenheitsantrag<br />

gegen eine Richterin<br />

mit ausländisch klingendem<br />

Namen. Die Begründung für<br />

den Antrag war im Graubereich<br />

zwischen spitzfindig und perfide<br />

angesiedelt. Der Verteidiger<br />

argumentierte, dass es nicht<br />

auszuschließen sei, dass die<br />

Richterin gegen Ausländer „im<br />

Wege der Überkompensation<br />

eigener unbewusster Minderwertigkeitsgefühle<br />

bei einem<br />

südländisch-ausländischen Angeklagten“<br />

besonders hart und<br />

kritisch vorgehen würde.<br />

Adna Hasanagic weiß, dass<br />

ihr so etwas auch in ihren Prozessen<br />

geschehen kann. „Das<br />

muss man als Richterin aushalten,<br />

da muss man darüber stehen.“<br />

Der Befangenheitsantrag<br />

des Anwalts blieb übrigens erfolglos.<br />

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